99 Jahre verschwunden

19.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:40 Uhr

Zum Leserbrief von Rudolf Markert "Auch Bäume sind schutzbedürftig" (PK vom Freitag, 16. März):

Herrn Markerts Leserbrief in Bezug auf die Bedrohung unseres bayrischen Baumbestandes durch den Biber liest sich äußerst erschreckend und rüttelt wach. Geht von den kleinen, knopfäugigen Nagern wirklich eine derartige Gefahr für die Natur, wie wir sie kennen, aus?

Betrachten wir einmal die Fakten: Der Biber ist ein Ureinwohner Eurasiens und wurde erst 1867 in Bayern ausgerottet, nachdem wenige Jahre zuvor auch schon der letzte Luchs getötet worden war. Wieder einmal war unser Land um eine Tierart ärmer geworden.

Für 99 Jahre blieb das Urzeittier verschwunden. Doch 1966 wurde der Biber in Bayern wieder eingebürgert. Aber nicht alle waren glücklich darüber. Berichte über Probleme mit Bibern häuften sich. Hier muss man aber Vorurteile von Wahrheit trennen. Sicherlich gibt es immer wieder Interessenskonflikte zwischen Menschen und den großen Nagern. Das darf nicht unter den Tisch gekehrt werden, aber einige Behauptungen lassen sich leicht widerlegen.

Beispielsweise das Vorurteil, Biber brächten Dämme zum Einsturz. Es gibt laut Bund Naturschutz keinen Fall, bei dem Biber einen Dammbruch verursacht hätten. Schon allein, um der Möglichkeit vorzubeugen, werden Dämme vom Wasserwirtschaftsamt durch verschiedene Methoden gegen Grabschäden abgesichert.

Doch wie sieht es mit dem Schutz von Bäumen aus? Nahezu jeder Spaziergänger kennt diese markant abgenagten Stämme. Sind die flussnahen bayrischen Baumbestände bedroht? Doch auch hier kann Entwarnung gegeben werden. Bei normalem Auwaldbewuchs fallen gefällte Bäume nicht weiter ins Gewicht. Insbesondere Weide oder Erle treiben trotzdem im Folgejahr wieder aus. Lediglich bei Uferbereichen, die vom Menschen gestaltet wurden, müssen Bäume gegebenenfalls mit durchaus wirksamen Drahtgeflechthosen geschützt werden. In diesen Fällen bleibt natürlich auch die Frage, ob es sinnvoll ist, im Uferbereich keine naturnahe Auwaldvegetation zuzulassen. Unter den genannten Aspekten erscheint es mir keineswegs gerechtfertigt, in Panik zu verfallen, wenn sich diese Tierart ihre Heimat zurückerobert.

Vielleicht haben wir lediglich verlernt, optimistisch zu denken. Unsere Vorfahren wussten es sicherlich noch zu schätzen, dass in Biberrevieren die Fischdichte bis zu 80-mal höher sein kann, als in Gewässern ohne Biber. Und wir machen uns Sorgen, wenn der Biber zurückkehrt, der maximal nur fünf Prozent von Bayern besiedeln kann und sich fast nie mehr als 20 Meter von Gewässern entfernt. Ist das gerechtfertigt? Ich muss Herrn Markert voll und ganz zustimmen, wenn er schreibt, für den Naturschutz müsse viel mehr geschehen und dass wir aus dem lernen sollten, was zurückliegt. Wir müssen die Artenvielfalt in Deutschland erhalten. Ebenso, wie wir Natur, das "Nicht vom Menschen Geschaffene" zulassen müssen, inclusive mehr als eine Hand voll aufgezählter Tiere.

Außerdem sollten wir uns alle einmal an die eigene Nase fassen. Würde man in einer Mappe die Umweltzerstörung durch den Menschen in unserem Landkreis dokumentieren, dafür würde in dieser Zeitung sicherlich nicht genügend Platz sein.

Anna Haller

Vohburg