Ingolstadt
„Es gibt kein unbegrenztes Wachstum“

Audi-Chef Rupert Stadler diskutiert mit Bischof Gregor Maria Hanke über das Thema „Nachhaltigkeit und Mobilität"

21.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:28 Uhr
Audi-Chef Rupert Stadler (links) diskutiert mit Bischof Gregor Maria Hanke (rechts) über das Thema „Nachhaltigkeit und Mobilität. Moderiert wurde das Gespräch von Florian Schuller (Mitte). −Foto: Oppenheimer

Ingolstadt (DK) Zwei Menschen, zwei völlig verschiedene Blickwinkel. Gut eineinhalb Jahre hat es angeblich gedauert, bis beide am selben Tag einen freien Termin im Kalender hatten – gestern Abend war es nun soweit: Audi-Chef Rupert Stadler und der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke trafen sich in Ingolstadt im Orbansaal des katholischen Caniusstifts, um anlässlich des 60-jährigen Bestehens der Katholischen Akademie in Bayern über das Thema „Nachhaltigkeit und Mobilität“ zu diskutieren.

Hanke beichtete zunächst einmal von einem „schwarzen Fleck“ auf seiner persönlichen Öko-Bilanz und spielte damit auf sein Hobby an – Hanke ist leidenschaftlicher Motorradfahrer. Stadler erklärte darauf, an diesem Tag schon aus Wolfsburg hergeflogen zu sein – wobei Fliegen ja auch nicht unbedingt umweltfreundlich ist. „Wir nutzen wo immer es geht Videokonferenzen“, sagte Stadler. „Aber manchmal muss man mit den Menschen Auge in Auge kommunizieren.“

Stadler war schnell in seinem Element und pries die „schöne neue Welt“ an, die Realität werden soll, wenn einmal Autos wie das Audi-IAA-Showcar Aicon auf dem Markt sein werden. Audi spricht von der „25. Stunde“, die die Menschen dann täglich zur Verfügung hätten, weil sie ein Roboterauto nicht mehr selber steuern müssen. In der Zeit während der Autofahrt, könne man dann etwas anderes machen, erklärte Stadler: „Sie können arbeiten, Musik hören oder mit ihren Kindern kommunizieren.“ Moderator Florian Schuller, Direktor der Katholischen Akademie in Bayern, ergänzte mit dem Blick an Hanke gewandt: „Oder man kann auch einen Rosenkranz beten.“ Der Bischof gab sich kritisch und erklärte, etwas „Essig in den Wein“ gießen zu müssen. „Wir können nicht noch mehr Land verbauen“, sagte Hanke im Bezug auf möglicherweise noch mehr Verkehr in der Zukunft. „Es gibt kein unbegrenztes Wachstum.“

„Ich glaube, dass wir das Thema Nachhaltigkeit tief verwurzelt haben“, konterte Stadler. Und führte als ein Beispiel die hohe Recycling-Quote der gebauten Fahrzeuge an, diese seien nach dem Ende ihres Nutzungszyklus zu über 95 Prozent wiederverwendbar. Schon aus Eigeninteresse sei das wichtig: „Jeder, der in Zukunft in seinem Unternehmen nicht langfristig für Nachhaltigkeit sorgt, wird keine Zukunft haben.“

Hanke erklärte, Nachhaltigkeit dürfe nicht aus ökonomischen Überlegungen heraus forciert werden. Er sei für eine „Ökologie des Herzens“. Hanke: „Die Nachhaltigkeit muss Nachhaltig sein.“ Er sei überzeugt davon, dass ihm das was ihm auf der Erde gegeben sei, nicht gehöre. „Wir müssen auch an nachfolgende Generationen denken.“ Teilen könne auch schön sein, erklärte der Bischof am Beispiel von Eltern, die Dinge mit ihren Kindern teilen. Hanke plädierte dafür, dass die Menschen ihren Lebensstil überdenken müssten. „Wir müssen bereit sein, unseren Konsum auf den Prüfstand zu stellen.“

Stadler betonte, dass Audi im nächsten Jahr ein E-Auto mit einer Reichweite von 500 Kilometern auf den Markt bringe. Und er erklärte, wie wichtig es sei, bei Zukunftsthemen am Ball zu bleiben. „Wir müssen sehen, dass wir vorne mitspielen – sonst machen andere das Geschäft“, sagte der Audi-Chef. „Und das fände ich irgendwie blöd.“

Die „Zehn- und Zwölfzylinder-Ära“ gehe zu Ende, erklärte Stadler weiter. „Und irgendwann wird es auch keine Achtzylinder mehr geben.“ Auch Erdgas-Antriebe pries Stadler als Alternative an. „Viele verbinden damit leider auch Gefahr“, so der Audi-Chef. Aber Stadler brach auch eine Lanze für den Selbstzünder: „Wir werden in Europa noch viele Jahre den Diesel als Antriebstechnik haben“, sagte Stadler. „Weil Fehler gemacht wurden, zu sagen: ,Der Diesel hat keine Zukunft‘ ist ein Granatenfehler.“ Man brauche ihn, um die C02-Ziele zu erfüllen. In der aktuellen Diskussion um den Diesel herrsche ihm zu wenig Maß und Mitte, betonte Stadler. Und dann konnte er sich einen Seitenhieb auf die Politik nicht verkneifen: „Jetzt schauen wir erstmal, dass die Wahlen vorübergehen.“

Regulierung alleine werde nichts verändern, erklärte Hanke. „Politik muss einen Rahmen schaffen“, so der Bischof. „Aber sie darf sich nicht in die Details einmischen.“ Stadler nickte zustimmend.

Auf eine Anspielung des Moderators, dass Papst Franziskus schicke Autos nicht so toll fände, erklärte Stadler: „Ich würde ihn mal auf eine Testfahrt einladen.“ Die Menschen würden nicht durch Gleichheit besser, sagte der Audi-Chef „Es wird immer Reiche geben, die sich mehr leisten können als andere.“

„Ich würde mir keinen A8 kaufen und leisten wollen“, erklärte Hanke. Die Kaufablehnung gilt allerdings nicht für die Marke Audi generell. Denn kurz darauf gestand der Eichstätter Bischof, dass er sich bereits einen Audi mit Erdgas-Antrieb bestellt hätte: einen A4 g-tron.