Schrobenhausen
Hilfszugfahrer beeindruckt von Fortschritten im Hochwassergebiet

Rumänische Stadt baut Siedlung für die Opfer der Flutkatastrophe von 2010 – Spenden an mehrere Adressen abgeliefert

17.07.2015 | Stand 02.12.2020, 21:01 Uhr

Foto: DK

Schrobenhausen (SZ) Deutsch hat Dorin Alexandrescu nicht gelernt, doch auch wenn er seine Gäste in rumänischer Sprache durch ein neues Viertel seiner Stadt führt, ist bei ihm durchaus Stolz auf das Erreichte herauszuhören. Er ist der Bürgermeister von Dorohoi, einer rumänischen Stadt knapp doppelt so groß wie Schrobenhausen, und die Männer und Frauen, die interessiert zuhören, was er zu sagen hat, gehören zur Humanitären Hilfe im BRK-Kreisverband.

Seit einer verheerenden Flut am 29. Juli 2010 macht mindestens einmal jährlich ein Hilfskonvoi Station in der Kleinstadt, die jetzt dank enormer Anstrengungen eine Siedlung für ihre Flutopfer aus dem Boden stampfen konnte.

Zehn Tage lang waren Toni Drexler und seine Mannschaft, die sich aus vier Frauen und sechs Männern zusammensetzte, im Umfeld der Karpaten unterwegs. Heuer war es nicht der ganz große Konvoi, aber in die beiden Sattelschlepper, die zusammen mit einem Kleinlaster und einem VW-Bus unterwegs waren, passe schon auch einiges an Gepäck, scherzt Kassier Diether Brandt und meint dabei die umfangreichen Ladelisten. Sie wiesen Hilfsgüter aller Art aus, die das ganze Jahr über gesammelt wurden.

Zwei Tage dauert die Anreise nach Hermannstadt im Herzen von Transsilvanien. In einem Nachbarort ist die Mannschaft immer Gast bei Rodica Leporda. Die Neuburger Ärztin hat sich hier einen Ruhesitz eingerichtet, in dem man sich in eindrucksvoller Gebirgslandschaft von den Strapazen der Fahrten erholen kann. Sie managt die Aktivitäten im Einsatzgebiet, hält Kontakte zu den Behörden und steht als Dolmetscherin immer ganz vorn bei den Verhandlungen. Doch zunächst standen für die Schrobenhausener noch einmal 600 Kilometer auf dem Programm. So weit ist der Weg nach Dorohoi im Norden des Landes, nur ein paar Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt. Durch die Stadt schlängelt sich die Jijia, eher ein Bach als ein Fluss. Heute sieht er harmlos aus, vor fünf Jahren wurde er den Anliegern zum Verhängnis. Nach pausenlosen Regenfällen schoss eine gewaltige Flutwelle heran, die Brücken wegspülte und von einigen Häusern nur noch die Grundmauern übrigließ. Zahlreiche Verletzte und Tote waren zu beklagen.

Schlimm sei gewesen, wie die Hochwasseropfer lange Zeit in den Ruinen hätten ausharren müssen, erinnert sich Drexler. Staatliche Hilfe gebe es in Rumänien zwar schon, aber von vernünftiger könne da nicht gesprochen werden. So brachten die Schrobenhausener das, was fehlte: Kleidung und Nahrungsmittel, auch Schulranzen und Fahrräder oder Gehhilfen und Rollstühle. Damit alles an die richtige Adresse kommt, wird die Zusammenarbeit mit dem Rathaus großgeschrieben. Die Verwaltung verständigt die Ärmsten, wenn die Lastzüge mit dem Roten Kreuz in die Stadt kommen, und schickt auch einen Beamten, der Buch über die Verteilung führt.

Dass heuer Bürgermeister Alexandrescu selbst vorbeischaute, hatte mit der Siedlung für seine Bedürftigen zu tun. Bei einem Rundgang erklärte er, dass die kleinen Häuser mit Minimalaufwand gebaut worden seien. Kein Keller, kein Obergeschoss, aber ausreichend Platz für ganze Familien. Und erschwinglich sei der Wohnraum auch, sagte der Kommunalpolitiker, „nur 19 Euro Miete im Monat“. Doch auch das können sich nicht alle leisten. Für sie wurden nach bewährtem Muster wieder Hilfsgüter abgeladen und beim Abschied gab es das klare Versprechen, dass man wiederkommen werde.

Nicht nur in Dorohoi treffen sich inzwischen gute Bekannte, wenn Hilfszüge kommen, auch in Hermannstadt ist die Freude groß. Ansprechpartner sind dort die Mitglieder des Deutschen Forums, die Kontakte zu mehreren Altenheimen, Krankenhäusern und sozialen Einrichtungen unterhalten. Auf einem riesigen Parkplatz vor der Stadt erwarten sie den Konvoi mit ihren Kleinlastern und übernehmen dann die weitere Verteilung.

Weil Hilfszug fahren kein Spaziergang ist und seine Trucker ausgeruht am Steuer sitzen sollen, lässt Drexler über einen freien Tag nicht mit sich verhandeln. Der stand heuer zur freien Verfügung. Ein Teil der Mannschaft besuchte Hermannstadt, die durch ihren deutschstämmigen Bürgermeister Klaus Johannis bekanntwurde, der nach einer kometenhaften Karriere 2014 zum rumänischen Präsidenten gewählt wurde. Der andere Teil folgte Rodica Leporda zu einem Ausflug in die Karpaten. Die Heimreise brachte ein Wiedersehen mit den Eheleuten Rosa und Hans Tyroller, die es von Deutschland nach Österreich verschlagen hat und die die Heimkehrer schon seit Jahren mit großer Gastfreundschaft eine Nacht lang beherbergen.