Irchenbrunn
Kuriositäten und seltene Stücke

Peter Schmidt sammelt in seinem kleinen Museum bei Altomünster Telefone

17.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:38 Uhr

Telefone in allen Formen und Farben sammelt Peter Schmidt in seinem Museum bei Altomünster. - Foto: Herrmann

Irchenbrunn (DK) Die allermeisten der mehr als 1200 Telefone, die Peter Schmidt in seinem Museum in Irchenbrunn (Kreis Dachau) hat, sind noch funktionsfähig. Und das führt der Sammler auch vor, wenn er Besuchern einen tiefen Einblick in die Geschichte des Telefons gibt. Wie ein Museum sieht das kleine Häuschen mit einem verwilderten Garten in dem Altomünsterer Ortsteil eigentlich nicht aus. Übersehen kann man es trotzdem kaum. Eine fast zwei Meter große Handy-Attrappe steht im Garten, auf deren Display "Telefonmuseum Schmidt - Besichtigung fast immer" steht.

Der Ruheständler wohnt mit seiner Frau nebenan, als sie das Häuschen erbten, gab es endlich einen Platz für die Hunderte von Telefonen, und das Museum war geboren. Wobei Sammler für ihre Leidenschaft nie genug Platz haben und die zwei Räume völlig überquellen von Apparaten mit Wählscheiben, von Anrufbeantwortern, unzähligen Handys und vielem mehr.

Ihren Ursprung hat die Sammlung in den 1970er-Jahren, als Schmidt ein neues Telefon bekam - und das alte nicht wegwarf. Das Interesse für Telefone scheint bei ihm aber schon immer irgendwie da gewesen zu sein. Noch heute weiß er, wie die Leitungen in seinem ersten Haus verlegt waren, später hatte er als Firmenberater beruflich viel mit Telefonen und Telefonanlagen zu tun. So entstand schnell ein Netzwerk, und bei der Post, bei Siemens und vielen Anbietern von Anlagen kannte man ihn und seine Leidenschaft und versorgte ihn mit ausgemusterten Geräten und mancher Kuriosität.

Ein Herzstück der Sammlung sind die "611er", jene Klassiker mit Wählscheibe in Mausgrau, die noch jeder kennt, der in den 1960er und 1970er-Jahren aufgewachsen ist. Später kamen dann Modelle in Orange, Grün und - eine Seltenheit - Lachs hinzu, und Schmidt kann die technischen Details der einzelnen Varianten genau erklären. Denn mit den Jahren ist aus dem Betriebswirt so etwas wie ein Telefontechniker geworden. Kommt ein neues Stück in die Sammlung, baut er es erst einmal auseinander - schon um es zu reinigen - und probiert es an einem eigenen Testtisch mit beeindruckenden Prüf- und Messgeräten aus. Das älteste Exemplar im Telefonmuseum stammt aus dem Jahr 1928, auch die 1930er und 1940er-Jahre sind vertreten - unter anderem mit Feldtelefonen der Wehrmacht oder der US Army. In vielen Apparaten spiegelt sich der Zeitgeist deutlich. Die bunten 70er Jahre, so mancher Design-Unfall aus den 80er-Jahren, die Technikbegeisterung in den Frühzeiten der Digitalisierung und einige missglückte Marketingexperimente wie das Handy in Form einer Schminkdose, das aussieht wie aus "Men in Black".

Fast genauso interessant wie die Stücke selbst sind oft die Geschichten, wie sie zu Schmidt gekommen sind. Das lachsfarbene 611 etwa hat er von einem Fernsehzuschauer, der ihn in einer Sendung im Bayerischen Rundfunk gesehen hatte. Dort hatte der Sammler erzählt, dass er das Stück noch suche. "Am Abend hat jemand angerufen und mir eines geschenkt", erzählt er lachend. Wie Weihnachten und Ostern zusammen war es für Schmidt, als ein Bundeswehrstandort, wo es ebenfalls eine große Telefonsammlung gab, aufgelöst wurde und er davon erfuhr. Von dort stammen auch die meisten der DDR-Apparate, von denen er anerkennend sagt: "Die waren besser als wir." Und dann sind da die unvermeidlichen Kuriositäten: Telefone in Form eines Klaviers, einer Lokomotive (die tutet, wenn jemand anruft), eines Motorrads oder einer Gurke. Die meisten davon stammen aus den USA, genauso wie die Cola-Dose, mit der man telefonieren kann, oder das Lego-Telefon.

Ein seltenes Münztelefon, das in den 1950er-Jahren in vielen Gaststätten hing, hat Schmidt auf einem Flohmarkt aufgetrieben. Gleich daneben: viele Kilo schwere Grubentelefone, die massiv abgeschottet sind, um zu verhindern, dass Funken austreten - und den ganzen Schacht in die Luft jagen. Ein Rundgang durch das Museum ist aber auch eine Lehrstunde über das Zeitempfinden und die Dynamik technischer Innovationen: Kaum zu glauben, dass vor 20 Jahren Faxgeräte noch so groß wie zwei Mikrowellenöfen waren.

Wie jeder echte Sammler lässt sich Peter Schmidt von zu wenig Platz nicht aufhalten. Er sammelt weiter, einige seltene Stücke hat er noch im Auge. Wenn er gerade nicht auf der Jagd nach neuen Telefonen ist, kann man das Museum besuchen. Am besten ruft man vorher an. Eines der vielen Telefone wird dann schon klingeln.