Fürth
Die Jagd nach dem Pfeifton geht weiter

Ein Haustechniker glaubt, den Ursprung des Geräuschs in Fürth gefunden zu haben

27.02.2015 | Stand 02.12.2020, 21:36 Uhr
 Seit zwei Jahren raubt ein mysteriöser Pfeifton den Bewohnern der Vacher Straße in Fürth den Schlaf. −Foto: DK

Fürth (DK) Die Geschichte über den mysteriösen Pfeifton in Fürth hat viele Leser zum Nachdenken animiert. Die „Ferndiagnose“ eines Haustechnikfachmanns könnte nun tatsächlich den Durchbruch bei der Suche nach dem schlafraubenden Geräusch bringen.

Ohne Schadenfreude, aber mit einem „leichten Schmunzeln“ hat Patrick Kehr den Artikel „Gestörte Nachtruhe“ in seiner Zeitung gelesen. Den 44-jährigen Haustechniker aus Eichstätt hat das Schicksal der Familie aus Fürth nicht mehr losgelassen. Ein mysteriöser Pfeifton spukt dort seit Jahren durch die Vacher Straße. Besonders die Nachtruhe der Familie Müller (Name geändert) ist durch das Geräusch gestört. Seit Jahren reißt er die Müllers mitten in der Nacht aus dem Schlaf.

Patrick Kehr glaubt zu wissen, woher der unbekannte Ton kommt. „Ja, so einen Ton gibt es tatsächlich. Mit einer Wahrscheinlichkeit von bis zu 99 Prozent möchte der Fachmann anhand des Zeitungsartikels eine Ferndiagnose wagen. Und seine Vermutung könnte es tatsächlich in sich haben. Hobbybastler, Ingenieure und Techniker aufgepasst: „Im Normalfall ist es ein defektes Thermostatventil eines Heizkörpers“, vermutet der Fachmann. Einer unter 100 Haushalten sei davon betroffen. Sogar ein Bauteil sei gegen diesen Pfeifton schon entwickelt worden. Seine konkrete These lautet: Ein Heizkörper wurde verkehrt herum angeschlossen. Vorlauf und Rücklauf seien also bei der Montage aus Versehen verwechselt worden. Und die technische Folge dieses Versehens ist? „Beim rückwärts durchströmten Ventil gibt der Ventilsitz dann nach ungefähr fünf bis 15 Jahren den Geist auf, da die Turbolenzen gegen die Strömungsrichtung wahnsinnig hoch sind, sodass der Führungsstift im Führungsschaft immer lockerer wird und der Ventilsitz zu schwingen beginnt“, erklärt Patrick Kehr. Je lockerer die Spindel sitze, desto lauter und länger sei der Ton. „Der Ton ist am Anfang natürlich nur manchmal zu hören, da das Thermostatventil noch seine Arbeit macht.“ Je nach eingestellter Raumtemperatur fahre das Ventil pro Stunde zwischen zwei- und 15-mal komplett auf und zu. Dass der Ton meistens nur in der Nacht auftauche, sei regelungstechnisch und hydraulisch auch plausibel.

Es sei auch nachvollziehbar, warum der Ton selbst mit großem Aufwand noch nicht gefunden werden konnte. „Leider entsteht der Ton nicht da, wo man ihn später am lautesten hört“, erklärt Kehr. Das könne man sich wie bei einer Gitarrenseite ohne Korpus vorstellen. „Ohne Resonanzraum ist die gespannte Seite kaum zu hören. Erst durch die Übertragung über den Steg auf den Klangkörper wird der Ton ganz laut.“ Das funktioniere rein mechanisch und ganz ohne Strom.

Die Spindel eines Thermostatventils ist also der Schwingungserzeuger und die Heizkörper sind die Lautsprecher. Sollten noch zusätzlich die Heizungsleitungen schlecht gegen Schallübertragung gedämmt sein, könnte sogar das ganze Haus einen riesigen Resonanzraum abgeben. Motto: kleine Ursache, große Wirkung.

Und wie kann die Familie nun konkret dem „gespenstischen Ventil“ auf die Schliche kommen? Auch dafür glaubt der pfiffige Haustechnikfachmann eine Lösung parat zu haben. „Hierzu muss im Ausschlussverfahren gearbeitet werden, in dem immer die Hälfte aller Heizkörper an der Rücklaufverschraubung wirklich zugedreht werden.“ Als zweite Möglichkeit könnte man prüfen, ob die Heizkörper nach dem Aufdrehen des Ventils quasi aus der falschen Richtung warm werden. Falls ein Heizkörper in Flussrichtung wirklich verkehrt herum angeschlossen wurde, könne man sich im Fachhandel Thermostatventile mit umgekehrter Flussrichtung beschaffen. Die würden dann den Ton verscheuchen.

Besonders gefreut hat sich auch Jürgen Tölk vom Ordnungsamt der Stadt Fürth über die vielen Zuschriften und die detaillierten Fahndungshinweise. Schließlich hatte sich Tölk und sein Team mit Verve auf die Spur nach dem mysteriösen Ton gemacht, um der Familie unbürokratisch helfen zu können. Nun kündigt Tölk, der die Spurensuche schon aufgegeben hatte, an: „Ich werde den doch sehr konkreten Hinweis des Herrn Kehr an die Betroffenen gerne weiterleiten“, sagt er – und bedankt sich für die Mühe und Hilfsbereitschaft des engagierten Zeitungslesers.