Schrobenhausen
Von Drum 'n' Bass bis Techno

Der Schrobenhausener Martin Rössler besucht in München eine DJ-Schule

30.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:14 Uhr

Der Synthesizer aus der Pausenbox. Den hat Rössler selbst gebaut. ‹Œ

Schrobenhausen (SZ) Fette Studioboxen, riesen Monitor, Controller, Mischpult, CD-Player, Interfaces: Martin Rösslers Reich gleicht eher einer Kommandozentrale denn der Bude eines 24-Jährigen. Der Schrobenhausener bastelt an seiner Karriere als DJ und Producer - und besucht dazu in München eine DJ-Schule.

Das Intro: sphärisch, scheinbar aus dem Nichts kommend. Erst ein wenig schüchtern, dann immer energischer machen sich Klänge im Raum breit. Kleine, freche Töne mogeln sich durch. Percussionelemente fangen sie ein, geben dem immer satter werdenden Sound allmählich einen Unterbau. Langsam wächst alles zu einem Rhythmus zusammen. Spätestens jetzt bekommt das Ganze seinen eigenen Drive, beginnt der Fuß des Zuhörers unweigerlich zu wippen, nisten sich wiederkehrende Elemente im Ohr ein. Eine Melodie kristallisiert sich heraus. Irgendwoher taucht ein monotoner Ton auf, kämpft sich ins Rampenlicht, übernimmt ein paar Takte lang die Führung des Tracks, nur um dann scheinbar wieder dorthin zu verschwinden, wo er hergekommen ist. Noch ein paar Effekte hier, ein kleiner Schnörkler da. Irgendwann klingt der Sound gemächlich aus. Was bleibt ist ein Wow-Effekt. Martin Rössler legt das eben mal so hin. Live. In seiner kleinen Bude in Schrobenhausen.

Musik war schon immer sein Ding. Der Einstieg verlief ganz klassisch über die Liebe zum Rock, irgendwann ging es Richtung Drum 'n' Bass, dann weiter in die Dubstep-Ecke. Jetzt steht er auf EDM, die House-Szene, hört auch gern mal Trance oder Hard Techno. "Das ist jetzt grad meine Welt", erzählt der 24-Jährige. Nicht viel anders sieht es mit der Musik aus, die er selbst kreiert. Fünf Tracks hat er für sein Label Karmaloft gemacht, von Progressive House über Future House bis Deep House. Auch Technotracks hat er fabriziert.

Mit einem kleinen Controller fing alles an. "Damit habe ich ein bisschen geübt", erinnert sich Martin. Allmählich wurde immer mehr draus, stieg er immer tiefer in die Welt des DJing ein. Den Feinschliff holt er sich seit zwei Jahren an der Münchner VibrA School of DJing, jeden zweiten Freitagabend. Nicht zuletzt, um auch rund ums Thema Vinyl fit zu sein. Denn: "Wer mit Vinyl auflegen kann, kann mit allem auflegen." Nebenher ist er an der DJ-Schule auch ins Producing eingestiegen, lernt dabei, eigene Tracks aufzunehmen, seine eigene Musik zu machen - für einen kreativen Kopf wie ihn ein Muss. Denn ein Tüftler war Martin - Künstlername "Vertical M" - immer. Das ist er auch heute noch. Da kommt es schon mal vor, dass er sich auf dem Klangtherapie-Festival von den Kumpels abseilt, um mal eben seinen eigenen Synthesizer zusammenzubasteln. Aus einer Plastik-Brotzeitbox. Sein Job als Schlosser spielt da mit rein. "Das Metallbaumäßige, generell das Handwerk, hat mich schon immer interessiert", erzählt Martin. Fast schon logisch: Auch die Boxenständer in seinem Zimmer sind eine Eigenproduktion.

Neben dem fachmännischen Input in Sachen Auflegen und Producen hat die DJ-Schule für Martin noch einen riesen Vorteil: Leute kennenlernen, Kontakte knüpfen. So kam er auch zu seinem Label. "Als meine Tracks fertig waren, hab ich sie meinem Produzentenkumpel gegeben, der sie dann an Karmaloft weiterleitete", erzählt Martin. Und die Herrschaften hatten tatsächlich Interesse.

Wo eine Schule ist, da gibt's ja meist auch Prüfungen. "Im Bereich DJing kommen mehrere Leute und hören sich an, was ich mache", erzählt Martin, wie so etwas abläuft. Längst schon könnte er die Prüfung übrigens ablegen. Für ihn eilt da aber gar nichts - zu viel Spaß macht ihm das alles. Vielmehr setzt er mit einer Ausbildung zum Tontechniker an der Deutschen Pop, ebenfalls in München, noch einen drauf, lernt da, die eigenen Tracks selber zu mastern, quasi den "Feinschliff, um die Qualität nochmal richtig zu pushen". Sogar den Bachelor will er an der Deutschen Pop ablegen. Hier steht noch eine Abschlussprüfung an, Martin arbeitet dafür gerade an einem speziellen Track.

Das Feedback der Fachleute ist Martin wichtig - sein "persönlicher Dozent" an der DJ-Schule ist Robert Ennemoser, der in den 90ern selbst intensiv als DJ unterwegs war -, doch Martin setzt auch viel auf die Meinung seiner Kumpels. "Die sind ehrlich und sagen, was sie denken." Blättert er für die DJ-Schule bereits einiges an Geld hin - pro Unterrichtseinheit 70 Euro -, ist das Equipment nochmal eine ganz andere Hausnummer. Über 10000 Euro hat er im Lauf der Jahre dafür hingelegt, kann dafür nun das Feinste vom Feinsten an Technik sein Eigen nennen. Aufgelegt hat Martin schon im Aichacher M1, in der Pfaffenhofener Heimatliebe oder in der Kantine in Augsburg. Wenn man so viel Ahnung vom Metier hat, wird man da nicht selber ziemlich anspruchsvoll, wenns privat auf die Piste geht? Eines wurmt ihn tatsächlich: "Es nervt mich, wenn DJs, die was können, weniger Aufträge kriegen als DJs, die schlechter sind - einfach nur, weil sie eine total große Fanbase haben."

Er selbst hat sich übrigens ein großes Ziel gesteckt: Das absolute Nonplusultra, wo er selber gern mal auflegen würde, wäre das Tomorrowland, ein Open-Air-Festival für elektronische Musik in Belgien. Ein ganz anderer Traum hat sich dagegen jetzt erfüllt: Seit wenigen Wochen sind Tracks von Martin Rössler alias Vertical M auf dem Markt.