München
Christbäume gegen Mastschweine

Zwei Landwirte treffen sich vor dem Verwaltungsgericht – und das Landratsamt erhält eine Watschn

10.12.2013 | Stand 02.12.2020, 23:19 Uhr

Noch steht nur ein Schweinestall im Diepoltshofener Außenbereich. Dort bringt der Landwirt Markus Mayr knapp unter 1500 Mastschweine unter. Im zweiten geplanten Stall sollen genau 1500 weitere Tiere Platz finden. Arch - foto: M. Schalk

München/Schrobenhausen (SZ) Unnötig, unbegründet, ohne Grundlage: Das Verwaltungsgericht München tilgte gestern eine Auflage nach der anderen, die das Landratsamt für die Genehmigung des Mastschweinestalls in Diepoltshofen gefordert hatte. Doch damit ist der Stall noch längst nicht gebaut.

Ein Grund sind die Christbäume von Michael Haas (kleines Foto). Der 64-jährige Landwirt aus Diepoltshofen, dem kleinen Waidhofener Ortsteil, besitzt dort eine ein Hektar große Fläche, auf der er Christbäume pflanzen wollte. „Und ein paar Reihen Blaubeeren“, wie er gestern erzählte.

Im März hatte er beim Landwirtschaftsamt Pfaffenhofen-Schrobenhausen einen Antrag gestellt. Ende Juli erfuhr er dann, dass ein anderes Projekt genehmigt worden war: nämlich ein Mastschweinestall für 1500 Tiere, nur sieben Meter von Michael Haas’ Grundstück entfernt. Aus Sicht des 64-Jährigen keine gute Grundlage für seine Christbäume, deren Gedeihen durch Ammoniak und Stickstoff aus der Abluft des Stalls beeinträchtigt werden könnte. Er klagte gegen den Genehmigungsbescheid.

Und er war nicht der einzige: Auch Landwirt Markus Mayr, der den Schweinestallbau beantragt hatte, war mit der Genehmigung unzufrieden – wegen mehrerer Auflagen.

Und so trafen sich die Parteien nun vor dem Verwaltungsgericht. Im ersten Verfahren ging es um die Auflagen – und da stellte Harald Geiger, der Präsident der ersten Kammer des Verwaltungsgerichts München, dem Landratsamt kein gutes Zeugnis aus. „Es fällt auf, dass der Bescheid zu den einzelnen Auflagen keinerlei Begründung enthält“, sagte Geiger. Bei einigen Punkten wisse er auch nicht, wie der Antragsteller sie erfüllen solle, schließlich handle es sich dabei lediglich um Hinweise.

Und dann gebe es einige Auflagen, die wohl nicht durch geltendes Recht abgedeckt seien: als wichtigste die Forderung nach dem Einbau einer Abluftreinigungsanlage in den bestehenden Stall auf Markus Mayrs Grundstück – mit Kosten in sechsstelliger Höhe. Die Auflage stützt sich auf ein Gutachten von Johannes Donhauser aus dem Gesundheitsamt des Landkreises, der auf die Gefahren unter anderem durch sogenannte bioaerosole Keime verwiesen hatte, die man durch eine Abluftanlage binden könne. „Was das Gesundheitsamt zu Bioaerosolen weiß, erstaunt uns. Das weiß sonst keiner“, sagte Geiger bei der Verhandlung. In der Wissenschaft werde das Thema sicher heiß diskutiert, „und ein sehr weitsichtiger Antragsteller würde wohl jetzt schon nachrüsten“, aber es gebe derzeit einfach noch keine Grenzwerte – und damit könne man das wohl auch nicht als Auflage verlangen. „Wir würden es aber trotzdem nur ungern zurücknehmen“, sagte Konrad Schneider, Leiter des Immissionsschutzes im Landratsamt.

Auch über die Auflage, das für die Abluftanlage benötigte Waschwasser vor der Einleitung in die Güllegrube zu untersuchen, wurde diskutiert – schließlich verschwand sie aus dem Katalog – allerdings mit dem Ersatzhinweis, dass die Anlage wasserrechtlich geprüft werde und eventuell entsprechende Maßnahmen einzuleiten seien.

Ebenfalls geeinigt haben sich Mayr und das Landratsamt über die Auflage, eine Mühle nur bei entsprechendem Lärm- und Staubschutz zu betreiben. „In einem geschlossenen Gebäude oder in einer anderen Art der Einhausung“ sei das möglich, so der Kompromiss – es ging offenbar nur um eine Formulierung, wie bei so mancher anderen Auflage auch.

„Es wäre vielleicht besser gewesen, den Genehmigungsbescheid erst mal dem Antragsteller zur Diskussion zu schicken“, sagte Geiger. „Die Zeit hat aber gedrängt“, erklärte Roland Weingut, einer der Vertreter des Landratsamtes. Der Landwirt habe immerhin schnell bauen wollen.

Doch er könnte noch länger warten: Wie sich im zweiten Verfahren zeigte, hatte die Naturschutzbehörde im Landratsamt sogar eine Stellungnahme zum Antrag des Christbaumzüchters abgegeben. Bei der Genehmigung des Stalls spielten die Bäume trotzdem keine Rolle – offenbar war die Stellungnahme nicht an den richtigen Stellen im Landratsamt angekommen. „Wir haben von Seiten des Landratsamtes keinerlei Aufklärung, welche Auswirkungen das Ammoniak von der Anlage auf die Christbaumkultur hat“, sagte Geiger. Dementsprechend könnte das Verwaltungsgericht ein Gutachten in Auftrag geben, das eine Prognose für den neuen Stall erstellt und die Emissionen des bestehenden Stalls in dem Bereich der geplanten Christbäume untersucht. „Das wird einige Zeit dauern“, erklärte Geiger – möglicherweise sogar ein Viertel- bis ein halbes Jahr. „Es wird sich also noch hinziehen, bis Herr Mayr bauen kann.“

Alle Seiten einigten sich schließlich darauf, erst einmal abzuwarten, wie das Landwirtschaftsamt über Haas’ dort immer noch vorliegenden Antrag entscheidet, bevor das Gericht wieder tätig wird. Geiger legte einen Zeitraum von sechs Wochen als Maximalfrist fest.