Karlsruhe
Lange Haftstrafe für falschen Polizisten

Ingolstädterin um 105.000 Euro gebracht - 24-Jähriger zu sechseinhalb Jahren Freiheitsentzug verurteilt

20.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:19 Uhr
Symbolbild Gericht −Foto: David Ebener/dpa

Karlsruhe/Ingolstadt (DK) Die Entscheidung der Strafkammer fiel deutlich aus: Ein 24 Jahre alter Türke, der sich als Polizist ausgegeben und mehrere alte Menschen betrogen hat, soll für sechseinhalb Jahre hinter Gitter. Der Mann hatte allein im Fall einer 82-jährigen Ingolstädterin 105 000 Euro Beute gemacht.

Der Angeklagte ist bei der Polizei kein Unbekannter, er sei "mehrfach einschlägig vorbestraft", erklärte Jochen Herkle vom Landgericht Karlsruhe, wo der Prozess stattgefunden hatte, am Freitag. In der Anklageschrift ist von vier größeren Vorstrafen die Rede. Zuletzt war der 24-Jährige im Januar 2015 wegen schwerer räuberischer Erpressung zu mehr als drei Jahren Gefängnis verurteilt worden, im August 2016 aber zur Bewährung freigekommen.

Lange hatten möglicherweise vorhandene gute Vorsätze nach seiner Entlassung nicht vorgehalten, denn schon im vergangenen Februar hatte er mit zwei noch unbekannten Komplizen eine 82-Jährige aus dem Ingolstädter Süden um ihr Geld gebracht. Das Trio hatte sich telefonisch bei der Frau gemeldet, sich als Polizisten ausgegeben und ihr vorgegaukelt, ihre Ersparnisse auf dem Konto ihrer Hausbank seien nicht sicher.

Die verunsicherte Seniorin hatte insgesamt 105 000 Euro abgehoben und dem 24-Jährigen ausgehändigt. Der Türke hatte sich als Kollege der vermeintlichen Polizisten bezeichnet und wollte die Ersparnisse der Frau sicher aufbewahren. In Wirklichkeit hatten die Betrüger ihre Beute schnellstmöglich ins Ausland transferiert. Die Ingolstädterin wird ihr Geld vermutlich nie wiedersehen.

Die zuständige Strafkammer am Landgericht Karlsruhe sah es als erwiesen an, dass der geständige Angeklagte "gewerbsmäßigen Betrug als Mitglied einer Bande" in drei Fällen betrieben hatte, wie es im Juristendeutsch heißt. Das Trio hatte Anfang des Jahres außer in Ingolstadt unter anderem in Stuttgart und Frankfurt zugeschlagen und weitere 37 000 Euro erbeutet. Ein viertes Delikt mit 8000 Euro Schaden in Nürnberg war dem jungen Mann nicht zweifelsfrei zuzuordnen, wohl aber ein Versuch in Karlsruhe, wo der 24-Jährige im März erwischt worden war.

Das Urteil der Karlsruher Strafkammer ist ein deutliches Signal, dass die Justiz bei solchen Delikten hart durchgreift. Milde ist also nicht zu erwarten, wenn die Polizei ihre falschen Kollegen zu fassen bekommt, zumal die Opfer fast immer arglose alte Menschen sind. Der Staatsanwalt hatte im aktuellen Verfahren gar sieben Jahre und 10 Monate gefordert, die Verteidigung hatte viereinhalb Jahre Freiheitsentzug als "tat- und schuldangemessen" betrachtet. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Ob eine von beiden Seiten in Revision geht, blieb am Freitagnachmittag offen.

Falsche Polizisten treten mit ihrer Masche bundesweit immer öfter auf. Allein bei der Kriminalpolizei Ingolstadt, zuständig für die gesamte Region, gab es deswegen seit Jahresbeginn mehr als 142 Anzeigen. Erst am Donnerstagabend hatten 20 Bürger aus Vohburg (Kreis Pfaffenhofen) solche dubiosen Anrufe erhalten. Allerdings fiel keiner auf die Masche herein.