Eichstätt
"Ein Hexentreiben auf Mufflons"

Zwei Jäger kämpfen gegen die Tötung eines kerngesunden Bestandes im Kreis Eichstätt

23.12.2014 | Stand 02.12.2020, 21:49 Uhr
Schonfrist: Mufflons wie dieses gibt es auch im Kreis Eichstätt. Ein Bestand von 18 Tieren bei Bettbrunn, Kasing, Oberdolling und auf Mindelstettener Flur sollten nun auf Anordnung der Regierung getötet werden. Der Totalabschuss wurde nun außer Vollzug gesetzt. −Foto: Jörg Hempel / Wikipedia

Eichstätt (DK) Eile ist geboten. Die Schusszeit dauert nur noch wenige Wochen, und bis dahin soll die Sache erledigt sein. 18 Mufflons im Kreis Eichstätt müssen sterben, weil einige Waldbauern das so wollen.

Muffelwild existiert schon lange im Altmühltal, nicht erst, seitdem 1936 zusätzlich einige Tiere ausgesetzt worden waren. Der Bestand umfasst im Moment etwa 50 Wildschafe, die westlich der Autobahn zwischen Kipfenberg und Eichstätt umherziehen. „Vor knapp sechs Jahren ist dann ein Paar östlich der A 9 aufgetaucht, das vermutlich aus einem Stammhamer Gehege entkommen ist“, sagt Peter Smischek, Vorsitzender des Jagdschutz- und Jägervereins Ingolstadt. „Daraus sind jetzt 18 Tiere geworden, die zwischen Bettbrunn, Oberdolling, Kasing und Offendorf auf 6000 Hektar leben.“ Gar nicht weit entfernt vom Feriendomizil des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, der von dem Ganzen vermutlich nichts ahnt.

Smischek und sein Jagdkollege Franz Loderer aus Buxheim hatten „lange vehement“ gegen den Totalabschuss gekämpft. „Unser Antrag war, die Zahl der Tiere konstant zu halten, anstatt sie einfach auszurotten. Das ist bei der Regierung aber nicht befürwortet worden, weil die Bauern und Forstleute dagegen sind“, berichtet Smischek. Von Landwirten höre er Dinge wie „Uns reicht schon das Scheißrehwild“. In 41 Jahren als Waidmann hat er vor allem eines gelernt: „Der Druck der Bauern ist enorm groß. Alles, was Gras frisst, taugt für sie nichts.“

Die beiden Jäger hatten an allen möglichen Stellen vorgesprochen und für den Erhalt des kleinen Mufflonbestands östlich der Autobahn plädiert, ohne Erfolg. „Die Leiterin der Obersten Jagdbehörde hat mich gefragt: ,Was wollen Sie eigentlich? Das ist doch lächerlich!’, und hat mich abgewiesen“, sagt Smischek. „Dabei will ich gar keinen utopischen Wildbestand aufbauen. Aber die Tiere einfach wegschießen, das geht doch nicht. Das ist ein Hexentreiben auf Mufflons.“

Franz Loderer vom Jagdschutz- und Jägerverein Eichstätt empfindet es ähnlich. „Das Schalenwild hat für die Landwirte einfach keine Daseinsberechtigung. Und die Politik geht da astrein mit“, bedauert er. „Bayern ist doch so reich, und trotzdem können wir es uns nicht leisten, 18 Mufflons auf 6000 Hektar leben zu lassen. Das ist echt erbärmlich.“

Und wie begründet die Regierung von Oberbayern die Tötungsaktion? „Die Hochwildhegemeinschaft Kösching wollte erreichen, dass in ihrem Bereich auch Muffelwild gehegt werden darf“, heißt es in der Stellungnahme. Fünf Waldeigentümer hätten sich jedoch über frühere Schälschäden durch Wildschafe bei Böhmfeld beklagt und den Totalabschuss beantragt. Weil Mufflons bisher nicht zum Standwild im Gebiet gehörten, sei der Antrag der Köschinger Hegegemeinschaft abgelehnt worden. Oder im Klartext ausgedrückt: Es kommt zum Totalabschuss, obwohl räumlich wie zeitlich gar kein Zusammenhang besteht. Den Verbiss gab es nämlich westlich der für die fraglichen Tiere unüberwindbaren Autobahn, und zwar bereits vor 2010.

Jetzt, wo die Eliminierung der Wildschafe beschlossene Sache ist, steht die Tötung der Tiere an. Der Jagdberater der Regierung und ein Sachbearbeiter waren bereits zu Gesprächen im Kreis Eichstätt. Peter Smischek macht sich nichts vor, dass es sehr schnell gehen wird, sobald der Abschussplan steht. „Es gibt leider auch bei uns Jägern einige schwarze Schafe, die sich so ein Gehörn gerne an die Wand hängen möchten.“ Die Schonzeit für Mufflons beginnt am 1. Februar und dauert bis 31. Juli, davor wird vermutlich alles erledigt sein. „Ich frage mich immer: Wer war zuerst da, die Tiere oder der Mensch? Wenn es die Tiere nicht mehr gibt, wird es uns auch bald nicht mehr geben“, mahnt Smischek.

Sollte Ministerpräsident Seehofer den Jahreswechsel in seinem Feriendomizil im Altmühltal begehen, wird er sich vielleicht wundern, warum es so oft um ihn herum kracht. Dann wird es für die 18 Mufflons allerdings bereits zu spät sein.