Vohburg
Eine Urlaubsvertretung aus Kerala

Der indische Priester Mathew Pittapillil kümmert sich derzeit um die Pfarrgemeinde St. Peter in Vohburg

25.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:53 Uhr

Tief verwurzelter Glaube: Der Priester Mathew Pittapillil lehrt als Professor an der Universität Kottayam im indischen Bundesstaat Kerala. Dort gehören rund 20 Prozent der Menschen dem Christentum an.

Vohburg (PK) Kerala ist ein besonderer Bundesstaat in Indien. Es leben dort auf einer Fläche von 38 863 Quadratkilometern prozentual viel mehr Christen als im Rest des Landes.

Kerala ist zudem die Heimat des Priesters Mathew Pittapillil, der sich derzeit um die Pfarrgemeinde St. Peter in Vohburg kümmert. Für Mathew Pittapillil war es eine lange Reise. Insgesamt zwölf Stunden war der Geistliche unterwegs. Zunächst mit dem Flugzeug vom indischen Bundesstaat Kerala nach Frankfurt, und von dort mit dem Zug nach Oberbayern. Das Ziel seiner Reise: die Stadt Vohburg. Es ist bereits das vierte Mal, dass Priester Pittapillil in der alten Herzogstadt Pfarrer Thomas Zinecker während dessen Urlaub vertritt und sich als Seelsorger um die Pfarrgemeinde St. Peter kümmert. Der 37-Jährige kann sich noch gut an seinen ersten Besuch in Vohburg vor vier Jahren erinnern: „Es war wunderbar, die Menschen haben mich sehr herzlich aufgenommen.“ Er habe Vohburg bis dahin nicht gekannt. „Ich hatte einfach einmal beim Bistum Regensburg nachgefragt, ob ich eine Urlaubsvertretung machen kann. Ich wollte meine deutschen Sprachkenntnisse vertiefen.“ Das Bistum habe ihm den Wunsch in Vohburg ermöglicht. Damals war Mathew Pittapillil noch Philosophiestudent an der Lateranuniversität in Rom. Inzwischen lehrt er als Professor an der Universität in Kottayam. Die Stadt liegt im südindischen Bundesstaat Kerala – ebenso wie Pittapillils Heimatstadt Kochi.

Kerala sei im Hinblick auf die Religionen ein besonderer indischer Bundesstaat, sagt der Priester. Er erklärt, dass etwa zweieinhalb Prozent aller Menschen in Indien Christen seien. Von den 35 Millionen Einwohnern in Kerala seien dagegen fast 20 Prozent der Leute Anhänger des christlichen Glaubens. An was das liegt? – „Am Heiligen Thomas“, antwortet Pittapillil. Er erläutert, dass der Apostel während einer Reise im Jahr 52 nach Christus in Kerala etliche Menschen zum Christentum bekehrt habe. Unter den indischen Christen existieren dabei verschiedene Konfessionen wie die Syro-Malabaren und die Syro-Malankaren sowie die Anhänger der Lateinischen Kirche. „Die Hinduisten sind aber mit rund 55 Prozent auch in Kerala in der Mehrzahl“, berichtet der Priester.

Gemeinsam mit einem Bevölkerungsanteil von 25 Prozent Muslimen existierten die verschiedenen Religionen in Kerala friedlich nebeneinander – und das schon seit etlichen Jahrhunderten. Gerade für die Hinduisten seien andere Glaubensrichtungen deshalb kein Problem, weil es keine prophetische Religion sei. „Der Hinduismus ist eine traditionelle Religion, die aus dem Einfluss unterschiedlicher Literatur gewachsen ist, und die viele Götter verehrt“, erläutert Mathew Pittapillil.

Was dem Priester allerdings Sorgen bereitet, ist, dass die indische Mehrheitsreligion in den vergangenen Jahren zunehmend „politisch“ geworden ist. So sei die Regierungspartei „Bharatiya Janata Party“ (BJP) eine sehr extreme, rechtskonservative Partei aus Hindu-Nationalisten. Von deren Seite würde auch versucht, auf den akademischen Bereich Einfluss zu nehmen. „Es werden zum Beispiel schon Schul- und Lehrbücher umgeschrieben“, berichtet der Geistliche. Das Ziel: Es soll eine vorbildhafte Hindu-Nation dargestellt werden. „Auf diese Weise kann leicht eine ganze Generation manipuliert werden.“ In dem demokratischen Land herrsche zwar Medienfreiheit, es könnten aber viele Menschen in Indien weder lesen, noch schreiben. „Sie hören dann von den jungen Leuten die fehlerhaften Fakten und glauben sie“, äußert der Priester seine Sorge. In Kerala sei die Situation allerdings anders. „Dort hat die BJP bei der Wahl keinen Platz gewonnen“, betont er. Das liege daran, dass der Bildungsstandard dort sehr hoch sei. Grund: In Kerala seien bereits sehr früh Missionare und später auch die katholische Kirche aktiv gewesen. „Es gibt dort auch sehr viele Schulen und Universitäten.“

Trotz des hohen Bildungsstands leben aber gerade die Hinduisten auch in Kerala nach wie vor streng nach dem Kastensystem, nach dem die Menschen bereits von Geburt an in Gesellschaftsklassen eingeteilt werden. „Nach dem hinduistischen Glauben sind die Menschen der jeweiligen Kasten aus verschiedenen Körperteilen des Urvaters gemacht worden“, erläutert Mathew Pittapillil. So wären Handwerker zum Beispiel aus seinen Füßen und Soldaten aus seinen Armen entstanden. „Es gibt gerade auch außerhalb von Kerala viele Hinduisten, die zum Christentum konvertieren, um dem strengen Kastensystem zu entkommen.“ Gesellschaftlich würden sie trotzdem oftmals nicht als gleichgestellte Menschen behandelt.

Um Vorurteile und „komische Ideologien“ abzubauen, sei die missionarische Tätigkeit in Indien daher auch künftig sehr wichtig, betont Mathew Pittapillil. Er selbst leitet in Indien keine Pfarrei, zumal er sehr viel Arbeit an der Universität hat. Der indische Priester kümmert sich noch bis 10. September um die Vohburger Pfarrei. Ob er kommendes Jahr erneut als Urlaubsvertretung in die Herzogstadt kommt, steht allerdings noch in den Sternen. Er erklärt: „Das hängt davon ab, ob ich es zeitlich mit meiner Arbeit an der Universität vereinbaren kann.“