Schrobenhausen
Nur 4830 Wähler in der Stadt

Auf der Suche nach Gründen für den Europawahl-Flop

26.05.2014 | Stand 02.12.2020, 22:39 Uhr

Berge von Stimmzetteln sehen anders aus: Zur Europawahl gingen in Schrobenhausen gerade mal 4830 Bürger zu Wahl, das sind 36,3 Prozent der Stimmberechtigten - Foto: Tamm

Schrobenhausen (SZ) 36,3 Prozent Wahlbeteiligung – das ist ein historischer Tiefstand in Schrobenhausen. Nur 4830 Bürger machten sich die Mühe bei der Europawahl ihr Kreuzchen zu machen, das sind 36,3 Prozent – nur in Königsmoos waren es noch weniger. Warum

„Ein bisschen ist das natürlich Kaffeesatzleserei“, meinte Bürgermeister Karlheinz Stephan dazu gestern. Das Interesse an Europawahlen sei ja noch nie besonders groß gewesen, auch deshalb, „weil die Köpfe der Handelnden einfach nicht so bekannt sind“. Die EU sei für viele „ein anonymes Konstrukt“, das aufzulösen sei schwierig. Dafür, dass es in Neuburg, der weit größeren Stadt im Landkreis, die Wahlbeteiligung diesmal höher war, hat der Bürgermeister aber eine Erklärung: „Da ging es ja auch um die Frage der zweiten Donaubrücke, das wird einige Bürger mehr motiviert haben.“ Ohne diesen Bürgerentscheid wäre das Bild womöglich ein anderes gewesen.

Der Schrobenhausener SPD-Chef Robert Huber hat eine ganze Reihe von Erklärungen für die spezielle Schrobenhausener Wahlmüdigkeit, auch die zusätzliche Bürgermeisterwahl außer der Reihe im Jahr 2012. Die Bürger hätten zuletzt schon reichlich oft an die Urnen gehen müssen.

Und: Das Engagement der örtlichen Parteien sei bei dieser Europawahl nicht sonderlich groß gewesen, „außer uns und der ÖDP habe ich zuletzt am Wochenmarkt niemanden entdecken können“, sagte er. Was den Plakatwahlkampf anbelangt, habe die SPD das aufgehängt, was genehmigt war. „Aber Sie können in Schrobenhausen gar nicht so schnell Plakate aufhängen wie sie wieder heruntergerissen werden.“ Es gebe da einige Ecken in der Stadt, da könne man die Plakatständer auch gleich zu Brennholz machen – denn zu nichts anderem seien sie nach einem Wahlkampfeinsatz mehr zu gebrauchen.

Dass die AfD massiv Wahlkampf gemacht habe, sei nicht zu übersehen gewesen. Er habe außerdem den Eindruck gewonnen – und da ist er offenbar nicht allein –, dass die NPD sich in Schrobenhausen stärker engagiert habe als in den Gemeinden und Städten der Umgebung. „Vielleicht sollte sich der Bürgermeister doch einmal die Frage stellen, ob Schrobenhausen einen Integrationsbeauftragen braucht“, sagte Huber.

Im Allgemeinen stelle er folgende Trends fest: dass es „immer mehr gesellschaftliche Gruppen gibt, die meinen, dass Gestaltung nicht mehr über Politik erfolgt“. Erst neulich habe er einen Gewerkschafter gehört, der sagte: „Wenn es nicht gelingt, politische Mehrheiten für unsere Ziele zu organisieren, dann müssen wir sie über die Tarifverträge erreichen.“ Aus Sätzen wie diesen zöge er den Schluss, dass sich politisches Engagement für immer mehr Menschen nicht mehr lohne. Und die Gruppe derer, die der Meinung sind, dass Wählen „eh nichts bringt“, werde immer größer.

Auch bei der örtlichen CSU wird die Wahl analysiert. Offensichtlich sei es – und das gelte für alle Parteien – nicht gelungen, die Wichtigkeit der Europawahl herauszustellen, mutmaßte CSU-Chef Josef Soier gestern in einer ersten Reaktion. „Aber wir müssen uns fragen lassen, ob wir dafür genügend getan haben“, sagte er, auch wenn das Ergebnis der Schrobenhausener CSU selbst mit 45,5 Punkten deutlich besser war als der Landesschnitt. In Gesprächen im Bekanntenkreis sei ihm allerdings in den vergangenen Wochen immer wieder Desinteresse an der Europawahl und auch Wahlmüdigkeit begegnet. Ob das Ergebnis der AfD in Schrobenhausen auf deren sehr engagierten Plakatwahlkampf zurückzuführen sei, müsse man noch analysieren. 36,3 Prozent, das sei schon sehr wenig. So richtig erklären könne er sich das auch nicht.