Schrobenhausen
"Ständig mit Hetzparolen konfrontiert"

HELFERKREISE: Wie Karlshuld und Schrobenhausen zurzeit zurechtkommen

11.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:13 Uhr

Das Containerdorf an der Bürgermeister-Götz-Straße ist das größte Aufgabenfeld der Schrobenhausener Helferkreise. - Foto: M. Schalk

Schrobenhausen (SZ) Wie stellt sich die Situation der Helferkreise im Schrobenhausener Land dar? Heute der Blick nach Karlshuld und nach Schrobenhausen.

 

ROMAN MÜCK

Karlshuld: Stand heute läuft's gut und rund. Wir haben einen sehr gut funktionierenden Helferkreis. Natürlich musste sich erst alles einspielen, aber größere Probleme haben wir nicht. Menschen aus Syrien, dem Irak, Afghanistan und Albanien leben bei uns in drei Objekten. Die Bewohner sind lauter Familien. Zwei Familien, eine irakische und eine afghanische, haben sich mal nicht so gut verstanden. Das war weniger ein Streit auf Kulturebene, sondern vielmehr waren die Wohnverhältnisse sehr, sehr beengt. Das Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen nahm dann durch eine Umbesetzung eine Entspannung der Situation vor. Ansonsten könnte ich nicht sagen, dass wir täglich mit Streitsituationen konfrontiert wären.

Jede Gemeinde im Landkreis wurde überfordert, als diese Zuweisungen kamen. Die ehrenamtlichen Helfer bringen einfach ein Stück weit die ersten Gehversuche in Richtung Integration. Die Menschen kommen bei uns hier an, haben eigentlich überhaupt keine Ahnung, weder von der Gemeindestruktur, noch generell von unserem kulturellen Leben. Unser Helferkreis ist deshalb immer vor Ort, versucht ihnen alles zu erklären. Ohne die ehrenamtlichen Helfer ginge es definitiv nicht. Wir als Gemeinde versuchen, das Ganze mit zu managen, sodass unsere Ehrenamtlichen einen Ansprechpartner haben, und wir dann auch aktiv werden können, wenn unser Helferkreis an die Grenzen stößt. Wir haben unseren Helferkreis säulenartig aufgebaut, er besteht aus fünf Gruppen. Deren Spitzen laden wir zu regelmäßigen Gesprächen zu uns ins Rathaus ein.

 

KLAUS NEUMANN

Schrobenhausen: Wir sind gerade dabei, den Helferkreis Präsenz umzustrukturieren. Anfangs hatten wir Schwierigkeiten mit der Organisation und der Verwaltung. Das ist jetzt alles besser verteilt. Jetzt geht es um Themen wie Arbeitssuche für die Flüchtlinge, mehr Deutschkurse oder Freizeitbeschäftigungen für die Herrschaften, denn die langweilen sich natürlich in den Containern. Das ist jetzt unser größtes Aufgabenfeld, und das ist nicht so einfach.

Wir wünschen uns eine Asylsozialberatung für die alte Grundschule. Es gibt Empfehlungen, pro 150 Flüchtlingen eine Asylsozialberater-stelle einzurichten - und wir haben 250 und gerade mal eine halbe Stelle. Das ist viel zu wenig. Dazu kommt, dass jetzt diese ganzen Traumatisierungen, die bei den Herrschaften natürlich da sind, langsam aufbrechen. Damit können diese Menschen nicht umgehen.

Die bekannte Grundproblematik der jungen Männer, die gibt's - zum Glück in extrem abgeschwächter Form - bei uns auch. Sie haben ein anderes Frauenbild als wir, wissen nicht, wie unsere mitteleuropäischen Verhaltensnormen sind. Da gibt es ganz viel Redebedarf, den wir versuchen, auf unsere laienhafte Art mit ihnen zu klären. Die Streitereien, die es gibt, sind zum Glück nur intern und bisher noch in einem kleinen, engen Rahmen. Und diese Streitereien überraschen mich nicht - man muss sich nur mal vorstellen, seit Monaten mit zehn Leuten in einem Zimmer zusammenzuleben . . .

Wie es andererseits unseren Helfern psychisch geht, kann man pauschal nicht beantworten. Aber wir tun jetzt auch etwas für sie. Es gibt momentan Aktionen, in Zusammenarbeit mit München oder Augsburg, um Unterstützer- oder Gesprächskreise für die Helfer einzurichten, damit die besser mit ihrer Arbeit klarkommen. Und wir reden natürlich auch hier viel miteinander. Aber wir brauchen auch Fachleute - sowohl für die Flüchtlinge wie auch für die Helfer.

Ich werde ständig mit Hetzparolen konfrontiert, etwa, dass Leute sagen: Was machst du da eigentlich? Schickt doch diese Sozialschmarotzer wieder nach Hause! Mit manchen Leuten kann ich darüber reden, manche muss ich letztendlich einfach stehen lassen, weil es sinnlos ist. Ich engagiere mich aus Mitmenschlichkeit. Das sind Leute, denen es viel schlechter geht als mir, die aus einer großen Not heraus kommen. Das haben wir in unserer Umgebung ja gelernt, wenn es jemandem schlechter geht, soll man versuchen, ihm zu helfen.

Neue Helfer sind bei uns stets willkommen. Wir bräuchten Leute, die vielleicht in Sportvereinen sind und mit den Flüchtlingen zum Sport gehen.