Neuburg
Der schwierige Blick in die Zukunft

Maschinenring lädt zur Vorabaufführung des Films "Bauer unser" ein

22.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:36 Uhr

Die anschließende Diskussion an den Film, von Maschinenring-Mitarbeiter und Neuburgs Drittem Bürgermeister Johann Habermeyer geleitet, warf ein breites Meinungsspektrum auf. Verbindliche Zukunftsrezepte indes sind schwierig. - Foto: Heumann

Neuburg (lm) "Bauer unser" bringt den Agrarier-Stand ungeschminkt in die deutschen Kinos, in den österreichischen läuft er schon, recht zur Zufriedenheit seiner Produzenten. Vor dem offiziellen Deutschlandstart lud der Maschinenring jetzt zu einer Voraufführung ein. Die Diskussion im Anschluss war fast aufschlussreicher als das zuvor Gesehene.

Freilich, die Fragen nach der Zukunft der Landwirtschaft wie der Landwirtschaft der Zukunft blieben auch hier letztlich offen. Der Film von Helmut Grasser führt verschiedene, ein Stück weit alternative Bauernleben vor: den durchrationalisierten Großbetrieb mit 1300 Mastschweinen oder 45 000 Hühnern, den Ökobauern wie den Selbstvermarkter, der wöchentlich seine 700 Biokisten mit Obst und Gemüse an feste Abnehmeradressen ausliefert. Das Idyll von den glücklichen Tieren, das vornehmlich in der Nahrungsmittelindustriewerbung beschworen wird, begegnet dem Betrachter indes weniger. Wohlig machen die Bilder von der Fließbandroutine in einer modernen Großschlachterei so wenig wie bei der Hausschlachtung von Schafen in Nahaufnahme. Die Verantwortlichen von den Maschinenringen bewerten den Streifen absolut wertfrei, er zeige "gleichermaßen ungeschönt wie unaufgeregt, wie es auf Bauernhöfen zugeht". Die Frage bleibt, wie auch im Anschluss nach der Voraufführung am Mittwoch aufgeworfen: Hat so eine Dokumentation im Kino eine Chance?

Dazwischen gibt es immer wieder auch viel Statistisches und politische Statements. Das Meinungsspektrum ist weitest gespannt: von der Totalablehnung der Globalisierung bis zu schier unbekümmerter Wachstumsgläubigkeit. Die Landwirtschaft in Europa erlebe vielleicht gerade eine Durststrecke, habe aber glänzende Perspektiven für die künftige Welternährung, wie der zuständige EU-Kommissar es verkündet, in dem andere wiederum nur den Verfechter eines Marktradikalismus sehen.

Der Handel, die Politik, auch die Medien: Es ziehen schon gewisse Feindbilder durch die anschließende, höchst aufschlussreiche Diskussion, zu der die meisten der rund 200 Premierengäste denn auch blieben. Wer jetzt aber meinte, hier beginne nun das unisone Bauernlamento, wie schlecht es um den fleißigen Landwirt bestellt sei und wer und was dafür verantwortlich sei, sah sich eines anderen belehrt. Gerade unter den jüngeren Landwirten geht die Meinung über Gegenwart und Zukunft weit auseinander. Die Macht der Handelsriesen ist natürlich eine nicht wegzudiskutierende Größe, aber deshalb lieber wieder weniger Markt? Ist höhere Produktion oder Verknappung die richtige Antwort auf den niedrigen Milchpreis? Selbst Subventionen werden teils recht kritisch gesehen, treiben sie die Erzeugerpreise meist nur nach unten und verfehlten häufig ihr Ziel. Die andere Seite: Voran Biobetriebe erzielen derzeit bis zu 80 Prozent ihrer Erträge aus staatlichen Transferleistungen. Aber auch hohe Preise scheinen nicht unbedingt das Allheilmittel, steigen im gleichen Zeitraum und meist im nämlichen Ausmaß die Pachten, arbeitet der Landwirt letztlich wieder mal für Dritte. Oder wie es in dem Film von Helmut Grasser einmal so trefflich heißt: "Ich kann nicht aufhören, weil ich die Verbindlichkeiten habe." Aber auch davon berichtet der Film, von den Millionen importierter Ackerflächen - in Form von Sojakraftfutter aus Lateinamerika, um in Europa Milchpulver zu produzieren, das dann nach Lateinamerika exportiert wird.

Dies wiederum weiß niemand besser als die Leute vom Maschinenring: Die Technisierung in der Landwirtschaft schreitet in noch viel gewaltigeren Schritten als zuletzt schon weiter voran. Das bedinge weniger Personaleinsatz und Zeitaufwand, aber höheren Kapitalbedarf. Das mit dem Anfang und dem Ende ist eben das Problem jeder Spirale. "Bauer unser" - das klingt schon sehr nach "Vater unser." "Unser täglich Brot" - aber wo kommt es her, vom Bauern, vom Bäcker um die Ecke, aus dem Supermarkt, oder aus dem Backautomaten