Gachenbach
Was den Menschen ausmacht

Beinberg-Gespräch mit der Hochschullehrerin Elisabeth Zwick

23.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:15 Uhr

Gespräch auf dem Beinberg: Elisabeth Zwick mit Pfarrer Michael Menzinger (links) und Moderator Thomas Schwehr. - Foto: mbs

Gachenbach (SZ) Unter dem Titel "Reise durch die Welt der Menschenbilder" referierte im Rahmen der "Beinberger Gespräche" Elisabeth Zwick, Lehrstuhlinhaberin an der LMU in München für Allgemeine Pädagogik, Erziehungs- und Sozialisationsforschung.

Über 30 Zuhörer hatten Pfarrer Michael Menzinger und Moderator Thomas Schwehr im Wallfahrtsstüberl vor sich, als es um die Frage "Was ist der Mensch" ging. Sie führte über viele Um- und Irrwege angeblicher Wissenschaft. So glaubte Franz Josef Gall zu Beginn des 19. Jahrhunderts, die Anlagen des Menschen - von erkennbar ehelicher Untreue bis zu Mordlust - im Gehirn verorten und äußerlich am Kopf ablesen zu können. Was man aber als "Menschenbild" bezeichnet, meint mehr die seelische Seite der Existenz und die daraus entstehenden Überlegungen. Diese beginnen im europäischen Denken der Antike und führen über die frühe und mittelalterliche christliche Theologie bis zur heute immer mehr profanen Diskussion.

In einem philosophisch-theologischen Grundkurs zeigte Elisabeth Zwick die Entwicklung auf. Die Suche nach einem allgemein gültigen Menschenbild in Europa beginnt mit Platons Hinweis, dass vor allem die Vernunft den Menschen definiere. Schon sein Schüler Aristoteles nahm Korrekturen vor; der Mensch sei Mensch durch sich selbst, wobei Aristoteles noch eine natürliche Höherstellung des Mannes behauptete. Mit Augustinus kommt die Erbsünde ins Spiel, die im christlichen Denken sehr dominant wurde, allerdings auf einen Übersetzungsfehler zurückgeht - Augustinus war in Griechisch nicht sehr gut! Wesentlich, so im weiteren Denken, sei die Freiheit, die dem Menschen gegeben sei. Einige Jahrhunderte später verweist Thomas von Aquin auf das Gewissen als oberste Instanz der menschlichen Vernunft und billigt dem Menschen eine radikale Freiheit in seinen Entscheidungen auch Gott gegenüber zu.

Das Menschenbild in den verschiedenen Kulturen, erklärte die Referentin, rühre in erster Linie aus den Religionen her, weniger aus der Kultur selber. Im Christentum liege der wesentliche Kern in der Entscheidungsfreiheit des Menschen, aus dieser Freiheit resultiere Verantwortung. Der Mensch sei formbar durch Bildung, durch Erziehung zum Guten.

Der Islam, so Elisabeth Zwick, habe nicht dieses Verständnis vom Menschen mit freiem Willen. Und der Buddhismus - mehr lebenspraktische Haltung denn Religion - pflege einen sehr umfassenden Freiheitsbegriff. So habe ein Mensch im buddhistischen Denken sogar die Freiheit, nebenher Christ zu sein.