Der Gerolsbacher "Bürgermeister-Zauberstab"

31.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:42 Uhr

Zum Bericht "Alberzeller Bauunternehmen will erweitern" (SZ vom 22. Juli):

Liebe Gerolsbacher Buben und Mädchen, falls euch in den Sommerferien an einem Regentag mal langweilig ist, rechnet doch mal aus, was es für einen Unterschied ausmacht, ob das Familienunternehmen des Herrn S. erweitern oder sich ein normaler Gewerbetreibender ansiedeln will. Herr S. lässt per Bürgermeister-Zauberstab einen 30 000-Quadratmeter-Acker in ein Firmengelände umwandeln. Das kostet ihn ein Fingerschnipsen und ein Simsalabim, und schon heben fast alle Gemeinderäte die Hand dafür. Herr X., der nicht politisch aktiv in Gerolsbach ist, sondern nur ein Gewerbe betreiben will, zahlt den Markpreis für jeden Quadratmeter Gewerbegrund . . . und wundert sich. Aber er hat halt keinen Zauberstab und kein Amt und zahlt damit automatisch mehr. Zumindest in Gerolsbach. Jetzt rechnen wir mal genau: 30 000 Quadratmeter, das wären beispielsweise bei einer Wertsteigerung durch den Zauberstab von nur 50 Euro pro Quadratmeter? Genau: 1 500 000 Euro Wertzuwachs . . . das schafft so ein Bürgermeisterzauberstab locker. Und das auch, ohne dass dabei was an die Gemeinde abgetreten werden muss. Der Herr Gewerbetreibende X bekommt diese 1,5 Millionen Euro nicht, sondern muss sich sein Gewerbegebiet zum regulären Marktpreis bei der Gemeinde, oder wo auch immer, kaufen. Aber er hat auch keinen Zauberstab. Beim Bürgermeister werden hingegen aus jetzt zirka 9000 Quadratmeter dann 39 000 Quadratmeter bebaubares Gelände, das sogar für "Mitarbeiterwohnungen" geeignet sein soll. So ein Bürgermeister-Zauberstab ist doch toll, oder? Ist er auch gerecht? Denn wer keinen Bürgermeister-Zauberstab hat und trotzdem auf seinem Grund ein Baugebiet will, muss was an die Gemeinde abtreten.

Aber so ein Zauberstab kann noch mehr. Ein Bürgermeister kann eigentlich nicht alles alleine bestimmen. Da gibt es Gemeinderäte, die den Bürgermeister und seine Verwaltung überwachen sollten, eigentlich. Aber da auch Gemeinderäte von dem Zauberstab etwas gezaubert bekommen, werden auch aus vielen Räten brave Helferlein gezaubert, ist doch toll oder? Dann wird weniger kontrolliert und mehr gemeinsam gezaubert. Wenn so ein Bürgermeister in einem Zauberverein ist, bei dem auch viele andere und große Zauber-Politiker sind, die eigentlich darauf aufpassen sollten, dass er seinen Zauberstab nur zum Wohl der Allgemeinheit einsetzt und nicht zum eigenen Vorteil, ist es aber oft so, dass eine Zauberkrähe keiner anderen Zauberkrähe ein Auge aushackt. Deshalb können Politiker zaubern und die normalen Bürgen schauen in die Röhre. Also, liebe Gerolsbacher Buben und Mädchen, überlegt euch gut, was ihr mal beruflich machen wollt . . .

Das nächste Mal machen wir Heimat- und Sachkunde. Da schauen wir, was und wo so ein Zauberstab schon gewirkt und welche Spuren er hinterlassen hat . . .

Stefan Maurer

fraktionsloser Gemeinderat

Gerolsbach