Schrobenhausen
Näher bei seiner Gemeinde

SZ-GESPRÄCH mit Michael Menzinger, dem Pfarrer von Aresing und Weilach

22.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:31 Uhr

Pfarrer Michael Menzinger ist vor wenigen Tagen in Weilach eingezogen. Bis zum Abschluss der Sanierung des Pfarrheims hatte er im Kloster Scheyern gewohnt. - Foto: Petry

Schrobenhausen (SZ) Er ist der Vereinigungspfarrer zweier einst eigenständiger katholischer Gemeinden: Michael Menzinger. Nach fast zwei Jahren im Amt ist er nun auch in seine Gemeinde gezogen. Zeit für ein SZ-Gespräch.

Pfarrer Menzinger, Ihre Wohnung in Weilach ist fertig, Sie sind jetzt kein Berufspendler mehr. Wie fühlt sich das an?

Michael Menzinger: Gut. Ich habe jetzt ein paar Nächte in Weilach verbracht, und ich muss sagen: Es lässt sich hier sehr gut schlafen (lacht). Aber es war schon anders gedacht. Wir hatten gehofft, dass die Sanierung überschaubar bleibt. Dann wurde alles viel aufwendiger.

 

Als die Sanierung kalkuliert wurde, war die Baumaßnahme eines gewissen Bischofs von Limburg gerade noch in aller Munde. Da hatten Sie womöglich etwas Pech.

Menzinger: Aber: Wir sind im Kostenrahmen geblieben. Wir haben jetzt drei Bereiche, Pfarrheim, Verwaltung, Wohnung, das ist optimal. Ich bin froh, dass ich jetzt nicht mehr pendeln muss, auch wenn ich im Kloster Scheyern sehr gut aufgenommen worden bin. Aber es ist schwierig, wenn man als Seelsorger außerhalb der Pfarreiengemeinschaft wohnt. Schön, dass ich jetzt endlich einziehen konnte.

 

Das heißt: Jetzt geht's erst richtig los?

Menzinger: Das würde ich so nicht sagen. Wir haben in den beiden ersten Jahren die Grundlage für ein gutes Miteinander geschaffen.

 

Sie sind ja sozusagen der Vereinigungspfarrer, der bisher eigenständige Gemeinden unter einen Hut bringen muss . . .

Menzinger: Es gab einiges, um das man ringen musste. Aber jetzt sind wir so aufgestellt, dass wir so ein riesiges Territorium bewältigen zu können.

 

Es hat sich viel verändert. Damit kommen nicht alle ihrer Gemeindemitglieder gut klar. Zum Beispiel, gibt es Kritik wegen der geänderten Gottesdienstzeiten.

Menzinger: Das höre ich natürlich auch. Aber wir haben in etwa das gleiche Angebot an Gottesdiensten wie vorher, alles in allem sogar mehr, wenn man das gesamte Gebiet ansieht.

 

Vielleicht von den Zahlen her. Aber es gibt nicht mehr überall regelmäßig Sonntagsmessen, zum Beispiel in Peutenhausen.

Menzinger: Das stimmt. Wir haben dort jetzt einmal im Monat eine Sonntagsmesse und einmal pro Woche eine Werktagsmesse. Als die Mariannhiller Missionare noch mit zwei Priestern am Beinberg tätig waren, oder in Aresing noch ein Pfarrer und ein Kaplan waren, konnten diese natürlich anders wirken als wir heute. Damals war eben die Ausstattung mit Priestern anders. In jedem Ort mit Kirche haben wir einmal in der Woche eine heilige Messe.

 

Sie sind jetzt noch zu dritt . . .

Menzinger: Im Prinzip ja, unser Kaplan Edwin Valiaparambil, Pater Ansgar Häusler und ich. Wir haben hier ein Gebiet mit 85 Quadratkilometern, fünf Pfarreien, sieben Filialstiftungen und einem Wallfahrtsbenefizium. Wir versuchen, den Leuten zu geben, was möglich ist. Aber natürlich stoßen wir auch mal an Grenzen. Wir achten drauf, dass wir drei uns regelmäßig überall sehen lassen, damit zum Beispiel der Pfarrer nicht nur in Weilach ist und der Kaplan nicht nur in Junkenhofen. Wir wollen ja die Menschen in unserer Gemeinde kennen. Und wir kennen die Ansprüche, die an uns gestellt werden.


Da wird einiges bei der Terminkoordination zusammenkommen. Gerüchteweise klappt das nicht immer, es soll auch schon der eine oder andere Termin hinten runter gefallen sein.

Menzinger: Ich weiß, dass das ein Thema ist. Tatsächlich gab es gerade in der Anfangszeit ein paar Missverständnisse. Was mir spontan einfällt: Eine Werktagsmesse ist ausgefallen, und einmal waren wir nicht bei einer Aussegnung. Es sind nunmal eine Vielzahl von Orten und Terminen. Mit meinen Mitbrüdern und dem Sekretariat arbeite ich daran, die Terminlage noch sicherer und zuverlässiger zu machen. Letztlich trage ich als leitender Pfarrer die Verantwortung für alles, was geschieht - und was nicht geschieht. Meine Terminlage ändert sich manchmal von einer Minute auf die andere, etwa wenn ein seelsorglicher Fall eintritt. Jetzt fällt mir gerade noch etwas ein: Kritik gab es wohl auch wegen einer Vertretungssituation bei einer Hochzeit, nachdem ich einen Todesfall im persönlichen Umfeld hatte und zu einer Beerdigung musste. Aber wir strengen uns wirklich an, dass alles gut läuft.

 

Wie läuft's am Beinberg?

Menzinger: Das ist für mich ein seelsorgerischer Schwerpunkt. Wir leben in einer Zeit, in der es immer mehr auf geistige Zentren ankommt, der Zulauf auf Maria Beinberg belegt das. Die Besucherzahlen sind hoch, wir haben jetzt schon Gruppenanmeldungen bis in den November hinein und auch schon für das nächste Jahr.

 

Die "Beinberger Gespräche" tragen dazu bei. Allerdings gibt es deshalb eine Sonntagsmesse weniger in den Gemeinden . . .

Menzinger: Es ist so: Wenn "Beinberger Gespräch" ist, dann halte ich dort in der Regel den Sonntagsgottesdienst. Davor mache ich in der Regel einen 7-Uhr-Gottesdienst und zusätzlich eine Abendmesse. Es bleibt also an diesen Tagen bei drei Messen. Aber ich weiß schon, was Sie meinen, das ist ein Thema in der Gemeinde. Zurzeit denken wir über eine Verlegung der "Beinberger Gespräche" auf Samstag- oder Sonntagabend nach.

 

Kommt denn jemand zu kurz?

Menzinger: Wir haben in Gachenbach und in Peutenhausener regelmäßig jeweils eine Sonntagsmesse pro Monat. Darüber hinaus haben wir in Weilach, Singenbach, in Klenau, in Oberlauterbach und in Aresing jeden Sonntag Messe. Unser Angebot ist so gemacht, dass eigentlich jeder sonntags die Möglichkeit hat, innerhalb von zwei, drei Kilometern eine Messe zu erreichen. Für die Zukunft stelle ich mir vor, dass Wortgottesdienste, Morgenlob, wie auch immer das Gebet genannt wird, sonntags in allen Ortschaften stattfinden. Ein gewisses Opfer darf der Gläubige für die Mitfeier des heiligen Messopfers aber schon auf sich nehmen. Für billigen Zucker sucht man ja auch mehrere Geschäfte auf und fährt fünf Kilometer.

 

Wir reden also über Zumutbarkeit . . .

Menzinger: Ich würde mir wünschen, dass bei den Gläubigen ein Verständnis auch für unsere Situation da ist. Eine Pfarrei ist natürlich zunächst eine geistige Einheit, aber wir sind eben auch eine Verwaltungseinheit. Ich würde mir wünschen, dass eine neue geistige Einheit in der neuen Konstellation wächst. Und es gibt ja schon wunderschöne Ansätze: Gerade erst hatten wir ein sehr schönes Treffen mit den Organisten und den Mesnern, das war wirklich sehr intensiv. Wir sind auch mit den Ministranten auf einem guten Weg, wir haben so gut wie überall Nachwuchs. Außer in Oberlauterbach . . .

 

. . . aber da ist das ja schon länger ein Thema . . .

Menzinger: . . .aber wir bleiben am Ball! Und wir versuchen, die Jungen mit verschiedenen Aktionen zu gewinnen. Letztlich schickt uns Gott die richtigen Menschen zur richtigen Zeit.

 

Sie zeigen in diesem Gespräch, dass Sie kritische Stimmen, die kursieren, kennen - Sie werden also direkt darauf angesprochen?

Menzinger: Ich bin froh, wenn mir die Leute eine ehrliche Kritik geben, damit kann ich umgehen. Ich bekomme positive Anrufe, aber auch andere, wo die Menschen vielleicht Kritik, oder auch ihre Traurigkeit loswerden. Und ich merke, wie unbandig wichtig den Menschen ihre Kirche am Ort ist. Die Kirche kann gar nicht so klein sein, dass man nicht genau dort, daheim, seine Taufe haben möchte. Das ist doch wunderbar, wenn es gelingt, solche Wünsche zu erfüllen. Es ist mir ein Anliegen, nicht nur als fliegender Pfarrer in dieser großen Gemeinde präsent zu sein. Ich bin Priester geworden, um bei den Menschen zu sein. Dass wir seit einer Weile auf der Verwaltungsebene über die Diözese entlastet werden, das ist auch eine gute Geschichte für uns Seelsorger. Mit dem Bischöflichen Ordinariat führe ich auch schon seit geraumer Zeit ergebnisorientierte Gespräche in diese Richtung.

 

Unterricht haben Sie ja auch noch.

Menzinger: Ja, eine neunte Klasse in Aresing. Für das kommende Schuljahr habe ich mir vorgenommen, eine dritte Klasse zur Erstkommunionvorbereitung zu übernehmen.


Eine Pfarrei wie Aresing-Weilach ist schon ein mittleres Unternehmen, auch wenn viele ehrenamtlich mitarbeiten . . .

Menzinger: Das kann man so sehen. Wir haben letzten Winter einen Gemeinschaftsabend für unseren engeren Zirkel gemacht, aus organisatorischen Gründen haben wir noch gar nicht alle Mitglieder der Gremien oder die Ministranten einladen können. Wir sind so schon auf über 200 Gäste gekommen. Das ist eine riesige Schar. Es ist ganz toll, dass es in jedem Ort Leute gibt, die das, was wir hier tun, positiv mittragen.

 

Wie sehr sind denn die Menschen schon in dieser neuen, großen Gemeinschaft angekommen?

Menzinger: Es gibt natürlich welche, die versuchen, ihren Altbestand zu sichern. Ich verstehe das. Ich würde mir aber wünschen, dass noch mehr ihren Teil dazu beitragen, auch ihren Ort in das Gefüge der Pfarreiengemeinschaft einzubinden. Es wächst gerade etwas, und wer jetzt mitgeht, hat es womöglich leichter, als wenn man später versucht, sich an das, was schon gewachsen ist, anzuhängen.

 

Also kein "Brexit" in der Pfarrei?

Menzinger: (lacht) Bitte nicht. So etwas brauchen wir nicht. Das wäre schon tragisch, wenn jemand abgehängt würde. Meine Mitbrüder und ich, wir haben Gott sei Dank in jedem Ort Menschen mit denen wir gut reden können. Wir führen viele Gespräche, auch die Gemeindereferentin Barbara Granz, die allerdings zum Herbst heimatnah wechselt - ich bin da guter Dinge.

 

Warum war Frau Granz nur so kurz da?

Menzinger: Ich hätte mir gut vorstellen können, mit Frau Granz noch länger zu arbeiten, aber heimatnah arbeiten zu können, ist natürlich auch ein Wert. Es war ihr Wunsch, ich verstehe das. Nachfolgerin wird Frau Andrea Kaufmann-Fichtner aus Kühbach sein, allerdings nur für zwölf Stunden pro Woche; wir haben also noch ein paar Stunden frei.

 

Und es gibt eine Menge Arbeit.

Menzinger: Allerdings. Die Sakramentenvorbereitung braucht Unterstützung, Kommunion - und gerade die Ehe. Denn eine Hochzeit ist meiner Ansicht nach ein guter Zeitpunkt, um zu schauen, ob nicht Menschen einen neuen Einstieg zur Kirche finden. Wir haben ein Familiengottesdienst-Team innerhalb der Pfarrei gegründet, das gerade am Anlaufen ist. Es braucht halt alles eine gewisse Zeit, bis es richtig läuft und wahrgenommen wird.

 

Einen 40-Stunden-Job haben Sie nicht gerade . . .

Menzinger: Nein, will ich auch nicht. Wobei ich mir natürlich auch Zeit für mich herausnehme, sonst kann man an einer solchen Stelle nicht kraftvoll bestehen. Aber es ist mir ein Anliegen, dass ich die Zeit, die ich habe, sinnvoll einsetze.

 

Was tun Sie, wenn Sie sich Zeit für sich nehmen?

Menzinger: (lächelt) Ich habe Bienen, ich besuche gern meine Familie in Igenhausen, meine beiden Neffen Jakob und Julian. Es ist schön, in eine Familie eingebunden zu sein. Und ich versuche meine Verbundenheit zu meinem Studienort - Luzern - zu pflegen, so gut es geht. Aber ich bin vor allem gern hier. Vor ein paar Tagen war ich auf einem schönen Geburtstag, und ich war auch mal bei der EM Fußball schauen, in Gachenbach, das ist schon wieder so lang her. Aber so was ist schön. Man lernt das Umfeld kennen, man kann mit Leuten reden, die man noch nicht so oft gesehen hat.


Auch nach zwei Jahren ist man noch am Kennenlernen?

Menzinger: (lächelt) Ich war Kaplan bei einem Pfarrer, der schon zehn Jahre in seiner Gemeinde war. Er sagte, dass auch er immer noch neue Leute kennenlernt. Das ist ein ständiger Prozess. Tatsächlich ist es so, dass ich nicht immer zum Taufschmaus bleiben kann, obwohl ich es gerne tun würde - es warten halt fast immer Verpflichtungen. Wenn ich bleibe, merke ich immer, wie schön das ist, weil man dann die Möglichkeit hat, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.

 

In einer Zeit, wo manche den Abgesang auf die Kirche anstimmen . . .

Menzinger: Es ist unglaublich, wie sehr der Priester gefragt ist. Das ist richtig schön. Den Menschen ist die Kirche wichtig. Ich stelle aber auch hier auf dem Land fest, was Papst Franziskus vergangenes Jahr den Bischöfen beim Ad-Limina-Besuch gesagt hat: Es gibt eine Erosion des Glaubens. Es ist nicht so, dass man nichts glauben würden, aber das Glaubenswissen, es muss weitergegeben werden. Glaube wird nicht als etwas Größeres, sondern als etwas sehr Persönliches wahrgenommen, Glaube ist aber letztlich mehr als Privatsache, es ist Gemeinschaft der Kirche. Ich sehe es so: Der Sinn des pfarrlichen Dienstes ist das Heil der Seele. Deswegen versuche ich so viel Einzelseelsorge wie möglich zu machen.

 

Hilft Ihnen in Ihrer Arbeit, was Papst Franziskus tut?

Menzinger: (nickt) Der Papst vom anderen Ende Welt verändert auch die Kirche bei uns. Ich bin dankbar, dass er Öffnung schafft. Ich bin aber auch dankbar, dass Papst Benedikt noch lebt, von ihm habe ich sehr viel gelernt . . .

 

Sie haben ihn kennengelernt?

Menzinger: (lächelt) In Scheyern, an der Berufsoberschule. Ich durfte bei ihm ministrieren. Später im Studium kam es in Rom es auch zu Begegnungen mit ihm.

 

Pfarrer Menzinger, Sie müssen gleich weiter, die nächsten Termine warten. Was steht vor den Ferien noch an?

Menzinger: Wir planen natürlich schon fürs neue Jahr. Ich möchte einen Bibelkreis für junge Erwachsene anregen. Bei einem ersten Vorstoß waren 15 da, es war eine große Offenheit da - das war echt begeisternd und ermutigend. Sie kamen aus allen Ortschaften, ohne Grenzen. Und wir werden weiter am Zusammenwachsen der Gemeinde arbeiten. Ich habe Verständnis für diejenigen, die fragen, wieso so vieles geändert werden musste, es hat doch vorher gepasst. Diese Veränderung von Gottesdienstzeiten und -orten trifft die Leute sehr. Wir wollen auch deshalb im Herbst eine gemeinsame Klausurtagung machen, mit dem Pastoralrat, den Pfarrgemeinderatsvorsitzenden, Kirchenpflegern, Jugendvertreter und einigen mehr - das will gut vorbereitet sein. Wir wollen es den Menschen in unserer Pfarrei so recht machen, wie es geht. Wissen Sie, ich komme ja selber von einem kleinen Dorf. Auch wir sind in eine Pfarreiengemeinschaft gekommen, auch wir haben lernen müssen, dass es Veränderung gibt. Vielleicht ist das auch etwas, woran ich arbeiten muss: Manchmal bin ich gedanklich schon ein paar Schritte weiter, ohne alles erklärt zu haben. Ich denke, in diesem Bereich des Erklärens ist schon noch Luft nach oben. Um zu zeigen, dass wir einen guten, gemeinsamen Glaubensweg in dieser Pfarreiengemeinschaft gehen können.

 

Das Gespräch führte

Mathias Petry