Nürnberg
"Das soll jetzt der große Wurf sein?"

Die städtische Qualitätsoffensive für den Wochenmarkt am Nürnberger Hauptmarkt überzeugt die Händler kaum

11.04.2018 | Stand 23.09.2023, 2:53 Uhr

Nürnberg (HK) Die bunten Marktstände sollen noch mehr Leben auf den grauen Hauptmarkt in Nürnberg bringen. Mit kleinen Veränderungen hat die Stadt nun eine Qualitätsoffensive für den Wochenmarkt gestartet. Neuerdings dürfen die Stände sogar über Nacht stehen bleiben.

Den grünen Wochenmarkt auf dem Hauptmarkt wollen die Nürnberger endlich schöner machen. Nach jahrelangen Diskussionen setzt die Stadt nun auf Veränderungen. "Der Wochenmarkt hat keine Aufenthaltsqualität gehabt. Das hat uns gestört", begründet Christine Beeck vom Marktamt die Neuausrichtung. Wichtigste Veränderung sei die Neuordnung der Stände, die nun auch über Nacht stehen bleiben dürfen.

Allerdings gibt es eine kleine Ausnahme. Am Sonntag müssen die Stände verschwunden sein. So wolle es die Stadt, sagt Beeck und verweist auf "touristische Gründe". Auch die Kirchen wären dafür gewesen, dass das Bild des grauen Hauptmarktes an Sonn- und Feiertagen nicht von den bunten Marktständen getrübt wird. Bislang mussten die Markthändler freilich jeden Abend ihre Zelte einpacken.

Von einer weiteren Veränderung verspricht sich Christine Beeck besonders positive Impulse für die Attraktivität. In der Mitte der Marktstände soll ein kleiner Platz entstehen. "Dort soll man seine Einkaufstasche abstellen und sich ein bisschen unterhalten können", sagt Beeck und erklärt, dass die Marktleute auch Tische und Stühle aufstellen dürfen. Von den neuen Sitzmöglichkeiten, die mehr Flair und mehr Leute zwischen die rot-weiß-gestreiften Marktstände bringen soll, ist zum Auftakt des "neuen" Hauptmarktes an diesem Dienstag allerdings weit und breit noch nichts zu sehen.

Überhaupt sind die Veränderungen auf den ersten Blick kaum zu erkennen. Spektakuläre Neuerungen sucht man sowieso vergeblich. Verboten bleibt beispielsweise der Bier-Ausschank. Das Grillen von Bratwürsten sei entgegen anderslautender Gerüchte sogar erlaubt, sagt Beeck und lacht selbst ein wenig über die "uralte Marktordnung" der Stadt. Noch duftet es leider noch nicht nach Bratwürsten. Ein fränkischer Grillmeister würde aber für den Hauptmarkt gesucht, verspricht Beeck.

Mit der nun gezündeten "Qualitätsoffensive" (so nennt die Stadt die kleinen Veränderungen rund um den Wochenmarkt auf dem Hauptmarkt) versuche das Marktamt schließlich auch neue Händler für den Hauptmarkt zu gewinnen. "Wir müssen die Qualität der Stände steigern, um die Qualität des Publikums zu steigern", bringt Hans Schmidt, der als Citymanager die Veränderungen im Hintergrund begleitet hat, die Strategie auf den Punkt. "Die Leute müssen wieder Lust auf den Hauptmarkt bekommen", ist sich Schmidt sicher.

Dass der Stadt mit dem neuen Hauptmarkt der große Wurf geglückt ist, daran zweifeln bislang offensichtlich noch ziemlich viele Besucher und Marktbetreiber in Nürnberg. "Ich bin viel in Italien. Da sind Märkte ganz anders. Die Leute kaufen viel mehr. Auf dem Hauptmarkt in Nürnberg sind doch nur noch ganz wenige Erzeuger, die selber Obst und Gemüse im Knoblauchsl-and anbauen. Die restlichen Händler wollen mit ihrem teuren Gemüse vom Großmarkt die Leute für blöd verkaufen", ärgert sich ein Stammkunde beim Gemüsehändler seines Vertrauens. Die fränkische Markthändlerin aus dem Knoblauchsland nickt zustimmend mit dem Kopf: "Das soll jetzt der große Wurf sein?", fragt die Markthändlerin und zeigt auf den leeren Platz mit dem grauen Pflaster, der von der rot-weißen Ständen umringt wird. "Viele Händler haben doch längst keine Lust mehr", mischt sich eine Händlerin vom Nachbarstand ein und schimpft auf die Regelwut der Verwaltung.

Hinter vorgehaltener Hand werfen viele Marktleute der rot-schwarzen Regierung im Rathaus vor, keine echten Verbesserungen auf dem Hauptmarkt zu wollen. Aus dem Umfeld der Verhandlungsführer ist zu hören, dass sich die Parteien wohl aus Missgunst jeweils keinen Erfolg beim Hauptmarkt gegönnt hätten. Andere behaupten, dass die Stadtspitze zwar von oben auf den Markt herab schaue aber schon lange nicht mehr zum Einkaufen bei ihnen vorbeigekommen sei. Deshalb bleibe bis auf wenig Kosmetik beim Hauptmarkt alles beim Alten, erzählt man sich zwischen Radieschen und Mohrrüben.

Auch der Citymanager kennt diese Vorwürfe. Hans Schmidt bittet um Geduld und will der Qualitätsoffensive eine Chance geben. "Wir wollen jetzt neue Ideen ausprobieren, damit sich hier endlich etwas tut. Ich bin mir sicher, dass der Hauptmarkt langfristig besser wird", erklärt Schmidt und kauft wie zum Beweis den ersten Spargel der Saison.

Nikolas Pelke