Jeannette
Fräulein Biehls Gespür für Gebäck

Manche Lebensträume zerplatzen wie Seifenblasen. Diese Erfahrung musste auch Jeannette Biehl aus Haslangkreit machen. Ihr Traum war es, als Konditorin mit ihren eigenen Kuchen durchzustarten. Doch dann kam alles ganz anders. Eine zuckersüße Geschichte vom Hinfallen, Aufstehen und Weiterbacken.

21.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:09 Uhr

Foto: DK

Jeannette Biehl ist Tortenfee. Sie nennt sich selbst gerne so. Und tatsächlich passt das auch ganz wunderbar. Mit den langen blonden Haaren, den hellgrünen Augen, den funkelnden Ohrringen und ihren tiefschwarz getuschten Klimperwimpern sieht die 28-Jährige wirklich ein bisschen nach Märchenfee aus. Dass sie auch eine Vorliebe für Rosa hat versteht sich irgendwie schon von selbst. "Eigentlich arbeite ich im Schrobenhausener Krankenhaus", erzählt sie. "Meine wahre Leidenschaft aber" - man ahnt es schon - "gehört dem Backen."

Vor rund sieben Jahren hat sie dieses Hobby durch Zufall für sich entdeckt. Weil sie einer Freundin zur Hochzeit etwas Persönliches schenken wollte. Die Idee: eine Torte. "Die war nicht perfekt, aber die Gäste fanden sie fast toller als die echte Hochzeitstorte", erinnert sich die Haslangkreiterin. "Also bin ich dran geblieben, hab gelesen, noch mehr gelesen und viel ausprobiert." Und egal wie verkorkst das Ergebnis war, in Jeannette Biehl meldete sich ein Gefühl, das sich nach so etwas wie Berufung anfühlte. "Ich dachte: Das ist was, womit ich mein Geld verdienen will." Dass auch genug Geld reingekommen wäre, daran hat Biehl keinen Zweifel. Schon einmal führte sie selbstständig einen Cateringservice, der ganz gut lief.

Nun sollte es Gebäck sein - saftiger Marmorkuchen, pfiffige Gugelhupfvarianten oder Zwetschgendatschi - Biehls Spezialität sind klassische Kuchen und Torten, die sie zum Teil aufwendig verziert. "Schon nach kurzer Zeit meiner Backkarriere wurde die Nachfrage nach meinen Kuchen immer größer", sagt sie. Freunde, Bekannte, Familie - dass Jeannette Biehl mit dem Rührlöffel quasi zaubert, sprach sich schnell herum. "Mein Traum wäre es gewesen, Kuchen zu backen und die dann zu verkaufen", sagt die 28-Jährige. Sogar eine vom Gesundheitsamt abgenommene Produktionsstätte gab es bereits.

Die Verwirklichung ihres Traumes schien in greifbarer Nähe. Fräulein Biehls Zuckerbäckerei sollte ihr Backservice heißen, sie hatte sich alles schon ganz genau ausgedacht, die Facebook-Seite war schnell erstellt und die Visitenkarten gedruckt. Doch der Plan ging nicht auf, auf der Zielgeraden war es schließlich eine Formalität, die den Traum zum Platzen brachte. "Wenn man seine eigene Backware verkaufen will, muss man Konditor- oder Bäckermeister sein", erklärt Biehl und schließt für einen Moment die Augen. Als sie das herausfand, sei sie geknickt gewesen, gibt sie zu. "Aber ganz begraben wollte ich die Idee nicht. Ich sagte mir, okay, dann machst du eben eine Konditorenausbildung."

Um es gleich vorweg zu nehmen: Einen Abschluss als Konditorin hat Jeannette Biehl bis heute nicht. "Aber das ist ganz gut so", sagt sie fröhlich. Denn unerwartet stellte sich heraus, dass ihr der Arbeitsalltag als Konditorin eigentlich nicht gefällt. "Ich habe zum Glück ein Praktikum gemacht, bevor ich tatsächlich eine Ausbildung angefangen habe", erzählt sie. Zwei Jahre ist das mittlerweile her. Da habe sie gemerkt, dass zwischen ihrem Hobby und der täglichen Akkordarbeit in einer Backstube doch Welten liegen. "Ich liebe das Backen, keine Frage. Aber mir ist klar geworden, dass ich um damit meinen Lebensunterhalt zu verdienen, viel mehr backen müsste, als ich es immer getan habe. Und dieses Schnelle, das Arbeiten im Akkord, immer wieder das Gleiche - das mag ich nicht." Viel lieber nimmt sich die 28-Jährige Zeit für ihre kleinen Kunststücke, probiert aus und gibt dem Ganzen eine persönliche Note. "Sowas dauert", sagt sie. Wer nun denkt, Jeannette Biehl hätte doch früher wissen müssen, dass ihre Idee nicht aufgehen würde, der irrt. Das macht sie klar. "Von außen sehen viele Dinge und eben Berufe anders aus, als sie sind. Manches muss man ausprobieren. Auch wenn man dann scheitert." Heute schätzt Jeannette Biehl die Erfahrung, die sie gemacht hat. Auch wenn die Zeit nach dem Praktikum alles andere als leicht war. "Auf der einen Seite war ich natürlich heilfroh, nicht die Ausbildung begonnen zu haben. Auf der anderen Seite wusste ich, dass es das war, mit meinem Traum von der eigenen Zuckerbäckerei", sagt Biehl.

Aber Jeannette Biehl ist ja nicht nur Tortenfee. Sie ist auch Optimistin. "Die negativen Gedanken habe ich beiseite geschoben und mir gesagt, so schlimm ist das nicht. Wichtig war auch meine Freundin Caro. Die bäckt selbst und hat mich ermutigt, weiterzumachen", sagt sie. Und genau das hat sie getan. "Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass ich meine Arbeit im Krankenhaus auch viel zu gerne mache, um sie aufzugeben und dass ich doch trotzdem weiterbacken kann. Sooft und so viel ich will."

Und genau das tut sie, ist Tortenbäckerin mit Leib und Seele - nur eben privat. Einen Stapel Einmalteller hat Biehl immer griffbereit in ihrem Küchenschrank. Denn wer bei ihr zu Besuch vorbeikommt, geht selten mit leeren Händen wieder nach Hause. "Irgendwo muss das Zeug ja hin, wenn ich es schon nicht verkaufen kann", sagt sie lachend. Dass sie bei ihren Kollegen im Schrobenhausener Krankenhaus recht beliebt ist, kann sich wahrscheinlich auch jeder vorstellen. Mindestens einmal in der Woche steht die gebürtige Münchnerin in ihrer Küche in Haslangkreit und backt. "Das muss sein, ohne fehlt mir was", sagt sie. Und schließlich gäbe es ohne immer neue Torten und Kuchen auch keine neuen Bilder für ihre Internetblogs.

Denn mittlerweile hat Jeannette Biehl auch noch eine andere Leidenschaft für sich entdeckt: das Fotografieren. Da lag es natürlich nah, dass sie sich wie jeder trendbewusste Foodie einen Blog auf der Internetplattform Instagram anschafft. Frauelein_biehl heißt der und hat schon 60 Follower. Ihre Facebook-Seite bringt es sogar schon auf 570 Fans. "Ich würde das gerne noch etwas ausbauen. Aber professionell zu bloggen, kostet wirklich viel Zeit", sagt sie. Dass sie irgendwann einmal Fulltime-Bloggerin sein wird, das will sie aber nicht ausschließen. "Generell schließe ich sowieso gar nichts mehr aus. Es kommt eben alles, wie es kommt", sagt sie gut gelaunt.

Noch vor sieben Jahren hätte Jeannette Biehl es selbst nicht für möglich gehalten, dass ein Hobby ihr Leben so beeinflussen könnte. "Aber das Backen hat mein Leben wirklich bereichert. Da habe ich auch erstmal gesehen, wie viel Spaß es macht, kreativ zu sein, sich neue Sachen zu trauen und auszuprobieren - auch wenn's nur ein Teig ist." Das habe sie auf ihr Leben übertragen. Und noch etwas habe sie gelernt: Wenn eine Tür sich schließt, öffnet sich eine neue. "Durch das Bloggen und die Lust am Selbermachen habe ich viele andere tolle Menschen kennengelernt. Gerade arbeiten wir gemeinsam an was Größerem", sagt sie. Was das ist, will sie aber noch nicht verraten. "Aber ihr werdet es bestimmt noch rechtzeitig mitkriegen", sagt sie und lacht ihr ansteckendes Tortenfeelachen.

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