Langenbruck
Immer eine Länge voraus

Der 1. Nasenclub der Welt in Langenbruck feiert sein 55-jähriges Bestehen Nasen-WM im Juni

12.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:12 Uhr
Nasen-Weltmeisterschaft in Langenbruck: Wie schon bei der 6. Nasenweltmeisterschaft 2006 führte auch in diesem Jahr bei den Damen kein Weg an der Ingolstädterin Margot Sikora vorbei. −Foto: Rothe, Sepp, Baar-Ebenhausen

Langenbruck (DK) Gesichtserker. Riechkolben. Zinken. Für die menschliche Nase gibt es viele und nicht immer schmeichelhafte Synonyme. Das mag daran liegen, dass sie sehr individuell ausgeprägt ist, mal lang und gurkenähnlich, mal dick und knollenartig wie eine Kartoffel - oder gar himmelfahrtsmäßig gebogen. Manche Zeitgenossen fühlen sich mit ihrer Nase derart unwohl, dass sie sich unters Messer legen, um alle Individualität zu beseitigen. Wo andere ein Problem sehen, fängt für die Mitglieder des 1. Nasenclubs der Welt der Spaß erst richtig an. Der in Langenbruck (Kreis Pfaffenhofen) beheimatete Verein feiert heuer sein 55-jähriges Bestehen.

Glaubt man der Überlieferung, dann soll der seinerzeit "saumäßig schlechte" Hopfenpreis zur Gründung des Langenbrucker Nasenclubs geführt haben. So erzählt es zumindest Max Reichart. Sein gleichnamiger Vater war als Wirt des Gasthauses Fröhlich Anfang 1961 auf die Idee mit dem Verein gekommen. "Damals sind ein paar Hopfenbauern bei uns in der Wirtsstube gesessen, und die Stimmung war echt lätschert, weil der Hopfenverkauf schlecht gelaufen war", erinnert sich der heute 73-Jährige. Und je mehr die Männer die Gesichter hängenließen, desto deutlicher seien ihre großen Nasen hervorgetreten, sagt Reichart mit einem Augenzwinkern.

Bis sein Vater ein Machtwort sprach. "Da heißt unsere Wirtschaft ,Fröhlich', und ihr schaut alle so grantig drein, anstatt lustig zu sein", soll er sinngemäß gepoltert haben. Offenbar mit durchschlagender Wirkung: Die Männer am Stammtisch fingen an, sich wegen ihrer "Zinken" aufzuziehen und kamen zuletzt überein, einen Verein der langen Nasen zu gründen. Der Wirt war begeistert und hatte gleich einen Mitstreiter: Ortspfarrer Wilhelm Höfler. Wenig später, am 5. März 1961, fand die Gründungsversammlung statt, der Gambacher Landwirt Georg Breitmoser übernahm den Vorsitz.

Ein Notar regelte - typisch deutsch - alles Rechtliche und prüfte zugleich, ob es denn schon irgendwo einen solchen Verein gibt. "Er hat aber nichts gefunden, und so bezeichnen wir uns bis heute als 1. Nasenclub der Welt", sagt Christian Reichart, der heutige Präsident und Neffe von Max Reichart. Was die Langenbrucker damals aber nicht einkalkuliert hatten, war das enorme Interesse: "Viele Zeitungen und Fernsehsender haben bei uns angerufen und wollten Interviews haben."

Nicht nur aus Bayern, sondern aus ganz Deutschland und selbst aus Kanada oder Japan rückten die Reporter an. Als dann noch die New York Times anklopfte, war der noch junge Verein froh, den Pfarrer als Schriftführer mit im Boot zu haben. "Er hat nämlich als Einziger Englisch gekonnt und für uns übersetzt", erzählt der Präsident.

Die Zeitungsmacher in New York wollten nicht nur einen Bericht. Sie luden gleich noch eine Delegation der Langenbrucker "Nasen" nach Amerika ein. "Da hat die Männer dann aber der Mut verlassen", sagt Christian Reichart. "Damals war's halt nicht so selbstverständlich mit der Fliegerei." Später soll der eine oder andere den Rückzieher bereut haben.

Das Interesse am Verein hat sich bis heute gehalten. 436 Mitglieder gehören aktuell dazu, davon ein Viertel Frauen. Die Aufnahmegebühr beträgt zehn Euro, einen Monats- oder Jahresbeitrag gibt es nicht. Wer dabei sein möchte, muss allerdings die richtigen Maße mitbringen. Männernasen müssen mindestens 60 Millimeter lang sein, die Riechorgane der Frauen sollen mindestens 50 Millimeter messen. Alternativ reicht eine Mindestbreite von 40 Millimetern. "Erfahrungsgemäß ist es oft so, dass lange Nasen eher schmal und kurze eher dick sind", weiß der Präsident. "Jeder hat also eine Chance. Auch die dicke Kartoffelnase."

Inzwischen gibt's längst einen Ableger des Vereins in Österreich mit reger Tätigkeit und mit "Supernase" Mike Krüger ein recht prominentes Mitglied. "Er ist bei einer Fernsehsendung, in der wir vorgestellt worden sind, beigetreten, war aber noch nie persönlich bei uns", sagt Christian Reichart. Eine gute Gelegenheit für einen Besuch steht am 18. Juni an, wenn in der Langenbrucker Mehrzweckhalle die alle fünf Jahre ausgerichtete Nasenweltmeisterschaft ansteht. Mitmachen kann jeder, sofern sein Riechkolben nach oben von der Norm abweicht. Zuletzt hatten der Holländer Hans Roest bei den Männern und die Ingolstädterin Margot Sikora bei den Frauen die Nasen vorn. Die Schanzerin war 1996 spontan von der Zuschauerin zur Akteurin mutiert; zwei Mal hintereinander holte sie den WM-Titel und muss nun nach den Statuten beim nächsten Wettbewerb aussetzen.

Die Jury wird während dieser Gaudi darauf achten, dass niemand schummelt. "Es gibt welche, die klopfen sich mit dem Holzhammer auf die Nase, damit sie anschwillt. Einer hat die Löcher mal mit einem umgebauten Zirkel gedehnt, andere stopfen sich Watte rein", berichtet der Präsident. Letzteres allerdings ein Disqualifikationsgrund, weil die Nase "sauber und frei sein" muss, lautet die Regel. Ansonsten ist fast alles erlaubt, frei nach dem Vereinsmotto: "Ob griechisch, römisch oder krumm, die Hauptsach' is aa richtig's Drumm!"