Schrobenhausen
Ausgeklügeltes Gesamtkonzept

Hoch motiviertes Pegasus-Ensemble überzeugt mit "König Hirsch"

18.05.2014 | Stand 02.12.2020, 22:41 Uhr

 

Schrobenhausen (SZ) Eine spritzig-kreative Inszenierung erlebten knapp 100 Besucher am Samstag in der Stadthalle: Das Pegasus-Theater begeisterte mit König Hirsch, dem tragikomischen Märchen von Carlo Gozzi.

So humorig die Aufführung auf den ersten Blick daherkommen mag – sensibel versteht es das hoch motivierte Pegasus-Ensemble, auch die tragischen Aspekte des König Hirsch zu offenbaren. Auch wenn in diesen Sequenzen jener feine Schuss Nonchalance aufblitzt, der sich durch die komplette Inszenierung zieht.

Da sitzen sie, zwei heulende Männer, Leandro und Truffaldino – der eine um seine Clarice bangend, der andere um Geliebte Smeraldina. Übrigens grundlos, wie sich später herausstellen wird. Denn König Deramo, der die zur Ehelichung infrage kommenden Edeldamen genauestens unter die Lupe nimmt, wird sich für keine der beiden entscheiden, liegt ihm doch an einer Braut, die ihm nicht wie all die anderen Honig ums Maul schmiert. „Sagt, liebt Ihr mich, Angela“ – „Wollte der Himmel, dass ich euch nicht liebte“, schmachtet die ihm entgegen. Dass sie die Wahrheit spricht, verrät des Königs Orakel in Form einer Büste. Wird gelogen, kringelt die sich vor Lachen. Die weniger lebendigen Pendants der jungen Dame – Büsten aus echtem Gips – stammen übrigens aus der Hand von Richard Gruber.

Hans Kriss, der heuer erstmals Regie führt, verleiht der Aufführung seine eigene, unverkennbare Note, ohne jedoch krampfhaft an jeder der guten alten Pegasus-Traditionen zu rütteln. Wenn auch in anderer Form, so gibt es auch in diesem Jahr wieder Livemusik: Gitarre um den Hals schmettert Ferdinand Kreitmair teils herzzerreißende, dann wieder humorvolle, mitunter aber auch ganz schön bissige Texte. „Wir wollen Rache. Wichtig ist, dass das Blut spritzt. Pech für euch Leute, die ihr heute in der ersten Reihe sitzt“, singt er etwa. Die Melodien sind bekannt, „La donna è mobile“ oder „O sole mio“. Während der Conférencier die Zuschauer bei Laune hält, werkeln die Schauspieler an der Kulisse. Das geht ruckzuck. Auch, weil das Bühnenbild mit ein paar Säulen und einigen Würfeln extrem minimalistisch gehalten ist – was dem Publikum jede Menge Raum gibt, der Fantasie freien Lauf zu lassen und sich die entsprechenden Bilder, mal das Königskabinett, dann wieder die Jagdszene im Wald, selbst im Kopf auszumalen. Die ausgeklügelte Lichttechnik ist eines der entscheidenden Gestaltungselemente dieser Inszenierung. Doch der Umbau auf offener Bühne bietet noch einen ganz anderen Vorteil: Weil pausenlos Bewegung im Spiel ist, reißt der Faden nicht, wie es bei Aufführungen, in denen zwischendrin der Vorhang fällt, schon mal der Fall ist.

Das bis ins kleinste Detail ausgeklügelte Gesamtkonzept beweist, dass die Macher mit viel Herzblut an das Projekt Theater herangegangen sind. Selbst im Programmheft verstecken sich humorige Finessen. So etwa eine „Probenbeginnverzögerungsausrede“ – die da übrigens wäre: das Straßenbauchaos in Aichach. Und die Saalheizung, so steht es im Programmheft, sei „hoffentlich nicht nötig“. War sie auch nicht. Auch sonst verstehen es die Theatermacher, die Schrobenhausener Stadthalle von ihrer attraktivsten Seite zu präsentieren, indem sie etwa das Foyer mit ins Konzept einbinden – so wird die Stadthallenbar eben kurzerhand zur „Osteria zum Affen“ erklärt. Und auch auf dieses Markenzeichen müssen Pegasus-Fans nicht verzichten: Die gewohnt prächtigen Kostüme – darunter auch mal Hirsche in Lederhosen – bieten Köstliches fürs Auge.

Klug und voller neuer Ideen sind Hans und Afra Kriss an die Ausarbeitung der Charaktere herangegangen. Engagierte Schauspieler tun ein Übriges, den Figuren Lebendigkeit und Authentizität einzuhauchen. Köstlich etwa, wenn Smeraldina – ungelenk, wie sie nun mal ist – versucht, einen auf graziöse Tänzerin zu machen. Herrlich cholerisch dann ein vor Wut staubender Tartaglia (zu blöd aber auch, dass der König seine Tochter abwies). Ganz besonders bezaubert auch Durandarte, wenn die in einen Papagei Verwandelte trotzig in den Boden stampft, dass die Federn nur so fliegen. Mitunter intelligente, dann auch wieder komisch-platte Wortspiele verleihen der Inszenierung den ultimativen Pfiff. „Du bist dämlich, aber keine Dame“ heißt es da. Und wie war das? Der Papagei hat einen größeren Wortschatz als alle Frauenzimmer der Welt? Das Publikum lacht viel an diesem Abend.