Schrobenhausen
Urlaub, Mord und Heiterkeit

Knapp 100 Zuschauer besuchten die Lesungen von Lollo Daniel und Sonja Reichelt Patricia Schäfer krank

26.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:15 Uhr

Acht Geschichten und viele verschiedene Charaktere: Bei der Theaterlesung von Eleonore "Lollo" Daniel (l.) und Sonja Reichelt wurde herzhaft gelacht. Mit flotten Outfitwechseln, bissigen Dialogen und schauspielerischem Talent verdienten sich die beiden Schauspielerinnen ordentlich viel Applaus im Herzoganger-Filmtheater. - Foto: Vogt

Schrobenhausen (SZ) Ausdrucksstarke Frauen, witzige Texte und ein bisschen Urlaubsfeeling: Bei der Theaterlesung von Eleonore Daniel und Sonja Reichelt, die kurzerhand für die erkrankte Patricia Schäfer eingesprungen war, fügten sich diese Elemente zusammen. Knapp 100 Zuschauer waren an zwei Tagen ins Herzoganger-Filmtheater gekommen.

"Bei uns entscheidet Papa", sagt der kleine Nick, wenn es darum geht, das Urlaubsziel für die Familie auszuwählen. Das Dumme dabei: Papa möchte ans Mittelmeer, wo es für Nick im Gegensatz zur Nordsee weder genügend Fische, noch Steine, die er so gerne über das Wasser springen lässt, gibt. Das vorgesehene Hotel liegt außerdem zwei Kilometer vom Meer entfernt. Der Ärger bei der Urlaubsplanung ist vorprogrammiert.

Die Geschichte entstammt der Kinderbuchserie "Le petit Nicolas" ("Der kleine Nick") des berühmten französischen Comicautors René Goscinny und hätte thematisch auch am Anfang der Theaterlesung zum Thema Urlaub stehen können. Es geht schließlich um die richtige Planung.

Was anschließend passieren kann, verdeutlichen sieben andere Erzählungen, die auf der Bühne des Herzog-Filmtheaters aufgeführt werden. Gleich mehrmals wird dabei gemordet, in den Texten von Milena Moser meist absichtlich: Etwa weil ein nerviger Lastwagenfahrer eine Telefonzelle blockiert, aus der man nach langer Überlegung endlich die große Liebe anrufen will. In einer anderen Geschichte wird die selbst zusammengemixte, tödliche Sonnencreme zur Mordwaffe.

Die Münchner Schauspielerin mit Schrobenhausener Wurzeln, Eleonore Daniel, ist für die Auswahl und die Umsetzung dieser Texte verantwortlich. Ursprünglich gemeinsam mit ihrer Kollegin Patricia Schäfer, doch schon ein Schild am Eingang weist am Wochenende darauf hin, dass Schäfer krankheitsbedingt ausfällt und durch Sonja Reichelt ersetzt wird. Die ist freilich viel mehr als eine Notlösung. Reichelt ist Synchronsprecherin - unter anderem bekannt als Harry Potters Mutter oder Sabrina in der Fernsehserie "Sabrina - Total Verhext!" - und spielt aktuell am Blutenburg-Theater in München. Nur eine Woche hatten die beiden Schauspielerinnen Zeit, um die Theaterlesung in Schrobenhausen einzustudieren. Auf der Bühne merkt man davon nichts. Das Zusammenspiel harmoniert.

Nach jedem Stück werfen sich die beiden Protagonistinnen zu Paolo-Conte-Klängen in ein neues Outfit. Oft sind es nur kleine Accessoires, doch die Figuren werden durch die schlichte, aber wirkungsvolle Kostümierung lebendig. Auf der Bühne vermitteln Deko-Artikel und das passende Licht ein bisschen Urlaubsfeeling. Eine der beiden Schauspielerinnen liest dann jeweils den erzählerischen Haupttext, die andere interagiert. So entsteht die Mischung aus Lesung und Theaterstück.

Die unterschiedlichen Charaktere werden auf diese Weise etabliert, wie zum Beispiel der "Executive Vice President eines international tätigen Konzerns" mit Namen Hunold - eine Figur des bekannten Schweizer Schriftstellers Martin Suter, mit der er auf ironische Weise den Urlaub des gestressten Managers und Familienvaters ("Ernährers") beschreibt. "Wievielmal schlafen, bis Papi wieder arbeiten muss", fragt Tochter Annina nach dem ersten gemeinsamen Ferientag ihre Mutter. "Achtmal", antwortet diese, ohne darüber nachdenken zu müssen.

Das Publikum in Schrobenhausen lauscht gespannt, schmunzelt und lacht auch immer wieder laut. Rund 65 Zuschauer sind es am Samstagabend, etwas mehr als 30 am Sonntagvormittag, insgesamt also knapp 100. "Ich war schon ziemlich aufgeregt, weil ich ja so viele Leute hier kenne", gibt Daniel hinterher zu und ist umso zufriedener über den Verlauf des Wochenendes. Am Ende der beiden Vorstellungen gibt es viel Applaus, Freude an der Kleinkunst und auch ein bisschen am Urlaub.

Die Familie des kleinen Nick fährt übrigens nach Vlietland in den Niederlanden, also an die Nordsee. Direkt ans Meer, mit vielen Fischen und einem Steinstrand. Die Mutter hatte dort in weiser Voraussicht ein Hotel gebucht.