Schrobenhausen
Von Isarpreißn und Bayern

Internetstar Harry G. begeisterte in der voll besetzten Schweißerei

25.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:30 Uhr

Foto: Ute de Pascale

Schrobenhausen (SZ) Bissig, witzig, gern auch mal unter der Gürtellinie: Harry G. brachte am Dienstagabend mit seinem Programm „Leben mit dem Isarpreiß“ die Alte Schweißerei der Bauer AG zum Brodeln.

„I kannt scho wieda schbeim“, sagt Harry G. – hinter dem sich der gebürtige Regensburger Markus Stoll verbirgt –, hat er doch im Publikum schon wieder den ersten „Preißn“ entdeckt. Und an dem statuiert er dann gleich ein Exempel: „I gib da an Zwanzger, wennst di schleichst.“ Da ist schnell klar: Mit Samthandschuhen wird hier heute keiner angefasst. Wobei: „Mancher Preiß“ sei ja ungefährlich, findet Harry G. „Des was ihr in Schrobenhausen habts, is ungfährlich. Ned so wie da Isarpreiß“. Und so singt Harry G. dann knapp zwei Stunden lang das alte Lied von den Preußen und den Bayern.

Auch wenn nicht jeder seiner Gags inhaltlich brandneu daherkommt, bringt Harry G. das alles ungemein witzig auf die Bühne. Das Publikum jedenfalls hat er vom ersten Moment an in der Tasche. Überwiegend jüngere Leute sind da, was bei einem, der mit Videoclips im Internet berühmt wurde, auch nicht weiter verwundert. Und die Leute kommen von weiß Gott wo her, was die Autokennzeichen vor der Schweißerei vermuten lassen.

Doch nicht nur der Isarpreiß kriegt sein Fett weg, irgendwie ist keiner vor Harry G. sicher. Alfons Schuhbeck nicht, „egal, was is, der duad einfach nur a bissl Ingwer drauf“; die Berliner nicht, „in der Zeit, die die für eanan Flughafen braucha, ham mia die Wiesn acht moi auf- und wieda abbaut und a paar Millionen Leit abgfertigt“; der Bayer selber aber auch nicht: „Wir Bayern sind ja nicht unbedingt bekannt für unsere Freundlichkeit.“ Und da wären noch die Tiroler, die Chinesen oder die Ostdeutschen, deren sprachliche Eigenheiten Harry G. unnachahmlich rüberbringt. Besonders süffisant lässt er sich jedoch über die Münchner Bussi-Bussi-Gesellschaft aus, grantelt über Hundebesitzer, die ihre Tiere zweisprachig erziehen, oder Leute, die sich drei Stunden lang in den Stau stellen, für eine Halbe am Tegernsee.

Der Schein, dass da ein junger Mann, relativ unspektakulär in Jeans und Hemd und mit Hut auf dem Kopf, auf der Bühne steht, trügt übrigens. Denn Harry G. ist nicht allein. Dabei hat er den Möchtegern-Bayern Arno. Und den Günther. Aber vor allem ihn: den Alfons. Allesamt fiktive Figuren, die Harry G. dermaßen lebendig verkörpert, dass sie wahrscheinlich jedem im Publikum irgendwann vor dem geistigen Auge erscheinen. Vor allem der Alfons. Wie er einen tiefen Zug von seiner Zigarette nimmt und in einer Bassstimme palavert, die die Schweißerei ein ums andere Mal zum Beben bringt. Alfons als Telefonseelsorger. Alfons und sein Hund namens „Zefix“. Alfons, als er einen Porno synchronisiert. Für Zartbesaitete ist das alles freilich nichts. Aber zartbesaitet sind die Leute in der Schweißerei auch nicht. Sie kringeln sich bei jedem von Harry G.s Knaller.

Auch dann noch, als er nach der Pause eine etwas härtere Gangart einlegt. Denn Political Correctness hat offenbar ausgedient. Der Sonnengruß sei ja die Anfangsfigur beim Yoga, sagt Harry G. „Und i hab immer gmoant, die Zeiten, wo sich mehrere Menschen zu einem einheitlichen Gruß versammeln, san seit siebzg Jahr vorbei.“ Als sich unter das schallende Gelächter des Publikums dann doch ein gewisses Raunen mischt, schiebt er nach: „Ihr hättet mal erleben sollen, wia i den Gruß am Sonntag in Dachau bracht hab.“ Viele in der Schweißerei finden’s lustig, anderen bleibt dann doch das Lachen im Hals stecken. Fast schon harmlos kommt da im Vergleich die Prise schwarzer Humor daher, mit der Harry G. in Richtung Ende seines Programms steuert. Das einzige, was morgens um vier – wenn er „besoffen Auto fährt“ – auf der Straße rumläuft, das sei „der 80-jährige Rentner, der nach drei Liter Kamillentee as Scheißhaus nimma find. Mal ganz ehrlich – der Mo hat achtzg Jahr lang glebt . . .“

Und was den Isarpreiß betrifft: Entwarnung für die Schrobenhausener gibt es doch nicht. „Wenn nämlich die Isarpreißen koane Katzn mehr ham deafa, koa Yoga mehr macha kenna, in München koa Wohnung mehr findn, dann drucka die Isarpreißn systematisch weiter aufs Land naus“, sagt Harry G. – und blickt dabei vielsagend in die Gesichter des Schrobenhausener Publikums.