Scheyern
Ein unvergesslicher Sommernachtstraum

Nach zwei Jahren Pause trumpft das Open-air im Kloster Scheyern wieder groß auf

25.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:53 Uhr

Scheyern (PK) Ein eindrucksvolles Konzert mit einem bestens aufgelegten Ensemble und herausragenden Solisten hat den Besuchern das klösterliche Open-air beschert - an einem glanzvollen Sommerabend diesen Samstag. Es war "erste Sahne" für die Liebhaber klassischer Musik.

Großartig, glanzvoll, stimmungs- und humorvoll: Lobeshymnen, die volle Berechtigung haben. Denn was das georgische "Tbilisi State Chamber Orchestra" mit Dirigentin Cornelia von Kerssenbrock und herausragenden Solisten auf die Bühne brachte, begeisterte das Publikum im bestuhlten Bereich des Klosterhofes ebenso wie auf den mitgebrachten Decken oder Campingstühlen auf den Rasenflächen. Es waren neben der humorvollen und informativen Moderation von Kerssenbrock vor allem der chinesische Tenor Chuanliang Wang und die italienische Sopranistin Elisa Cenni, die gesanglich und wegen ihrer sympathischen Ausstrahlung von Beginn an die Herzen des Publikums gewannen.

Die Auswahl der Musikstücke tat ein Übriges: Jean-Philippe Rameaus komische Oper "Platée" stammt aus der Zeit des französischen Sonnenkönigs Louis XIV. und beginnt mit einer schwungvollen Ouvertüre, mit der das Streichorchester eine erste, beeindruckende Probe seines Könnens ablegte - bis hin zu hörbar gemachten, zuckenden Blitzen im Satz "Orage" - auf deutsch "Gewitter" - oder gefühlvolle Moll-Töne im Menuett. Dann ging's weiter im Barock zu Händels Opern "Xerxes" und "Alcina". Gelegenheit für die beiden Gesangssolisten für ihre ersten Arien-Auftritte: Chuanliang Wang mit seiner kraftvollen Tenorstimme und Elisa Cenni mit ihrem strahlendem Sopran bezauberten das Publikum vom ersten Ton an. Sommerlich-fröhlich und beschwingt ging es weiter mit Telemanns "Don Quichotte", der gegen Windmühlen kämpft. "Was in der heutigen Zeit wieder aktuell wird", meinte die Dirigentin und malte ein Bild der Handlung, deren Szenen musikalisch interpretiert wurden. Bei Mozarts "Zauberflöte" ging Tamino in Person von Wang auf die Suche nach seiner Pamina, begleitet von einem Musiker als Papageno mit seiner Zauberflöte, der wie zufällig auf einem Mäuerchen in einigem Abstand von der Bühne saß. Die Arie der "Königin der Nacht" mit Elisa Cenni geleitete das Publikum hoch gestimmt in die Pause. Dann aber flogen buchstäblich die Federn bei Haydns Sinfonie Nr. 83 "La Poule" (Das Huhn), bei der Cornelia von Kerssenbrock mit ihrem temperamentvollen Dirigat das Notenpult fast zum Einsturz brachte. Eine sinfonische Glanzleistung des wie aus einem Guss spielenden Orchesters, das eine herausragende Präzision und eine harmonische Klangfülle auszeichnet. Romantisch-anrührend und auch darstellerisch ausdrucksvoll das Duett "Prendi" von Adina und Nemorino in Donizettis Oper "Der Liebestrank", bei dem Tenor Wang anfänglich von den Pizzicati der Streicher begleitet wurde, bis der Sänger etliche Takte rein solistisch zu bewältigen hatte - was ihm eindrucksvoll gelang. Bravorufe aus dem Publikum dafür. Die aber bekam auch Sopranistin Celli für ihre Koloraturpassagen, bei denen sie in höchsten Höhen tirilierte wie eine Nachtigall: eine gesangliche Glanzleistung. Dass sie mittendrin ihren Gesangspartner spontan umarmte und küsste, verblüffte für einen Moment selbst die Dirigentin. Offenbar hatte der Liebestrank gewirkt. Dann wieder das Orchester mit dem "Tanz der Schwäne" aus dem Ballett "Schwanensee". Zwar ohne Ballett-Tänzer, dafür aber mit der Konzentration allein auf die Musik - und die hat sich gelohnt. Nach der Arie der Musetta mit Elisa Cennis aus Puccinis Oper "La Boheme" folgte Chuanliang Wang mit dem Klassik-Ohrwurm "La donna e mobile", bevor als Reminiszenz an die Herkunft des georgischen Orchesters vier kleine volkstümliche Stücke die Musik ihres Landes verdeutlichten.

Das Trinklied aus Verdis "La Traviata" interpretierte das Duett noch einmal in bester Laune und gab die gesamte Atmosphäre des Abends noch einmal wieder. Den verdankte man Pater Lukas Wirth, dessen Kontakte aus einer Reise nach Georgien zu den "Georgian Sinfonietta" führt, wie das Ensemble auch genannt wird. Und so wurde wahr, was Abt Markus Eller vor Konzertbeginn betont hatte. Wunderschöne Musik hebe die Stimmung - und er hoffe, dass die Zuhörer nach dem Konzert beschwingt nach Hause gehen würden. Das taten sie auch. Die meisten sogar in Hochstimmung, um genau zu sein.