Unentschieden auf hohem Niveau

Horst Seehofer und Herausforderer Christian Ude liefern sich ein munteres TV-Duell ohne klaren Sieger

04.09.2013 | Stand 02.12.2020, 23:42 Uhr
Konnten im TV-Duell beide punkten: Ministerpräsident Horst Seehofer (links) und SPD-Herausforderer Christian Ude. −Foto: Peter Kneffel/dpa

München (DK) Die Auseinandersetzung war lange erwartet worden. Gestern stritten Ministerpräsident Horst Seehofer und Herausforderer Christian Ude im Bayerischen Fernsehen im TV-Duell. Es wurde ein interessanter Schlagabtausch.

Kurz nach 19 Uhr, die Straße vor dem BR-Studio hat etwas von einem Fußballstadion. Auf der einen Seite stehen 30 Jusos, auf der anderen fast genauso viele von der Jungen Union. Transparente, weiß-blaue Fahnen, rhythmische Sprechchöre für Ude auf der einen und für Ude auf der anderen Seite. Warten auf die beiden Konkurrenten vor dem TV-Duell. Es ist das erste direkte Aufeinandertreffen von Ministerpräsident und Herausforderer. SPD-Spitzenkandidat Christian Ude hat lange darauf gewartet. Er will endlich angreifen. Bisher hat der Ministerpräsident versucht, den Herausforderer bestmöglich zu ignorieren.

Um kurz vor Halbacht sind beide da. Es ist schwer zu sagen, für wen bei diesem Duell mehr auf dem Spiel steht. Die Ausgangslage ist völlig unterschiedlich. Seehofer und die CSU führen seit Monaten alle Umfragen teilweise mit großem Vorsprung an. Der Ministerpräsident gilt als fast schon sicherer Wahlsieger. Gewinnen kann er im Duell eigentlich nicht mehr viel. Aber kann er noch entscheidend verlieren?

Für Ude gilt das Gegenteil. Er kann fast nur gewinnen. Dazu ist das Duell vielleicht seine letzte große Chance. Die will, die muss er nutzen, wenn er noch die Chance auf ein einigermaßen akzeptables Wahlergebnis zu kommen.

Um punkt 20.15 Uhr geht es los. Anders als kürzlich beim Bundes-Duell zwischen Kanzlerin Angela Merkel und ihrem Herausforderer Peer Steinbrück von der SPD, als vier Moderatoren die Fragen stellten, ist es diesmal nur einer: BR-Chefredakteur Sigmund Gottlieb. Die erste Frage geht an Christian Ude – zur Pkw-Maut für Ausländer, die Seehofer seit Monaten fordert. Bundeskanzlerin hatte den Plan aber kürzlich brüsk abgelehnt. Gottlieb will wissen, ob Ude ihr dafür dankt. Zumindest sei er sich darin mit der Kanzlerin einig, sagt Ude. Die Maut sei schon europarechtlich nicht zu machen. „Es ist ein Thema, das deutlich macht, wie mit haltlosen Versprechungen die Öffentlichkeit in die Irres geführt wird.“ Die erste Attacke.

Seehofer kontert. „Die Maut muss kommen und wird kommen“, sagt er. Schon aus Gerechtigkeitsgründen, wo die Deutschen doch überall im Ausland zahlen müssten. Er habe schon oft gezeigt, dass er in Berlin etwas durchsetzen könne. Im übrigen habe ihm dafür auch schon Ude oft gedankt, als er noch Städtetagspräsident war. Etwa bei der Gewerbesteuer. „Ich komme zum Städtetag, da steht Herr Ude am Mikrofon. Danke, Herr Ministerpräsident, Sie haben Wort gehalten.“ Wort halten - das ist eine Anspielung auf Udes Wahlplakate, auf denen der Herausforderer genau das von sich selbst verspricht. Seehofer dagegen verspottet die Opposition wegen seiner jüngsten Kurswechsel als „Drehhofer“.

Das ist die Linie, die sich durch das ganze Duell zieht. Seehofer ist oft schlagfertiger. Dafür argumentiert Ude sachlicher, wirkt noch etwas aufgeräumter als der Ministerpräsident. So geht es auch an die nächsten Themen, Schule, Krippenausbau. Der Freistaat habe derzeit die größte Dynamik, was den Ausbau der Kinderbetreuung angehe. Dafür habe die CSU das Thema davor jahrelang vernachlässigt, ja sogar „attackiert“, kontert Ude. Zahlen und Daten führen beide als Belege an. Nur leider kann man sie in diesem Moment nicht überprüfen.

Ansonsten ist das Duell gut strukturiert. Kleine Einspieler grenzen die Themen voneinander ab. Und Moderator Gottlieb zwingt die Kandidaten immer wieder, nicht zu weit abzuschweifen.

Dann geht es um die Finanzpolitik und Schuldenabbau - einem Schlüsselthema, auf das beide im Wahlkampf immer wieder eingehen. Seehofer wirbt damit, dass seine Staatsregierung mehr als zwei Milliarden Schulden abgebaut habe. „Die Schuldentilgung ist eine Märchenstunde“, wirft ihm Ude vor. Neun Milliarden neue Schulden habe er gemacht. wegen der Rettung der Landesbank vor vier Jahren. Er dagegen habe als Münchner Oberbürgermeister wirklich Schulden abgebaut.

Daraus entwickelt sich ein Schlagabtausch, in dem beide Punkte machen. Seehofer wirft Ude vor, die Rettung der Landesbank hätte auch der Sparkasse München geholfen: „Ich habe Sie geschont um eine halbe Milliarde Euro“, sagt er zum Oberbürgermeister. Aber Ude bleibt dabei: Im damaligen Verwaltungsrat der Landesbank hätten vor allem CSU-Politiker gesessen. Die Kontrolleure hätten eben versagt.

So geht es weiter: Ude attackiert, Seehofer kontert. Schwer zu sagen, wer von beiden am Ende überzeugender ist. Gottlieb hat offenbar seinen Spaß an dem Duell der beiden. Er gibt dem Streitgespräch zehn Minuten mehr Sendezeit als geplant.

Am Ende wissen auch die Kandidaten nicht so recht, wer von beiden das Duell nun gewonnen hat. Nur das das Gespräch unterhaltsamer war als die Auseinandersetzung von Kanzlerin Merkel und SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück ist am Ende allgemeine Meinung. Entscheidend sei aber, was die Bürger am 15. September meinen, sagt Seehofer noch: „Das Urteil hat der Souverän.“

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