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Der Künstler hinter der Werbeikone

Nikolaus Hipp zeigt seine Werke bei einer großen Einzelausstellung im Rahmen der "Paradiesspiele"

20.06.2013 | Stand 03.12.2020, 0:00 Uhr

Erfolgreicher Künstler und Unternehmer: Professor Nikolaus (Claus) Hipp in der Verwaltungszentrale des Hipp-Werkes vor einem seiner abstrakten Ölgemälde. Am heutigen Freitag ist um 19 Uhr öffentliche Vernissage in der Pfaffenhofener Kulturhalle - Fotos: W. Hailer

Herr Hipp, vom 22. Juni bis 21. Juli zeigen Sie in der Pfaffenhofener Kulturhalle Ihre Werke bei einer großen Einzelausstellung im Rahmen der „Paradiesspiele“. Wie stellt sich der bekennende Katholik das Paradies vor? Labt man sich dort vielleicht an Hipp-Biomüsli anstatt an himmlischem Manna?

Nikolaus Hipp: Im Paradies, vermute ich, werden wir bestimmt nichts mehr essen. Aber ich glaube dort Menschen zu treffen, die wir in unserem früheren irdischen Leben schon kennengelernt haben und auch welche, denen wir auf dieser Welt noch nicht begegnet sind. Das wäre schon spannend. Dabei würden mich weniger die großen Persönlichkeiten der Weltgeschichte interessieren, als vielmehr meine Vorfahren, von denen ich schon viel gehört habe, die ich aber nicht mehr treffen konnte.

Der Titel des Kulturfestivals bezieht sich auf das Volksstück „Der Brandner Kaspar schaut ins Paradies“ von Joseph Maria Lutz. Welche Erinnerungen verbinden Sie mit dem Dichter?

Hipp: Ich habe Lutz noch persönlich kennengelernt. Mein Vater hat gleich nach dem Zweiten Weltkrieg die Pfaffenhofener Sternsinger-Tradition wieder belebt und Lutz den Auftrag gegeben, Verse für die Kinder zu schreiben, die als Heilige Drei Könige von Haus zu Haus gezogen sind. Auch Pater Augustin, mein Deutschlehrer im Scheyerer Gymnasium, hat mir viel über seinen Freund Joseph Maria Lutz erzählt. Mich verbindet  mit Lutz auch, dass ich mit meinen georgischen Kunststudenten im letzten Jahr das Bühnenbild für eine neue Brandner-Oper beim Opernfestival auf Gut Immling im Chiemgau gestalten durfte. Wegen des großen Erfolges wird das Stück heuer neben anderen Inszenierungen nochmals aufgeführt. Die Arbeiten für das Bühnenbild haben wir in Pfaffenhofen in den Werkstätten des Hippwerks erledigt.

 

Joseph Maria Lutz wurde im Alter von 75 Jahren Ehrenbürger der Stadt. Sie haben diese Auszeichnung schon zum 65. Geburtstag vor zehn Jahren bekommen. Welchen Stellenwert hat der Titel für Sie unter den vielen anderen hochkarätigen Ehrungen, mit denen Sie persönlich und Ihr Unternehmen schon bedacht worden sind?

Hipp: Das ist natürlich eine sehr schöne Anerkennung von der Stadt, in der unser Unternehmen gegründet wurde und bis heute verwurzelt ist. Mein Vater musste ja vor dem Zweiten Weltkrieg nach München umziehen, weil die Pfaffenhofener Nationalsozialisten unserer Familie damals große Schwierigkeiten gemacht hatten. Erst als wir 1943 in München ausgebombt wurden, sind wir wieder nach Pfaffenhofen zurückgekommen. Und wenn die Stadt die Arbeit, die hier geleistet wurde, auf diese Weise würdigt und sich einen heraussucht, der für alles steht, dann freut mich das schon sehr. Den Ehrenbürgertitel sehe ich, wie alle anderen Auszeichnungen, als Anerkennung für die Leistung meiner gesamten Mannschaft, ohne sie könnte ich als Einzelner nichts erreichen. Deshalb sind sämtliche Preise und Ehrenurkunden für alle Mitarbeiter sichtbar bei uns im Betriebsrestaurant ausgestellt.

 

Zurück zum Thema Paradies. Beschäftigt Sie die Frage, was nach dem irdischen Leben kommt, auch in Ihrer Kunst?

Hipp: Im Münchener Frauendom hängt von mir ein großformatiges Gemälde, das den Schlusssatz unseres Glaubensbekenntnisses enthält: …et in vitam venturi saeculi – …und an das Leben in der künftigen Welt. In dem Bild habe ich den Übergang vom Leben zum Tod und zum Paradies als natürliches Ziel unseres Daseins in bunten, positiven Farben dargestellt. Die Unendlichkeit ist in Parallelen ausgedrückt, die von unten aus dem dunkleren Teil in den hellen Bereich aufsteigen und oben über den Bildrand hinauslaufen.

 

Warum treten Sie als Unternehmer mit dem Kurznamen Claus, als Künstler aber mit Ihrem Taufnamen Nikolaus auf?

Hipp: Meine künstlerische Arbeit wollte ich ganz bewusst von meiner Tätigkeit als Unternehmer trennen, um aus dieser Verbindung weder einen Bonus noch einen Malus zu haben. Der große Bekanntheitsgrad als Chef von Hipp Babynahrung kann sich auch als Handicap erweisen, weil man als Künstler vielleicht nicht ernst genommen wird und manche Leute abfällig sagen, ja malen tut er auch noch. Deshalb habe ich auch immer Wert darauf gelegt, die gleiche Qualifikation wie andere professionelle Maler zu erbringen und eine Lehrtätigkeit als Kunsterzieher und Professor an der Akademie ausgeübt.

 

Sie malen fast ausschließlich nicht-gegenständlich. Wo finden Sie die Inspiration und wie entstehen Ihre abstrakten lyrischen Lebenswelten, wie eine Kalenderserie mit Ihren Werken heißt?

Hipp: Wie jeder Mensch bin ich beeinflusst von vielen Reizen und Impulsen, die dann in meiner schöpferischen Arbeit wieder zum Ausdruck kommen. Beim Malen beginne ich immer mit einer bestimmten Form, oder auch mehreren Formen, und versuche dann mit den Farben im Bild eine Spannung zu erzeugen. Nur manchmal nehme ich mir bei meinen Arbeiten bestimmte Themen vor, zum Beispiel bei großen Auftragswerken wie einem Gemälde mit dem Titel Ehrbares Kaufmannstum, das im Haus der Deutschen Wirtschaft in Berlin hängt. Die allermeisten meiner Bilder haben aber keine Titel, um den Betrachter in der eigenen Interpretation des Werkes nicht einzuengen.

 

Die künstlerische Betätigung hat in Ihrer Familie eine lange Tradition. Wie hat Sie das geprägt?

Hipp: Auch mein Vater, der Großvater und schon der Urgroßvater waren in ihrer Freizeit neben dem Beruf künstlerisch aktiv und sehr gute Maler und Zeichner. Und in der Familie meiner Mutter in der Schweiz gibt es ebenfalls eine lange künstlerische Tradition. Es gab akademische Maler, Kirchenmaler und über viele Generationen Glasmaler. Jetzt ist auch Benedikt Hipp, der Sohn meines Cousins Hans, hauptberuflich als freischaffender Künstler tätig und dabei überaus erfolgreich, was mich natürlich sehr freut. Und es ist vielleicht auch ganz gut, dass wir uns als Maler doch auf zwei ganz unterschiedlichen Gebieten bewegen.

 

Hätten Sie sich in jungen Jahren auch vorstellen können, nicht ins Unternehmen einzusteigen, sondern sich ganz der Kunst zu verschreiben?

Hipp: Diese Überlegung gab es schon. Aber mein Vater hat mir geraten, einen solchen Schritt genau zu überlegen. Er hat gesagt: „Hier hast du ein gutes Unternehmen, aus dem du sicher etwas machen kannst, aber eine Garantie, dass du in der Kunst Erfolg haben wirst, kann dir keiner geben.“ Den Schritt, die Firma zu übernehmen, habe ich aber noch nie bereut. Wahrscheinlich wäre mir die Malerei alleine auch nicht Erfüllung genug gewesen.

  

Sie sind Chef eines erfolgreichen Unternehmens und Professor in Georgien. Daneben züchten Sie Pferde und Rinder auf ihrem Bauernhof bei Prambach, kümmern sich als Mesner um die Wallfahrtskirche Herrnrast, spielen Oboe im Münchener Behördenorchester. Sie schreiben Bücher und halten Vorträge über ethische Unternehmensführung. Hat der Tag für Claus Hipp mehr als 24 Stunden?

Hipp: Das sicher nicht. Ich stehe früh auf und gehe relativ früh schlafen. Und alleine könnte man die Arbeit natürlich nicht schaffen. Aber ich habe immer gute Leute um mich herum, auf die ich mich verlassen kann. Was meine Lehrtätigkeit an der Kunstakademie und an der betriebswirtschaftlichen Fakultät in Tiflis betrifft, so bin ich nur etwa alle sechs Wochen in Georgien. Dank der modernen Medien kann ich vieles von Pfaffenhofen aus erledigen, die Studenten schicken mir ihre Arbeiten hierher zur Bewertung oder kommen auch für Projekte nach Pfaffenhofen.

 

Sie werden im Oktober dieses Jahres Ihren 75. Geburtstag feiern. Spielen Sie da mit dem Gedanken, sich aus dem Geschäftsleben doch etwas zurückzuziehen und mehr Zeit der Malerei und der Musik zu widmen?

Hipp: Im Augenblick gibt es für mich im Unternehmen noch vieles zu tun und so lange ich gebraucht werde, mache ich auch noch weiter. Meine Kinder sind mir gegenüber kritisch genug, um mir zu sagen, wenn sie mich nicht mehr brauchen. Vor über 20 Jahren haben wir damit begonnen, die Werbung für Hipp-Produkte sehr stark mit meiner Person und dem Slogan „Dafür stehe ich mit meinem Namen“ zu verknüpfen. Damit sind wir bis heute sehr erfolgreich und haben uns einen Vorteil gegenüber den Großkonzernen verschafft, die eben nicht so personenbezogen um das Vertrauen der Verbraucher werben können.

 

Was hat der Künstler Nikolaus Hipp außer seiner Beteiligung an den Paradiesspielen in diesem Jahr sonst noch vor?

Hipp: Neben Pfaffenhofen gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Ausstellungen. Im Sommer findet auch wieder das von mir 2008 initiierte Kammermusikfestival in Obwalden am Sarner See in der Schweiz statt, wo Spitzenmusiker des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks gastieren. Mit dem Bayerischen Behördenorchester werde ich als Oboist wieder bei verschiedenen Konzerten auftreten. Wir würden auch gerne mal wieder in Pfaffenhofen spielen, wenn man uns ruft. Und dann freue ich mich ganz besonders auf die neue Produktion des Joseph-Hipp-Puppentheaters, das ich mit meinen georgischen Studenten vor vier Jahren gegründet habe – in Erinnerung an meinen Großvater, der als begeisterter Puppenspieler die Kinder mit seinem Kasperltheater unterhalten hat. Unser Theater hat einen höheren künstlerischen Anspruch. Mit den Puppen, die alle von meinen Studenten selbst hergestellt werden, haben wir im letzten Jahr den Kaukasischen Kreidekreis von Bertolt Brecht aufgeführt. Heuer spielen wir Black Dragon von Jewgeni Schwarz, einem russischen Schriftsteller, der unter Stalin verboten war. Das Stück wird auch in Pfaffenhofen zu sehen sein. Das Gespräch führte

Willy Hailer