Egweil
Fatale Kurve oder zu wenig Auftrieb?

26.05.2014 | Stand 02.12.2020, 22:39 Uhr

Eine Kerze brennt für die bei dem Flugzeugunglück umgekommene 15-jährige Gymnasiastin in ihrer Eichstätter Schule. Ihre Klassenkameraden haben einen Trauerraum gestaltet. - Foto: M. Schneider

Egweil/Eichstätt (DK) Nach der Flugzeugtragödie bei Egweil mit drei Toten ist die Ursache weiter unklar: Nicht nur ein Pilotenfehler könnte den Absturz erklären, sondern auch ein sogenannter Strömungsabriss. Derweil nahmen die Schulkameraden der getöteten 15-Jährigen gestern Abschied.

Eigentlich hatte er Berufspilot werden wollen, die erste Prüfung wollte er bald ablegen: „Er hatte gute Lehrer und war gut ausgebildet“, sagt der Vater des 23-Jährigen, der am vergangenen Freitag im Cockpit der abgestürzten Maschine saß. Der Pilot selbst, sein gleichaltriger Freund und dessen 15-jährige Cousine kamen am vergangenen Freitag bei dem Unglück bei Egweil (Kreis Eichstätt) ums Leben.

Der 23-Jährige hatte bereits öfter Passagiere in der Maschine vom Typ Klemm 107 zu kurzen Rundflügen mitgenommen, darunter auch Schüler. Sein Vater ist sich sicher: „Er hat mit Sicherheit alles überlegt, als der Motor angefangen hat zu stottern.“ Der Vater wehrt sich gegen voreilige Schuldzuweisungen. Warum das Flugzeug letztlich abgestürzt ist, das könne „man nicht einfach aus der Ferne sagen“. Momentan befassen sich Experten des Luftfahrtbundesamtes in Braunschweig mit dem Unfall, ein Ergebnis wird aber so schnell nicht vorliegen.

Zeugen hatten berichtet, dass der Motor der Klemm kurz nach dem Start unrund gelaufen sei. Eigentlich üben Piloten, was sie in Extremsituationen zu tun haben. „Man nennt das Verhalten in besonderen Fällen“, sagt Thomas Fleck, Vorsitzender des Motorfliegerklubs Neuburg-Egweil und selbst seit gut 20 Jahren Pilot. „Da lernt man auch: Was mach’ ich, wenn nach dem Start der Motor ausfällt“ Die entsprechende Reaktion wäre, „geradeaus weiter und eine freie Stelle zur Landung suchen“. Beim Flugplatz in Egweil sei das kein Problem, „es ist genug Platz da“, sagt Fleck. Zwar sei die Start- und Landebahn nur 600 Meter lang, aber anschließend gebe es ausreichend Felder und Wiesen.

Eine Kurve, wie sie die Klemm geflogen sei, sei hingegen fatal: Die Kraft, die in einer Kurve auf ein Flugzeug wirke und es nach unten drücke, sei größer, als wenn die Maschine weiter geradeaus fliegt. Das müsse ein Flugzeug durch mehr Geschwindigkeit ausgleichen – sonst stürzt die Maschine ab.

Allerdings hatten Zeugen genau das berichtet: Die Klemm habe zu einer Rechtskurve angesetzt, möglicherweise habe der Pilot zum Flugplatz zurückkehren wollen. Jedoch gibt es noch eine weitere, plausible Erklärung. Es könne zwar sein, „dass er die Kurve geflogen ist“, sagt Rudolf Griebel von der Sportfluggruppe Manching. Der Pilot, der selbst seit rund drei Jahrzehnten im Cockpit sitzt, fügt aber hinzu: „Es kann aber auch sein, dass das Flugzeug so langsam geflogen ist, dass die Tragfläche abgekippt ist. Und dann wäre vielleicht tatsächlich der Motor schuld.“ Denn fliegt die Maschine – möglicherweise wegen eines Motorschadens – zu langsam, kommt es laut Griebel zu einem sogenannten Strömungsabriss. Dann reiche der Auftrieb des Flugzeugs nicht mehr, die Maschine gerate ins Trudeln und falle vom Himmel. Ein solcher Fall sei durchaus denkbar, einige Sportpiloten in der Region vermuten darin die Ursache für den Absturz vom vergangenen Freitag, sagt Griebel.

In einem sind sich die Piloten einig: Das Baujahr der Maschine sei irrelevant. Die Klemm 107 wurde 1959 gebaut. Solche Oldtimer seien jedoch nicht automatisch wegen ihres Alters unsicher. „Flugzeuge müssen regelmäßig gewartet werden“, erklärt Fleck. Diese Jahresnachprüfung teste jede Maschine auf Herz und Nieren, „das ist genauer als der TÜV beim Auto“. Allerdings brauche ein Pilot auf jeden Fall entsprechend Erfahrung: „Solche Flugzeuge sind aerodynamisch nicht so korrekt zu fliegen wie die modernen“, sagt Griebel. „Auch die Anzeigen im Cockpit sind nicht wie bei aktuellen Maschinen.“ Der 23-Jährige war für die 55 Jahre alte Klemm extra eingewiesen worden, berichtet sein Vater.

Während die Ursachenforschung weiterläuft, beherrscht die Trauer um die 15-Jährige das Eichstätter Gabrieli-Gymnasium (GG). Die Schule hatte in der Hauskapelle einen Trauerraum eingerichtet. „Jeder Schüler, der wollte, konnte und kann dort hinkommen“, sagte GG-Schulleiter Adalhard Biederer. Die Mitschüler hatten dort kleine Briefe an ihre verunglückte Klassenkameradin geschrieben: „Wir vergessen dich und dein Lachen nie.“