1000 Schuss auf das Räuberversteck abgefeuert

08.10.2008 | Stand 03.12.2020, 5:32 Uhr

Letztes Bild einer zwölfteiligen Serie zum Kneissl-Lied, das die Hinrichtung des Räubers in Augsburg zeigt. - Foto: Rödig

Schrobenhausen (SZ) Als Maria Danner und Mathilde Lorenz im Rahmen der polizeilichen Kontrollen im Februar 1901 in den Verdacht gerieten, Mathias Kneissl heimlich mit Kleidung zu versorgen, stritten sie dies ganz energisch ab, aber zwei Wochen später erklärte sich Mathilde Lorenz zur Mitarbeit bereit. Als Motiv gab sie an, sie wolle, dass das Blutvergießen und die Raubüberfälle enden. Vielleicht spielte aber auch die Belohnung von 1000 Mark eine Rolle.

Das Kneissl-Lied kommentiert diese Ereignisse so: "Bei dieser Kneisslfangerei / da war zuletzt ein Weib dabei / sie sah in ihrem Hirn / die tausend Markl fliegn."

Über einen Freund Kneissls wurden Botschaften ausgetauscht und ein Treffen arrangiert. Am Samstagabend, 2. März, kamen Maria Danner und ihre Tochter Mathilde mit dem Zug aus München und machten sich auf dem Weg zu Kneissl. Dabei markierten sie ihren Weg mit Orangenschalen und Konfetti. Aber dann ging einiges schief, man verlor über Nacht die Spur der beiden und es schien, als ob Kneissl wieder einmal entkommen könnte. Aber am nächsten Morgen gelang es dann doch, die beiden Frauen wieder zu finden und sie konnten der Polizei den momentanen Aufenthaltsort Kneissls mitteilen: Er hielt sich in Geisenhofen auf dem Anwesen des Gütlers Merkl auf. Das weitere Geschehen wurde schon häufig erzählt und niedergeschrieben. Nachdem die Gendarmen und Schutzleute den Hof umstellt hatten, durchlöcherten sie mit über 1000 Schuss den Stadel, und es grenzt fast schon an ein Wunder, dass Kneissl, der nicht zurückschoss, dabei nicht tödlich getroffen wurde, sondern schwer verletzt überlebte. Er hatte einen Steckschuss in den Kopf, zwei Schüsse in den rechten Oberarm, einen Streifschuss am rechten Handgelenk und eine lebensgefährliche Verletzung des Unterleibs erlitten ("Zerscht hom’s nan zuagricht").

Der Pfarrer von Aufkirchen nahm ihm die Beichte ab und erteilte ihm die Sterbesakramente. Aber durch eine sofortige Operation in der Chirurgischen Klinik in München konnte sein Leben fürs Erste gerettet werden ("dann hom s’nan hergricht").

In Kneissl-Lied wird das Geschehen folgendermaßen geschildert: "Und aufs Kommando eins, zwei, drei / fliagn a scho tausend Kugln nei / der Dachstuhl der hat zittert / unds Dacherl, des fallt ei. Ja, dass an Hiasl g’fanga haben / dös is uns wohl bekannt / zum Krüppl ham’s ’n gschossn /dös woas dös ganze Land."

Liberale Zeitungen sahen in dieser Aktion, bei der Kneissl ja keinen Widerstand geleistet hatte, schon eine Art von vorgezogenem Hinrichtungsversuch. Der 25-jährige Mathias Kneissl wurde in Augsburg am Freitag, den 21. Februar 1902 aus seiner Zelle zur Hinrichtung abgeholt und genau eine Minute und 22 Sekunden später fiel schon sein Kopf unter dem Fallbeil. Der Sarg mit der Leiche wurde Kneissls Mutter Therese auf dem katholischen Friedhof übergeben und dort fand sofort in aller Stille die Beerdigung statt ("dann hom’s nan higricht").

Ein Kneissl-Lied endet mit Strophe 20 folgendermaßen: "Ob da Hias in Himmel kemma is, / des ko neamad sogn. / Ob er in der Höll druntn Hoaza is / des müassat ma erst derfragn. / Ma büaßt, was ma vabrocha hot, / vom Herrgott wern ma alle g’richt, / wenn’s gnau geht, san ma alle gleich / und Sünda vor Gottes Angesicht." ? Fortsetzung folgt