Gesundheit von Mensch und Tier muss vor dem Profit stehen

04.11.2016 | Stand 02.12.2020, 19:06 Uhr

Zum Artikel "Hähnchenmast: Behörde ebnet den Weg" (PK vom 29./30. Oktober):

Jetzt wird im Landratsamt tatsächlich - oder ist das schon längst entschieden? - geprüft, beraten und diskutiert, ob das Projekt Hühnermastbetrieb in Eschelbach genehmigt werden soll oder nicht. Ein Betrieb mit 146 000 Hühnern ist geplant. 146 000 Hühner in einer Anlage, da reicht meine Vorstellungskraft nicht aus. Auf einem normalen Bauernhof laufen vielleicht überschaubare 10 bis 15 Hühner herum. Laufen werden diese Hühner vermutlich nicht viel, zu eng werden die Platzverhältnisse sein und der Gestank wird vermutlich fürchterlich sein. Nicht nur für die Tiere!

Aber es geht nicht um Eschelbach, sondern grundsätzlich darum, was diese Betriebe in diesen Größenordnungen für den Menschen, die Tiere und Umwelt bedeuten. Es stellt sich mir die Frage, wozu und warum diese Betriebe eine Genehmigung erhalten sollen.

Ist der Bedarf nach Fleisch in Deutschland noch nicht gedeckt? Nein! Zurzeit haben wir eine Überproduktion von 20 bis 25 Prozent. Es ist einfach falsch zu behaupten, die Nachfrage sei so groß.

Die Tiermastunternehmer möchten Geld verdienen. Na klar! Mit großzügigen Subventionen. Geld, das wir anderweitig gut gebrauchen könnten. Mit unseren Steuergeldern soll also billiges Fleisch "produziert" werden. Unser Bedarf ist längst gedeckt, also geht dieses Fleisch zum Beispiel nach Afrika. Unsere Exporte verschärfen die Verhältnisse in diesen Ländern enorm. Der Geflügelmarkt spielt in Afrika eine große Rolle. In vielen Gebieten ist der einheimische Markt durch die Exporte aus dem Ausland komplett zusammengebrochen, weil Billig-Lohn-Tiefkühl-Geflügel-Abfälle aus Europa, und auch Deutschland, auf den afrikanischen Märkten verschleudert werden. Diesen Menschen wird dadurch ihre Lebensgrundlage entzogen. Und übermorgen stehen sie dann vor unseren Grenzen und Türen und suchen eine neue Lebensperspektive. Welche Bedeutung haben diese Betriebe für den Menschen und die Tiere? Dass die Tiere artgerecht gehalten werden, das halte ich für ein Märchen. "Die Studie des Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) zum Antibiotika bei Masthähnchen ist eine Bankrotterklärung der Gefügelindustrie", so Paul Kröfges, Landesvorsitzender des BUND. "Wenn in vier von fünf Mastdurchgängen den Tieren Antibiotika verabreicht werden, läuft hier die Tierhaltung völlig aus dem Ruder und gefährdet auch die Gesundheit der Verbraucher". Als zentrale Ursache für den häufigen und offenbar systematischen Medikamenteneinsatz sieht der BUND die hohe Besatzungsdichte in den Ställen und die enormen Bestandsgrößen, bei denen einzelne erkrankte Tiere praktisch kaum erkannt und in "Krankenabteile" ausgesondert werden können. Die Gefahr einer schnellen Ausbreitung von Krankheiten sei hier besonders groß. Bei Mastdurchgängen sind bis zu 83 Prozent in NRW-Hähnchenställen derart erkrankt, dass sie mit Antibiotika behandelt werden müssen, so der BUND. Da sage ich nur: Guten Appetit!

Wer möchte dieses Fleisch konsumieren? Ich nicht!

Wie es bei dieser Haltung den Tieren ergeht, da braucht man sich nur an die Bilder erinnern, die in regelmäßigen Abständen durch die Medien gehen. Da sind halbnackte und zerhackte Hühner zu sehen, die für uns ein gesundes Lebensmittel darstellen sollen. Ich glaube schon längst nicht mehr an den Osterhasen. Was geschieht mit den Abfällen und der Gülle? Verschmutztes Grundwasser? Verseuchte Böden? Der Gestank für die Anwohner? Alles kein Problem, da gibt es Filteranlagen ect. ect. An den Weihnachtsmann glaube ich auch nicht mehr! Die Gesundheit der Menschen und Tiere muss vor dem Profit der Unternehmer stehen, die auch noch unsere Steuergelder kassieren wollen.

Dass es auch anders geht, zeigt Neuland. Da gibt es keine Gülle, sondern Festmist, der für die Bodenfruchtbarkeit auf den Äckern verwendet wird. Artgerechte Tierhaltung und Futter aus Ökolandbau. Käfighaltung und Vollspaltenböden sind untersagt, stattdessen müssen die Ställe über ausreichend Ruhe und Liegeflächen mit trockenem Einstreu verfügen (machen sie das mal bei 146 000 Hühnern) und der Auslauf ins Freie gewährleistet sein.

Wir dürfen uns auch nicht länger über millionenfache Vergasungen und das Schreddern von männlichen Küken beklagen, sondern müssen bewusster wählen, was wir so "appetitlich verpackt" im Einkaufskorb haben und essen. Qualität statt Quantität und weniger ist oft mehr, kann auch eine Devise sein!

Ich bin ja gespannt, wie sich das Landratsamt entscheiden wird. Gewerbesteuereinnahmen für Städte und Kommunen haben ihre Berechtigung, aber nicht auf Kosten der Gesundheit und leidender Tiere.

Helmut Sieczka

Ilmmünster