Schrobenhausen
"Da lebt es sich wirklich wie Gott in Frankreich"

WOCHE DER DEUTSCH-FRANZÖSISCHEN FREUNDSCHAFT: Krimiautor Alexander Oetker liest am Dienstag in Schrobenhausen

19.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:56 Uhr

Alexander Oetker hat mehrere Jahre in Frankreich gelebt und kennt das Leben dort. - Foto: Vogel

Schrobenhausen (SZ) Wenn Ihnen der Mann auf dem Foto rechts bekannt vorkommt, dann könnte das vielleicht daran liegen, dass Sie ihn bei einer Nachrichtensendung von RTL schon einmal gesehen haben. Denn dort arbeitet Alexander Oetker, hinter und vor der Kamera. Er ist aber auch Krimiautor und als der kommt er am Dienstag um 19 Uhr für eine Lesung nach Schrobenhausen an die Buchhandlung an der Stadtmauer. Tags drauf liest er für die Schüler am Gymnasium.

Herr Oetker, Sie haben einige Jahre in Paris gelebt, sind dann aber zurück nach Deutschland, nach Berlin, gekommen. Ihr Roman allerdings spielt an der Atlantikküste, in Bordeaux und in Paris. Wie unterscheidet sich das Leben in Frankreich von dem in der deutschen Hauptstadt?

Alexander Oetker: Na, ich würde sagen: Der Genuss ist in Frankreich schon noch etwas deutlicher ausgeprägt als hierzulande. Klar, nicht mehr jede Pariser Mittagspause dauert drei Stunden wie früher. Aber immer noch manche. Paris ist immer noch ein Fest fürs Leben, wie Hemingway schon sagte. Das eigentlich Besondere in Frankreich ist aber die Provinz. Da lebt es sich wirklich wie Gott in Frankreich. Deshalb spielen meine Geschichten um Commissaire Verlain auch an der französischen Atlantikküste.


Was macht den Reiz dieser Region aus?

Oetker: Es ist einfach die Region der Vielfalt: Es gibt kilometerlange Sandstrände, es gibt die besten Weine der Welt in den Anbaugebieten rund um Bordeaux, es gibt Austern und Meeresfrüchte und sehr freundliche und bodenständige Menschen. Mein Glück ist, dass ich für die Bücher viel recherchieren muss. So kann ich das angenehme mit dem nützlichen verbinden.

 

Im Info zu Ihrem Roman "Retour" heißt es: Luc Verlain liebt gutes Essen, Frauen und sein sorgenloses Leben in Paris. Wie viel Luc Verlain steckt in Ihnen?

Oetker: Commissaire Luc liebt Dinge, die auch ich in Paris durchaus genossen habe - manche davon in vollen Zügen. Ich wollte mit diesem Mann einen Commissaire schaffen, der nicht wie viele skandinavische Romanhelden so sehr am Leben leidet. Sondern einen Mann, der genießen kann und durchaus erfolgreich ist, in dem, was er tut.

 

Der zweite Band "Château Mort" erscheint am 14. März, natürlich spielt auch der wieder an der französischen Atlantikküste. Was erwartet den Leser?

Oetker: Das Buch beginnt im Médoc, beim kuriosesten Marathon der Welt. Die Läufer gehen nicht nur verkleidet auf die 42,195 Kilometer - sondern sie kriegen während des Laufes auch noch Rotwein an 20 Probierstationen ausgeschenkt. Diesen Marathon habe ich als Korrespondent zweimal besucht. Normalerweise erreichen alle Läufer gesund und sehr fröhlich das Ziel - nur in "Château Mort" ist das nicht unbedingt der Fall. Und dann taucht Commissaire Luc ab in die Schattenwelt der millionenschweren Weinherstellung.


Schrobenhausen feiert deutsch-französische Freundschaft. Tatsächlich aber ist das deutsch-französische Verhältnis seit jeher ein schwieriges. Nun sind Sie auch Experte für die französische und europäische Politik. Wie sehen Sie das Verhältnis momentan?

Oetker: Ich glaube zuerst einmal, dass das Fundament der deutsch-französischen Freundschaft ein sehr stabiles, ein wirklich besonderes ist. Frankreich ist unser wichtigster Partner - und in Zeiten des Donald Trump und des Brexit merken wir das besonders. Aber in der Tat erleben wir derzeit etwas Besonderes: Seit Jahren haben deutsche Politiker die Franzosen zu Reformen aufgefordert, sie für ihre schlampige Haushaltspolitik kritisiert. Jetzt steht an der Spitze Frankreichs aber ein Mann, der die Dinge umkrempelt, der die Wirtschaft in Gang bringt und Europa reformieren will. Und auf einmal ist es Deutschland, das Reformen ausbremst. Das ist keine gute Entwicklung - nur mit beiden Ländern vereint kann Europa wirklich vorankommen - und das sollte unser aller Interesse sein. Denn wenn Macron scheitert, dann sieht es für Frankreich ganz düster aus - und damit auch für Deutschland und Europa.

 

Politik und Gesellschaft, das sind sicher zwei Paar Schuh': Wie haben Sie die Franzosen Ihnen als Deutschen gegenüber erlebt? Gibt es da noch Vorurteile?

Oetker: Ich habe wirklich nur gute Dinge erlebt. Es gab selbst in der Normandie keinen Franzosen, der mich als Deutschen noch merkwürdig angesehen hat. Dabei sind besonders da wirklich schlimme Dinge geschehen vor nicht mal 75 Jahren. Was es natürlich noch gibt, sind die Eigenheiten der jeweiligen Bürger. Ich habe schon gespürt, dass ich als Deutscher in Paris ungeduldig auf meinen Klempner gewartet habe, wenn der nach 15 Minuten noch nicht da war. Der aber kam dann nach einer Stunde und war sehr gut gelaunt. Und ich kann durchaus auch noch Geschichten von unfreundlichen Pariser Kellnern erzählen. Mein Tipp: genauso unfreundlich sein - möglichst auf französisch - dann erlebt man einen erstaunlichen Wandel und der gerade noch mürrische Garcon ist auf einmal die Freundlichkeit selbst.

 

Die Fragen stellte

Alexandra Burgstaller