Neue Biere verlangen neue Hopfenvarianten

Aromasorten sind stark im Kommen: USA weiten Anbauflächen aus und verdrängen Deutschland von Platz 1

27.07.2015 | Stand 02.12.2020, 20:59 Uhr

Mais, Kartoffeln und Hopfen machen es den Bauern im Landkreis Roth nicht leicht im Jahr 2012. An vielen Orten verdorrt der Mais, der deshalb frühzeitig gehäckselt wird. Die Trockenheit verringert auch die Kartoffelernte. Gute Qualität, schlechte Erträge, heißt es schließlich beim grünen Gold - Fotos: Leykamm, dpa (2)

Bad Gögging (DK) Große Herausforderungen warten auf die Hopfenwirtschaft – das ist die Quintessenz beim 55. Kongress des Internationalen Hopfenbaubüros (IHB) in Bad Gögging. Vor allem junge Leute wünschten sich immer neue Biersorten, was Bewegung in die Branche bringt, hieß es gestern beim Auftakt.

Der Markt steht nach Ansicht der Fachleute vor einem grundsätzlichen Wandel. Ursache sei die zunehmende Vorliebe vor allem jüngerer Konsumenten für geschmacklich inhaltsreichere Biere, auch als Craft-Biere bekannt. Dieser Trend sei unumkehrbar, hieß es. Der Hopfen spiele dabei eine entscheidende Rolle. Die Nachfrage nach diversen Aromasorten, wie sie in den Vereinigten Staaten von Amerika verstärkt angebaut würden, steige deshalb ungleich höher als beim Hochalpha- oder Bitterhopfen, wie er auch in Deutschland mit 50 Prozent Anteil an der Produktion vermarktet wird. „Infolgedessen werden die USA in Kürze Deutschland bei der Anbaufläche als größte Hopfennation der Welt überholen.“

Craft-Bier, also in kleinen Mengen handwerklich hergestellter Sud, ist seit Langem ein Renner in den USA. „Sollte das Craft-Segment dort in den nächsten fünf Jahren weiter zweistellig wachsen und gleichzeitig die Biersorte India Pale Ale ihren Erfolg rund um den Globus fortsetzen, steht die Hopfenwirtschaft vor enormen Investitionen“, ist man sich beim Internationalen Hopfenbaubüro im Klaren. „Die Brauindustrie und damit die Hopfenwirtschaft befinden sich mitten in einem Prozess der Neuorientierung.“

Die rapiden Änderungen im Konsumentenverhalten dürften nicht unterschätzt werden – sie würden zugleich aber eine Chance bedeuten. „Wir sehen das durchaus als eine positive Entwicklung an“, sagte Otmar Weingarten als Geschäftsführer beim Verband Deutscher Hopfenpflanzer gestern am Rande des Kongresses. Auch in Bayern würden bereits spezielle Aromahopfensorten kreiert – wie der „Mandarina Bavaria“, entwickelt im Hopfenzentrum Wolnzach-Hüll. „Die fruchtigen Noten passen gut zu starken, gehaltvollen Bieren.“

Zum gestrigen Kongressauftakt im niederbayerischen Bad Gögging (Kreis Kelheim) gaben die Mitgliedsstaaten eine erste Einschätzung zur Hopfenernte 2015 ab. Demnach werden die Erträge weltweit um rund 6000 auf etwa 90 600 Tonnen sinken. Die Verantwortlichen deutscher Anbaugebiete – allen voran die Hallertau bei Ingolstadt – erwarten relativ gesehen noch größere Ertragsrückgänge. Mit 32 500 Tonnen werde die Ernte rund 6000 Tonnen unter dem vorjährigen Ergebnis liegen, erfuhr die Versammlung. Die Gründe seien in den klimatischen Bedingungen zu suchen. In den Anbaugebieten Hallertau und Tettnang hätten bis Juni „nahezu ideale Bedingungen“ geherrscht, die Bestände hätten sich gut entwickelt. „In der nördlicheren Region Elbe-Saale, aber auch in Spalt war es dagegen sehr trocken.“

Der für die Hopfenentwicklung entscheidende Juli habe dann aber längere Perioden mit extremer Hitze gebracht, verbunden mit „weit unter dem Durchschnitt liegenden Niederschlägen“, das Elbe-Saale-Gebiet einmal ausgenommen. „Es bleibt abzuwarten, inwieweit der weitere Witterungsverlauf die Ernte noch in die positive oder negative Richtung verändern wird“, hieß es. Parallel dazu zeichne sich für das laufende Jahr ein Rückgang beim Weltbierausstoß ab. Deutschland meldete zwischen Januar und April ein Minus von 2,35 Prozent, in Russland fielen die Absatzzahlen um 2,2 Prozent und in den USA um 2,7 Prozent. In Brasilien brach die Bierproduktion im ersten Halbjahr um 6,78 Prozent ein, und selbst der Wachstumstreiber China registrierte zwischen Januar und Mai einen Rückgang um vier bis fünf Prozent.

Angesichts all dieser Entwicklungen sei es für die Hopfenwirtschaft immer wichtiger, aus den Tendenzen die richtigen Schlüsse für Produktions- und Vermarktungsmöglichkeiten zu ziehen, lautete der Tenor beim 55. Kongress des Internationalen Hopfenbaubüros. Die rund 150 Teilnehmer aus 13 Nationen wollen sich noch bis Freitag mit diesen Themen befassen. Neben Fachvorträgen und Exkursionen sind auch kulturelle und kulinarische Ausflüge sowie ein Staatsempfang in München und eine Besichtigung des Ingolstädter Audi-Werks geplant.