Schrobenhausen
Smartphone-Streichler am Steuer

Dieses Jahr schon mehr als 100 Handydelikte auf Schrobenhausens Straßen – hohe Dunkelziffer

20.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:20 Uhr

 

Schrobenhausen (SZ) Am Wochenende sind wieder zwei junge Autofahrer auf den Straßen im Schrobenhausener Land von der Fahrbahn abgekommen. „Wegen Unachtsamkeit“, steht dazu im Polizeibericht. Am Radio herumgespielt? Oder vielleicht während der Fahrt mit dem Handy hantiert?

Wer kennt es nicht: Man fährt mit seinem Auto und plötzlich kommt einem ein Wagen entgegen, der die Spur nicht richtig hält, der über die Mittellinie fährt, spät in die Kurve geht. Nicht oft sieht man dann, dass der Fahrer darin nicht auf die Straße schaut, sondern auf sein Handy.

Oft hilft Hupen, um auf sich aufmerksam zu machen, doch manchmal hupt eben keiner und plötzlich wird hinter dem Handydisplay aus der Straße ein Feld. Wenn der Fahrer Glück hat, wenn nichts kommt wie vielleicht ein Fluss, ein Pfeiler, ein Baum. „Das Handy am Steuer ist auf jeden Fall gefährlich und keine Seltenheit“, sagt Werner Semmler (kl. Foto), stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion in Schrobenhausen. Mehr als 100 Handyverstöße hat die Schrobenhausener Polizei allein im ersten Halbjahr 2014 festgestellt – „und die Dunkelziffer ist sehr hoch, die Polizei achtet zwar darauf, aber wir können nicht überall präsent sein“, erklärt Werner Semmler.

Dabei müsste das doch gar nicht sein. Wer sich nicht einmal am Steuer von seinem Handy trennen kann, hat ja die Möglichkeit, über eine Freisprechanlage zu telefonieren. In den neueren Autos ist die eh standardmäßig vorhanden, ansonsten kann man sich ein einfaches Gerät zukaufen. Nur streicheln darf der Autofahrer sein Smartphone bei laufendem Motor nicht, ganz gleich wie smart es auch immer sein mag – auch wenn er es so sehr liebt, dass er kaum die Finger davon lassen kann, die Sicherheit muss vorgehen. Und zwar nicht nur seine eigene, sondern auch die aller anderen Verkehrsteilnehmer.

Wie viele Unfälle tatsächlich durch Handy am Steuer verursacht werden, ist schwer zu sagen. Ob die beiden Fälle im Schrobenhausener Land am Wochenende dazugehören, kann auch Werner Semmler nicht sagen. Es könnte auch andere Gründe gegeben haben. Nur bei ganz schweren Unfällen werde das Handy nachher ausgewertet. Ansonsten ist auch hier die Dunkelziffer einfach hoch, doch die Vermutung bleibt bestehen.

Für einen Handyverstoß mit Bußgeld genügt es übrigens, das Telefon in der Hand zu haben. „Sobald man draufschaut, lenkt es ab“, sagt Werner Semmler. Die mehr als 100 Verstöße in und um Schrobenhausen in einem halben Jahr sind nicht gerade wenig und die Zahl könnte noch viel höher sein, wäre es nicht ein reines Kontrolldelikt. „Keiner geht zur Polizei und zeigt sich selber an“, erklärt Werner Semmler. Will heißen: Nur wer auf frischer Tat ertappt wird, kommt auch in diese Statistik. Da kann man sich ungefähr vorstellen, wie viele Fahrer tatsächlich nebenbei mit dem Handy spielen, SMS lesen, eine WhatsApp-Nachricht verschicken, ein Foto posten, ein anderes kommentieren. Und wer statt auf sein Handy aufmerksam aus seiner Frontscheibe schaut, kann es in den entgegenkommenden Autos auch sehen – und zumindest gegebenenfalls noch hupen, bevor der Smartphone-Streichler frontal auf einen zukommt. „Oder sich das Kennzeichen aufschreiben und zur Polizei gehen“, sagt Werner Semmler.