Wolfsburg
Der Polo spielt Golf

Mehr Platz, voll digitalisiert und komplett individualisierbar: Volkswagen greift im Kleinwagensegment an

20.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:55 Uhr

Foto: DK

Wolfsburg (DK) Länger, größer, schnittiger, mit Erdgas - und allem technischen Schnickschnack, den man sonst vom Golf oder Passat kennt: Der neue Polo beeindruckt und ist selbst in der Basisversion gut ausgestattet.

Seine Putzigkeit hat er verloren, der neue Polo. Nicht nur optisch sieht die sechste Generation deutlich kantiger und schnittiger aus, sie ist auch ganz real gewachsen: Der Polo misst jetzt 4,05 Meter und ist damit acht Zentimeter länger als sein Vorgänger, in der Breite hat er sieben Zentimeter dazugewonnen, beim Radstand neun. Das merkt man auch im Inneren, auf der Rücksitzbank hat man relativ bequem Platz. Das Kofferraumvolumen ist durch den Zuwachs nun auf 351 Liter gestiegen - 71 Liter mehr als beim Polo V. Übrigens: Das sind nur noch knapp 30 Liter weniger als beim aktuellen Golf. Weil sich zuletzt der Dreitürer kaum noch verkauft hat, gibt es den Neuen nur noch mit fünf Türen. Statt auf Optik setzt der typische Polo-Käufer scheinbar immer noch zuallererst darauf, ob das Auto auch alltagstauglich ist. Mit den großen Seitentüren des Dreitürers lässt sich nur schwer aus einer engen Parklücke aussteigen. Und Kinder auf der Rücksitzbank anschnallen geht auch komfortabler mit einem Fünftürer.

Aber nicht nur physisch ist der neue Polo größer - auch das Angebot an Fahrassistenzsystemen ist deutlich umfangreicher. Und hier sind wir wieder bei der Ähnlichkeit zum Golf. Selbst in der Basisversion für 12 975 Euro bieten die Fahrzeugbauer aus Wolfsburg ein beachtliches Spektrum: Künftig ist der "Front Assist" an Bord, eine automatische Notbremsfunktion inklusive Fußgängererkennung. Spurwechselassistent, Tempomat mit Abstandhalter, Ausparkhilfen mit Umfeldbeobachtung und Bremsfunktion sind ebenfalls erhältlich. "Hightech demokratisiert" nennt man das bei Volkswagen, Hightech für alle - allerdings gegen Gebühr. Bei der Vorstellung des Kleinen in Berlin sagte VW-Markenchef Herbert Diess stolz: "Der neue Polo bietet die gleichen Technologien wie der Golf."

14 Millionen Mal ist der Polo nach Angaben von VW seit 1975 verkauft worden - und die sechste Generation ist optisch modern, individuell und schnittig. Unter der Motorhaube setzen die Wolfsburger aber weitestgehend auf Altbewährtes. Es sind ausnahmslos Verbrennungsmotoren, die den Polo antreiben. Die sechs Benzinmotoren sind von 65 bis 200 PS zu haben, die zwei Dieselmotoren bringen 80 beziehungsweise 95 PS auf die Straße. Neu erhältlich ist die Erdgasvariante, der Polo 1.0 TGI mit 90 PS Leistung und Fünfgang-Schaltgetriebe. Auf einen E-Polo aus Wolfsburg muss man derweil noch warten. Die Erdgasmotoren stoßen zwar mehr CO2 aus als die Selbstzünder, aber immerhin weniger als Benziner.

Total im Trend präsentiert sich das Interieur, genauer gesagt das Cockpit. Der Polo bietet - optional - ein digitales Tachofeld an. Das Auto wird immer mehr zum Computer - was vor allem jüngere Fahrer schätzen. Das Infotainment-System ist vielfältig konfigurierbar, Tacho, Navigation oder Playlist lassen sich auf einem Splitscreen darstellen. Der optionale Touchscreen auf der Armaturentafel ist acht Zoll groß und mit Glas überbaut - und fühlt sich ein bisschen wie ein iPhone an. Von hier werden die Infotainment-Funktionen gesteuert.

Auffällig ist auch, wie sehr der neue, gar nicht mehr ganz so kleine "Kleinwagen" individualisierbar ist. Tatsächlich ist es unwahrscheinlich, dass ab diesem September zwei identische Polos auf Deutschlands Straßen zu sehen sein werden. Volkswagen geht da klar mit der Zeit, der Kunde will seinen Wagen konfiguriert nach seinen Vorstellungen - egal, ob es ein Kleinwagen oder ein Oberklassemodell ist. Bei der Außenlackierung kann der Käufer aus 14 Farben wählen, bei den Sitzen stehen elf Variationen zur Verfügung, bei den Felgen zwölf. Der Autobauer aus Wolfsburg selbst vergleicht das zweitkleinste Auto seiner Produktpalette mit dem A1 von Audi oder dem Mini. Nicht zu Unrecht: Der Kleinwagen aus Ingolstadt hat zwar sage und schreibe 21 Außenlackierungen im Angebot, elf kosten aber einen satten Aufpreis von mindestens 2300 Euro. Seinen Mini kann man in zehn verschiedenen Farben bestellen. Audi bietet außerdem 14 Felgenvarianten an, für den Mini sind es acht. Spitzenreiter ist der Polo bei den elf Polstermodellen. Im A1 kann man aus zehn Sitzbezügen wählen, beim Flitzer aus England aus fünf.

Zu guter Letzt einen Blick auf den Preis: Mit seinen 12 975 Euro kommt der Polo im Vergleich mit den Konkurrenten aus Ingolstadt und England gut weg. Der A1 kostet rund 17 000 Euro, der Mini 16 400 Euro. ‹ŒDK