Rendezvous mit "King Kong"

Der GT2 RS ist der stärkste 911er, den Porsche je gebaut hat deshalb hat er auch einen Spitznamen bekommen

08.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:15 Uhr

Stuttgarter Kraftmaschine: Der Porsche 911 GT2 RS leistet 700 PS. - Foto: Porsche

Nichts kann einen auf das Tempo vorbereiten, das dieses Auto vorlegt - gar nichts. Bei seinem Antritt werden Naturgewalten neidisch und gestandene Rennfahrer kriegen feuchte Hände. Die Rede ist vom rund 285 000 Euro teuren Porsche 991 GT2 RS, dem stärksten Elfer, der je die Produktionshallen der Zuffenhausener verlassen hat.

Spitzname: King Kong. Doch nicht genug der Superlative, die zweite Generation des Über-RS ist aktuell außerdem auch das schnellste Serienfahrzeug auf der Nürburgring-Nordschleife. Exakt 6.47,3 Minuten benötigte Werksrennfahrer Lars Kern bei seiner Runde Ende September für den 20,8 Kilometer langen Eifelkurs - Rekord. Selbst der mit modernster Hybridtechnik vollgestopfte 918 Sypder muss sich nun hinter dem Elfer anstellen: Einem Auto, dem seit Jahrzehnten nachgesagt wird, einem völlig falschen Konzept mit dem Motor an der völlig falschen Stelle zu folgen. Wie macht Porsche das? Andreas Preuninger, Projektleiter GT-Straßenfahrzeuge in Weissach, erklärt das Ganze mit einem Drei-Punkte-Plan. Die Zutaten scheinen verblüffend einfach: Leichtbau, Leistung und Fahrbarkeit. Doch alle drei Kategorien haben ihre Tücken.

Als Basis hatte man die Wahl zwischen dem GT3 RS und dem Turbo S. Beide haben ihre Vor- und Nachteile, schließlich entschied man sich für den schwereren Turbo S. Schließlich ist es ja viel schöner, ein Minus vor die Gewichtsangaben der neuen Komponenten zu schreiben. Insgesamt speckte der GT2 RS gegenüber dem Turbo S also um rund 115 Kilogramm ab. Ein Zentner fällt dabei allein auf den fehlenden Allradantrieb zurück, der RS treibt nämlich nur die Hinterachse an. Außerdem sind unter anderem die Fronthaube, die vorderen Kotflügel, die Radhausentlüftungen, die hinteren Lufteinlässe und die Vollschalensitze aus Carbon gefertigt, das Dach aus Magnesium. Die hinteren und seitlichen Scheiben sind darüber hinaus aus "Gorilla-Glas", das man vor allem vom Display moderner Smartphones kennt - leicht und stabil. Wer zu dem Neupreis von 285 220 Euro noch 30 000 Euro mehr lockermacht, greift außerdem zum sogenannten "Weissach-Paket". Dieses spart unter anderem durch ein besonders dünnes Carbon-Dach (minus wenige hundert Gramm), einen Titan-Überrollbügel (minus neun Kilo), Stabis und Koppelstangen aus Carbon (minus fünf Kilo) und Magnesium-Felgen (minus elf Kilo) noch einmal rund 30 Kilogramm. Wer jetzt denkt, der Preis für das Paket würde viele Kunden abschrecken, der irrt: Aktuell ordern rund 90 Prozent der Kunden ihren GT2 RS mit dem Weissach-Upgrade. Insgesamt kommt der RS so auf ein Gewicht von 1470 Kilogramm. Wem das noch zu schwer ist, der kann tiefer in die Trickkiste greifen und - immerhin aufpreisfrei - Infotainment und Klimaanlage abbestellen. Bringt noch einmal 19 Kilo, kostet aber Schweiß und Nerven.

Das Sechszylinder-Boxer-Triebwerk im Heck des RS ist im übrigen keineswegs ein aus dem Turbo S geklautes Aggregat mit einfachem Chiptuning. Zwar bleibt der Hubraum bei 3,8 Liter, Kurbelgehäuse, Kolben, Turbolader, Luftführungen und Filter sowie die neue Abgas-Anlage aus Titan verhelfen dem Aggregat zusammen mit einem wassergekühlten Ladeluftkühler (fünf Liter destilliertes Wasser plus zwei Sprühdüsen) auf wahnwitzige 700 PS. Dabei hält der Motor sein maximales Drehmoment von 750 Newtonmeter extrem linear und nahezu bis zum Erreichen des Drehzahlbegrenzers bei 7200 Umdrehungen pro Minute. Der 991 GT2 RS ist der erste GT2 RS mit einem Doppelkupplungsgetriebe. Dank einer sehr kurzen Übersetzung der ersten Gänge geht es in nur 2,8 Sekunden auf Tempo 100 - mit Heckantrieb, wohlgemerkt! Bei 340 km/h ist dann Schluss mit lustig. Aber nicht, weil der GT2 RS nicht gerne noch weiterrennen würde, sondern weil die Reifen einfach nicht für höhere Geschwindigkeiten ausgelegt sind. SP-X