Im Teufelskreis der Korruption

16.02.2011 | Stand 03.12.2020, 3:09 Uhr

München (DK) Vergabe millionenschwerer Aufträge, Bewilligung wirtschaftlich bedeutender Anträge: Wenn Behörden entscheiden, steht oft viel Geld auf dem Spiel. Trotzdem wird laut einer Studie die Möglichkeit von Korruption in öffentlichen Stellen von vielen bayerischen Behörden unterschätzt.

Nur zwei Prozent der Behördenleiter im Freistaat sehen die Gefahr, dass sich Mitarbeiter in ihrem eigenen Haus bestechen lassen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des Wirtschaftsprüfungsunternehmens PricewaterhouseCoopers (PWC) in Frankfurt. Jetzt hat das Unternehmen regionalisierte Zahlen zu einer entsprechenden Studie vom November nachgeschoben.

Zwar räumt immerhin fast ein Drittel der Behördenchefs ein, dass das allgemeine Bestechungsrisiko in der öffentlichen Verwaltung groß sei. Wenn es um den eigenen Laden geht, ist das Vertrauen aber offenbar nahezu uneingeschränkt. Dies spreche für ein "geringes Problembewusstsein", heißt es in der Studie. "Aus unserer Sicht wird da zu wenig getan", sagt Rainer Heck, einer der PWC-Autoren.

Dabei sprechen die Zahlen eine deutliche Sprache: Kriminelle Handlungen in öffentlichen Stellen verursachen laut PWC in Deutschland einen jährlichen Schaden von mindestens zwei Milliarden Euro. Gemeinsam mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und dem Meinungsforschungsinstitut Emnid haben die Wirtschaftsprüfer festgestellt, dass in Behörden jährlich etwa 20 000 Korruptionsfälle vorkommen.

In fast der Hälfte aller Einrichtungen in Bayern gibt es mindestens einmal im Jahr einen Fall, in dem zumindest der konkrete Verdacht auf Korruption besteht. Darunter fallen Vermögensdelikte, Vorteilsnahme, wettbewerbswidrige Ansprachen, Subventionsbetrug, aber auch direkte Bestechung. Zwar sind öffentliche Stellen seltener von Korruption betroffen als Privatunternehmen, aber gerade Delikte bei Behörden führen zu Vertrauensverlust in der Bevölkerung.

Nur die knappe Hälfte der Bayern sieht die eigenen Kommunalbehörden im Kampf gegen Korruption als "gut gewappnet". Damit sind die Bürger im Freistaat sogar noch weniger skeptisch als der deutsche Bevölkerungsdurchschnitt. Vorbeugende Maßnahmen werden aber zu selten unternommen. Bei der Korruptionsbekämpfung sei die Verwaltung in Bayern eher schlecht aufgestellt, heißt es in der Untersuchung. Nach Meinung der Wirtschaftsprüfer würden deswegen auch weniger Fälle bekannt, als anderswo. Der festgestellte Schaden pro Behörde sei zwar niedriger als in anderen Bundesländern. Das führen die Autoren aber zumindest teilweise auf das "schwächer entwickelte Kontroll- und Präventionsumfeld" zurück. Bei der Einführung wichtiger Instrumente hinkt der Freistaat laut Studie hinterher. Verwaltungsinterne Richtlinien seien etwa weniger üblich als im Bundesdurchschnitt, heißt es. Außerdem wird offenbar deutlich seltener mit Korruptionsbeauftragten gearbeitet.

Rainer Heck spricht von einem "Teufelskreis": Weil weniger für die Prävention getan werde, könnten auch weniger Delikte aufgedeckt werden. Die niedrigen Korruptionswerte führten in Bayern aber wiederum dazu, dass die Verantwortlichen keinen Handlungsdruck verspürten.