Sandizell
In eine andere Zeit abtauchen

Beim Mittelalterspektakel geben Teilnehmer authentische Einblicke

29.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:45 Uhr

Foto: Gerlinde Drexler

Sandizell (SZ) Aufgeben? Niemals! Ritter Oloffsen kämpft sich tapfer Runde um Runde weiter. Seine Gegner sind in der Überzahl und gnadenlos. Die Kinderfeldschlacht ist einer von vielen Programmpunkten beim viertägigen Mittelalterspektakel auf Schloss Sandizell. Die Besucher können Handwerkern zusehen, Lagerleben kennenlernen oder flanieren.

Die Zeit scheint um ein paar Hundert Jahre zurück gedreht. Rund ums Schloss haben verschiedene Gruppen ihre Lager aufgeschlagen. In den Zelten stehen hölzerne Betten, auf denen Felle liegen. Das Essen wird über dem offenen Feuer zubereitet, Waffen und Rüstungen sind bereit. Söldner, Ritter oder edle Herrschaften haben sich rund ums Schloss eingerichtet.

So unterschiedlich sie im Stand auch sein mögen - eines haben sie fast alle gemeinsam: Authentizität ist ihr höchstes Gebot. "Keiner von uns hat etwas Gekauftes an", sagt Norbert Sturm aus Ansbach in Franken. Während der vier Tage in Sandizell ist er Oloffsen, der Onoldsbacher, und gehört mit Lady Solana von Strahlenfels zu den Freien Franken. Jedes Mitglied der Gruppe könne nähen und sticken, erzählt der Ritter. Während des Winters wird an der Ausrüstung gearbeitet. Dann besticken sie nach überlieferten Techniken aus dem Mittelalter die Kleidung mit ihren Wappen. Authentizität und Spaß an der Sache sei ihnen wichtig, sagt Sturm. Für ihn sind die vier Tage Urlaub - obwohl viel Arbeit dahinter steckt, um vier Tage ins Mittelalter abtauchen zu können.

Seinen Jahresurlaub investieren Axel Hascher und seine Frau in ihr Hobby Mittelalter. Die beiden sind zusammen mit der Maxlrainer Tafelrunde aus dem Landkreis Rosenheim nach Sandizell gekommen. Eines von zehn Lagern, das die Gruppe heuer aufbauen wird. Genau wie in den anderen Gruppen, hat auch Hascher, der sich Emanuel von Rossenheim nennt, viel Fachliteratur gelesen, um so echt wie möglich aufzutreten. Die Tafelrunde stellt das Hochmittelalter dar, also die Zeit von 1150 bis 1190. "Die Besucher sind sehr wissensdurstig", freut sich Hascher. Viele wollen wissen, ob die Mitglieder der Tafelrunde tatsächlich in den Zelten schlafen oder ob sie kochen. "Beim Kochen muss man sich umstellen", sagt der Mittelalter-Fan. Alles wird über dem offenen Feuer zubereitet.

Beim Bader schleppt Maria Fiedler unzählige Eimer Wasser, um sie in einem großen Topf über dem Feuer zu erhitzen. Im normalen Leben ist sie Ingenieurin. Ein paar Tage ganz ohne Technik und E-Mails ist für sie wie Urlaub. Dazu kommt: "Die Leute sind gut drauf." So wie die drei Frauen der Familie Wißmath aus Ansbach, die es sich im großen Holzzuber gemütlich gemacht haben. "Ein unglaublicher Genuss", schwärmen sie. Wie es im Mittelalter war, als die Menschen nur selten Gelegenheit zum Baden hatten, wollen sie sich gar nicht vorstellen. "Die Nasen müssen damals völlig anders gewesen sein", überlegen sie. Sonst hätte den Gestank niemand aushalten können.

In Schweiß gebadet sind Alexander Schmid und Markus Ziegler von der Hrafninn-Sippe aus Schwandorf. Die beiden führen Besuchern das Schmiedehandwerk vor. Während Ziegler unermüdlich das Schwungrad der Esse tritt, bearbeitet Schmid das im Feuer erhitzte Metall mit dem Hammer. Fragen wie "Ist das Feuer echt" oder "Ist das heiß" bekämen sie öfter zu hören, erzählen die beiden. Viele Besucher interessieren sich aber auch für das Handwerk.

Für Oloffsen, den Onoldsbacher, ist die Kinderschlacht zu Ende. Er hat sich wacker geschlagen, aber keinen Sieg davon getragen. Die Kinder haben ihn jubelnd mit ihren Schwimmnudeln in die Knie gezwungen. Der Ritter geht trotzdem erhobenen Hauptes vom Platz.

Übrigens: Der Bayerische Rundfunk zeigt am Donnerstag, 2. Juni, in der Sendung "Wir in Bayern" um 16.15 Uhr einen Beitrag über das Mittelalterfest.