Volkersdorf
Hannah spendet ihre Haare

13-jährige Schülerin will einem krebskranken Kind eine Freude bereiten

19.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:11 Uhr

Sie hat's getan: Hannah Pickard hat sich die Haare für einen guten Zweck abschneiden lassen - ihre Freundinnen konnten es kaum glauben. - Fotos: privat; De Pascale

Volkersdorf/Schrobenhausen (SZ) Die Haare müssen ab! Wenn Heidi Klum dieses scharfe Urteil über eine ihrer Topmodel-Azubinen fällt, dann fließen schon mal Tränen. Auch die Freundinnen von Hannah Pickard aus Volkersdorf bei Jetzendorf können sich nicht vorstellen, ihre Haare aus welchem Grund auch immer zu opfern. Hannah tat es trotzdem.

Die 13-Jährige spendete ihre Haare, um damit einem Kind eine Freude zu bereiten. Einem Kind, das seine eigenen Haare verloren hat - etwa durch Chemotherapie oder eine schwere Verbrennung.

"Über Instagram habe ich gesehen, dass das ein Mädchen gemacht hat", berichtet Hannah, wie sie überhaupt auf die Idee gekommen ist, ihre Haare zu spenden. Versucht, ihr das Ganze auszureden, habe sie nie, erzählt Hannahs Mutter Eva Höchtl. Viel mehr habe sie sich dann schlau gemacht, wie das am besten abgewickelt werden könnte. Sie recherchierte im Internet. "Kunsthaarperücken sind relativ billig, Echthaarperücken wahnsinnig teuer", fand sie heraus, "und das Problem ist, dass es ganz viele schwarze Schafe gibt".

Schließlich sei sie dann auf den Verein Haarfee in Österreich gestoßen, eine unabhängige Non-Profit-Organisation, die garantiert, dass aus den gespendeten Haaren auch wirklich eine Perücke für Kinder hergestellt wird. Denn eine einzige Bedingung hatte Hannah gestellt: Ihre gespendeten Haare sollte ein Kind bekommen. Dass sich Haarfee ausschließlich aus Spenden finanziert, verstärkte das Vertrauen der beiden in den Verein.

Was andererseits jedoch bedeutet: Mit der Haarspende allein ist es nicht getan. Denn um eine Perücke herzustellen, sind zusätzlich rund 500 Euro nötig. Und auch dazu hat Hannah, die zurzeit die Franz-von-Lenbach-Schule besucht, bereits einen Plan ausgeheckt: Sie stellte ihr Anliegen der Lehrerin vor, die präsentierte es dann der Direktorin - alle waren sie hellauf begeistert. "Bei einer Schule von 600 Schülern sollten doch eigentlich locker 500 Euro zusammenkommen", ist Hannah zuversichtlich, das Geld aufzutreiben, es müsste eben nur so gut wie jeder einen einzigen Euro spenden.

Wer Hannah schließlich ihre flotte Kurzhaarfrisur verpassen durfte - auch diese Entscheidung haben sich Mutter und Tochter gut überlegt. Letztlich fiel die Wahl auf einen jener Friseure, die mit Haarfee kooperieren. Da hätte Hannah die Haare sogar kostenlos geschnitten bekommen - die beiden spendeten dennoch etwas.

Das sei alles sehr professionell gelaufen, erzählt Eva Höchtl. "Die trennten die Haare mit speziellen Gummis, flochten vier Zöpfe, bevor sie die dann abschnitten", beschreibt sie die Prozedur, die Hannah über sich ergehen lassen musste. Richtig einfach war das bei der 13-Jährigen nicht: "Die hat ja Haare, das ist der Wahnsinn, die sind so dick und schwer", schwärmt Eva Höchtl. Deshalb habe die Friseurin ihre liebe Mühe gehabt, die dicken Zöpfe abzuschnippeln. Mindestens 25 Zentimeter müssen Spenderhaare lang sein, das hat sie locker geschafft.

Die Haare kürzer zu tragen, hatte Hannah nie vorgehabt, im Gegenteil: Eigentlich wollte sie sie immer wachsen lassen. Bereut hat sie ihre Entscheidung dennoch nicht. Auch nicht in jenem Moment, als beim Friseur der zuvor abgehängte Spiegel gelüftet wurde und sie sich zum ersten Mal mit kurzen Haaren sah. Auf diesen Moment hatte sie sich bereits vorbereitet: "Auch wenn's nicht schön aussieht, ist das nicht schlimm - denn ein anderes Kind ist dann ganz glücklich", hatte sie sich vorher Mut gemacht. Das Thema hatte sich aber schnell erledigt - denn die kurzen Haare stehen Hannah ausgesprochen gut.

Das finden auch Hannahs Freundinnen. Nachahmer hat sie trotzdem noch nicht gefunden. "Meinen Freundinnen sind ihre Haare heilig", erzählt Hannah. Entsprechend fielen dann auch die Reaktionen aus: "Die meisten sind sich sicher: Das würden sie sich nie machen lassen", erzählt Hannah. "Die sehen halt nicht den Spendenzweck, sondern nur, dass die Haare für sie weg sind."

Ob ihre Tochter schon immer eine derart ausgeprägte soziale Ader hatte? "Sie ist so", sagt Eva Höchtl. "Ich war in dem Alter vielleicht auch sozial, aber dass ich so cool gewesen wäre, mir die Haare abzuschneiden, damit ein anderes Kind glücklich ist . . ." Und Hannah setzt noch eins drauf: Jetzt lässt sie sich die Haare wieder wachsen - um sie dann in zwei, drei Jahren erneut zu spenden.