Deimhausen
Exportschlager Günter Beltzig

Der Deimhausener hilft den Südkoreanern, Indoorspielplätze zu realisieren ganz ohne Honorar

28.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:43 Uhr

Foto: DK

Deimhausen (SZ) Günter Beltzig ist Spielplatzbauer und dafür weltbekannt, sogar ein Projekt in Südkorea hat er am Laufen. Höchste Zeit also, einmal nachzufragen, wie es kommt, dass ausgerechnet sein Fachwissen in Fernost gefragt ist.

Die Haustüre steht offen, die Begrüßung ist herzlich. Günter Beltzig, seine Frau Iri und ihre Hündin Lucy haben zum Gespräch in ihr gemütliches Zuhause geladen. Der 75-Jährige trägt heute keine Flip-Flops, obwohl sie sogar im Winter sein Erkennungsmerkmal sind. Er bietet Tee an und macht es sich an einem mächtigen steinernen Tisch in seinem Garten gemütlich. Günter Beltzig, der weltweit bekannte Spielplatzbauer, hat momentan verschiedene Projekte in Arbeit. Zu einem seiner außergewöhnlichsten gehört wohl der geplante Indoorspielplatz in Südkorea.

"Südkorea zählt zu den Ländern mit der höchsten Kinderselbstmordrate", erklärt er. Die Kinder dort verzweifeln oftmals wegen des hohen Drucks in der Schule. "Die Eltern schicken ihren Nachwuchs nach der regulären Schule auf private Nachhilfeschulen. Aber nicht nur die Schlechten, sondern auch die Guten, um ihre Leistung immer weiter zu steigern. "Damit bringen sie sie an ihre Grenzen", so Beltzig. Spät abends kehren die kleinen Leistungsroboter nach bis zu zehn Stunden Schule zu ihren Familien zurück. "Das war unfassbar. Da laufen kleine achtjährige Kinder in Schuluniform um 10 Uhr abends vom Schulbus nach Hause. Ich habe gefragt, ob die erst um 12 Uhr mit dem Unterricht anfangen würden. Aber ne, ne, die Schüler fangen ganz normal um 8 Uhr an", erzählt er weiter. Wer nicht mithalten kann, werde als Verlierer angesehen. Wegen des strengen Schulplans schlug Günter Beltzig vor, Spielstunden in den langen Schultag der Kinder einzubauen. Dadurch können sich klassenübergreifende Gruppen bilden, die Schüler hätten eine kleine Abwechslung zu den regulären Schulstunden und Sozialkompetenz, Kreativität und Eigenverantwortung würden gefördert.

"Diese Fähigkeiten gehen den Kindern von heute langsam verloren. Die Schule könnte das verhindern. Wir werden als kleine Genies geboren und die Schule macht uns zu Normaldenkern." Irgendwie hat er recht. Die Idee einer Spielstunde konnte sich trotzdem nicht durchsetzen. Dennoch hat sich mittlerweile etwas getan. Die Regierung des Landes möchte dem beinahe maschinellen Denken entgegenwirken und Kindern einen Platz zum Spielen geben. Angefangen mit den Städten.

"Geplant ist dabei, Indoorspielplätze in Hochhäusern zu errichten", erzählt Beltzig, der das Konzept für besagte Indoorspielplätze erstellt. Ein Indoorspielplatz ist sinnvoll, da Südkoreas Städte dicht besiedelt sind, weshalb der Platz für einen normalen Spielplatz fehlt. Ein weiterer Grund ist der Smog, der wie ein nie endender Nebel über den Städten Südkoreas hängt und die Luft verpestet. Klingt, als wäre dieser besondere Spielplatz die perfekte Lösung für dicht bebaute Städte und kleine Stubenhocker. Es muss aber auch allerhand bedacht werden. "Die Sicherheit, Fluchtwege, einfache Überschaubarkeit und natürlich ein Rückzugsort für Kinder auf engem Raum - all das muss bei einem Indoorspielplatz mit eingeplant werden. Hinzu kommt, dass Kinder heute anders sind als früher", fügt Beltzig hinzu. "Früher musste ich mich eher darauf konzentrieren, meine Spielplätze so zu bauen, dass Kinder dort ihre Energie abbauen konnten. Heute gibt es überwiegend Einzelkinder, die eher mit dem Handy als mit ihren Spielkameraden spielen. Jetzt ist es meine Aufgabe, dass sie wieder anfangen, zusammenzuspielen."

Um selbst aktiv bei der Planung des Indoorspielplatzes dabei zu sein, müsste der Spielplatzbauer für längere Zeit in Südkorea bleiben, um den Bau zu überwachen. Dafür finde er sich aber zu alt. Er gebe deshalb den entsprechenden Firmen Vorschläge und sehe sich eher als "Berater und Denkanstoßer". Die Firmen sollen ihre Einfälle einbringen können und den Hintergrund seiner Ideen erkennen. Um diese Ideen in die Tat umzusetzen, engagierte die südkoreanische Firma Arbeitslose und schwierige Fälle. Diese sollen dann den Indoorspielplatz als Arbeitstherapie bauen. "Das find ich toll. Ich möchte den Firmen auch zeigen, nicht so kommerziell zu denken. Deswegen verzichte ich auch auf mein Honorar, damit die Arbeiter dann mehr bekommen. Ich Weltverbesserer", sagt Beltzig und lacht.

Seine Vorschläge hat der Denkanstoßer in seinem kleinen Kämmerchen, vollgestopft mit Zeichnungen, Büchern, Karten und einfallsreichen Notizen. "Ich möchte für die Kinder kleine Häuser an den Wänden zum Verstecken. In der Mitte sollen ein paar Pflanzen gepflanzt werden, für frischen Sauerstoff. Und hier soll Sand hin, damit die Kinder dort buddeln können", erklärt er und deutet dabei auf seinen Skizzen herum. Wann genau die Konzepte, Ideen und Vorschläge von Berater, Denkanstoßer und Spielplatzbauer Günter Beltzig fertig und in die Tat umgesetzt werden, ist unklar. Sicher ist, dass sich viele Kinder auf das Ergebnis ihres Indoorspielplatzes freuen dürfen.