Rohrbach
Mit Kopf, Herz und Gummistiefeln

Imposanter Erfolg: BN-Kreisgruppe hat über 300 000 Amphibien vor Tod auf der Straße gerettet

29.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:11 Uhr

Allen Grund zum Strahlen haben die Vertreter der Kreisgruppe des Bund Naturschutz, Christine Janicher-Buska (von links) und Max Kainz, angesichts des Lobes, das sie auch seitens des BN-Landesverbands von Diplom-Biologin Ulrike Geise erhielten - Foto: Zurek

Rohrbach (zur) Mit einer „Brotzn-Party“ – für hochdeutsche Leser: ein „Festakt zu Ehren der Kröte“ – hat die Kreisgruppe des Bund Naturschutz in Pfaffenhofen am Wochenende einen imposanten Erfolg gefeiert: über 300 000 vor dem Tod auf der Straße gerettete Amphibien in 35 Jahren.

Nicht nur aus der Sicht des Kreisvorsitzenden Max Kainz ist der Amphibienschutz damit ein „Leuchtturmprojekt“ der Kreisgruppe. Bei der Veranstaltung, zu der man in den Alten Wirt nach Rohrbach eingeladen hatte, gab es allseits viel Lob für die Aktionen ehrenamtlicher Helfer, die „mit Kopf, Herz und Gummistiefeln“ alljährlich weder Nässe noch Kälte scheuen, um die wechselwarmen Tiere während der Laichwanderung vor dem Tod auf der Straße zu bewahren. Ulrike Geise vom Arbeitskreis Artenschutz des BN-Landesverbands hob zudem die bundesweit „vorbildliche Datenerhebung“ sowie eine ebenso langzeitige wie „lückenlose Dokumentation“ der Schutzaktion im Landkreis hervor. Auch Bastian Partzsch, der den aktuellen Krötenbericht vorstellte, sprach von einer „phänomenalen Leistung“. Zum Vergleich: Seit 1979 wurden im Landkreis 27 verschiedene Übergänge (bis zu 19 in einem Jahr) betreut. Genauso viele wie im kompletten österreichischen Bundesland Salzburg.

Die Verdienste des BN in der Region würdigten auch Rohrbachs stellvertretender Bürgermeister Hans Wolf sowie Josef Finkenzeller in Vertretung des Landrats. Letzterer freute sich, für den Spätherbst die neueste „Hopfakirm“ ankündigen zu können, in der heuer die Ergebnisse der von Ernst Krach erhobenen Amphibienkartierung publiziert werden.

Als „verbalen Nachtisch“ nach dem Festtagsmenü servierte Hermann Kaplan, seines Zeichens einer der Gründerväter der BN-Kreisgruppe und Mitinitiator des Schutzprojektes, einen mit zahlreichen Dias bebilderten Rückblick. Er erinnerte an schreckliche Szenarien aus den 1970er Jahren, als Abertausende überrollte Amphibien mancherorts einen regelrechten „Krötenbrei“ auf der Fahrbahn bildeten. Auch im Landkreis zählte man 1977 allein an einem Übergang in Nötting 560 tote „Brotzn“. Gemeinsam mit Fachbuchautor Wulf Riess als „Geburtshelfer“ entwickelte der BN eine Strategie zur Rettung der Tiere, die sich laut Kaplan bis heute als „biologisches Abenteuer“ erweist. Neben der Schaffung, Überwachung und Pflege von Schutzzäunen und Ersatzlaichbiotopen sind immer wieder neue Herausforderungen zu meistern. Wechselnden Wasserständen in den Laicharealen begegnet man mit dem Bau beweglicher Laichflöße, waagerechte Schutzgitter dienen der Abwehr von Fressfeinden, Röhrentunnel helfen bei der „Unterquerung“ etwa der neuen B 16 und ein mittlerweile oft kopiertes Steigleitersystem verhilft Amphibien zur Flucht aus der „Todesfalle Kläranlage“.

Machtlos steht man jedoch anderen Phänomenen gegenüber: achtlos ausgesetzten Ochsenfröschen und Goldfischen, die mit ihrer Gefräßigkeit ebenso zur Gefahr werden, wie die Zerstörung von Lebensraum. In Langenbruck etwa sei die größte Kreuzkrötenpopulation in Oberbayern einem Hirschgehege und Bauland zum Opfer gefallen, bedauert Kaplan. Zukünftig will man daher, wie Kainz wissen ließ, den Fokus der BN-Arbeit verstärkt auf seltenere Arten richten – etwa auf die Gelbbauchunke.

Bastian Partzsch nahm die Präsentation des alljährlich für die Regierung von Oberbayern angefertigten Krötenberichts (Details unter www.pfaffenhofen.bund-naturschutz.de) zum Anlass, über Vor- und Nachteile verschiedener Schutzsysteme zu informieren. Eine eindeutige Interpretation der an den noch neun bestehenden Übergängen rückläufigen Zahl von Erdkröten, Grasfrosch, Berg- und Teichmolch (von 3473 im Jahr 2013 auf 2633 Tiere in einem Jahr) ist aus Sicht des Biologen schwer. Einerseits könne dies auf eine verringerte Wanderung (also die Annahme der Ersatzbiotope) hindeuten, andererseits ein weiteres Indiz für den Artenrückgang sein.