Berg
Ein Berg im Gauer Kindl

60 MINUTEN mit Bürgermeister und Bauhofleiter Helmut Roßkopf

04.09.2015 | Stand 02.12.2020, 20:50 Uhr

Wasserprobe um halb sieben: Helmut Roßkopf kümmert sich in seiner Rolle als Gemeindearbeiter vornehmlich um das Berg im Gauer Abwasser. Quasi nebenbei stemmt er seit 2007 das Bürgermeisteramt. Völlig abschalten kann der 54-Jährige beim Rasenmähen - Foto: Schmied

Berg im Gau (SZ) Pünktlich um 6.30 Uhr beginnt sein Arbeitstag – in Orange. Das erste, was Helmut Roßkopf in schöner Regelmäßigkeit täglich wiederholt, ist sein Kontrollgang über die Kläranlage. Das Berg im Gauer Abwasser ist sein Metier, wenn er in die Tracht des Gemeindearbeiters schlüpft. An diesem Tag hat das allerdings nicht geklappt. Seit sieben Uhr ist Roßkopf im Büro gesessen, um die nächste Gemeinderatssitzung vorzubereiten.

„Bebauungspläne. Und Asyl“, benennt er die Themen, als er um zehn Uhr vormittags auf dem gemeindlichen Bauhof aus dem Auto steigt und sich kurz mit Kollege Robert Egle austauscht. Seit sieben Jahren ist der 54-Jährige nicht mehr nur Bauhofleiter, sondern auch Rathauschef. „Und Umzugsweltmeister“, ergänzt er mit einem breiten Grinsen.

Zwei oder drei Mal am Tag tauscht er den orangefarbenen Anzug gegen Hose und Hemd – je nachdem, in welchem seiner beiden Jobs er gerade gefragt ist. Wie ist es eigentlich, sein eigener Gemeindearbeiter zu sein? „Das klappt ganz gut, weil ich ja bei der Kommune angestellt bin“, erklärt er. Und dafür, dass sich beide Aufgaben nicht überschneiden, gebe es eine einfache Formel: „Für den Bauhof gibt es einen Berg an Arbeit, und der muss so schnell wie möglich weg.“ Heißt: Roßkopf und seine beiden Kollegen Hans Mayr und Robert Egle besprechen am Morgen, was zu tun ist, danach geht alles Hand in Hand. „Jeder kann alles und jeder macht alles“, sagt Roßkopf und verschränkt die Finger ineinander, um zu zeigen, wie die Zahnräder des Bauhofes ineinander greifen. Als „Big Boss“ will Roßkopf nicht wahrgenommen werden. „Ich bin ich, nicht mein Job. Darum picke ich mir auch keine Rosinen raus.“ Die einfache Formel scheint aufzugehen. Wer wann was erledigt, ist im Grunde egal. Denn die Rechnung wird am Abend gemacht. „Wenn der Berg Arbeit weg ist, ist alles in Ordnung. Die Leute sind zufrieden und wir haben unsere Ruhe“, meint der Bürgermeister und seine blauen Augen blitzen schelmisch.

Die Stunden könne er sich – dank Teilzeit – flexibel einteilen. „Wenn ich sonntags an einem schiefen Leitpfosten vorbeifahre, rücke ich ihn eben gleich gerade.“ Da ist sich der Rathauschef für nichts zu schade, steigt immer als Erster in den Abwasserschacht, wenn es ein Problem mit dem Kanal gibt. „Wo steht denn geschrieben, dass sich ein Bürgermeister nicht dreckig machen darf“ Roßkopf lacht. „Eben! Wichtig ist doch, was drinsteckt.“ Und wenn er den Herrn vom Wasserwirtschaftsamt dann doch einmal in Orange begrüßt, ist das eben so.

Nachdem er auf dem Bauhof nach dem Rechten gesehen hat, bricht er auf Richtung Kläranlage. Es ist halb elf. Während er mit Tempo 40 den Ort durchquert, wandern seine Augen wachsam über Straße, Gehsteig, Grünanlagen. Als Gemeindearbeiter kennt er jeden Stein und jeden Grashalm in Berg im Gau. „Das kann ich als Bürgermeister nutzen. Man sieht viel mehr.“ Beim Rasenmähen zum Beispiel könne er völlig abschalten. „Wenn ich meine Ohrstöpsel drinhabe, gibt’s auch kein Handy mehr. Da dreht sich alles nur um einen Gedanken: Wie kann ich meine Gemeinde weiter verschönern“ Mit dem Bauhof verbindet ihn so auch die längere Beziehung. 1991 hat er dort angefangen. Rathauschef ist er seit 2008.

Berg im Gauer Kindl – so bezeichnet sich Roßkopf selbst. Zwar wurde er in Pöttmes geboren, aber schon von dort aus konnte er den Kirchturm seiner künftigen Heimat sehen. Roßkopf zwinkert. Mit drei Jahren kam er mit Eltern und Geschwistern hierher, in die schöne ländliche Gemeinde mit den acht Ortsteilen und den 1276 Einwohnern – das zitiert Roßkopf aus dem Stegreif –, wo jeder jeden kennt. Mit Kollege Mayr wird so erst einmal gefachsimpelt. Dieser ist auf dem Kläranlagengelände gerade dabei, den Bulldog zu waschen. Danach zieht es den Bürgermeister ins Labor. „Wenn ich hier die Wasserproben analysiere, ist die Tür abgesperrt. Da muss man sich konzentrieren und voll bei der Sache sein“, betont er. Überhaupt sei die strikte Trennung zwischen Gemeindechef und Gemeindearbeiter ungemein wichtig. „Die jeweilige Arbeitszeit stemple ich im Kopf ab, sonst funktioniert das nicht.“ Und so schlüpft Roßkopf an diesem Tag wieder in die Rolle des Rathauschefs, als er die Kläranlage verlässt und sich auf den Weg in den Sitzungssaal macht.