Pfaffenhofen
Vier Haudegen und Mutter Blues

The Ramblers überzeugen auf der Intakt-Musikbühne mit filigraner und ehrlicher Handarbeit

27.01.2015 | Stand 02.12.2020, 21:43 Uhr

Blau ist nicht nur eine Farbe, Blues nicht nur Musik: Mundharmonika-Großmeister Hubert Hofherr - Foto: Köpf

Pfaffenhofen (PK) Der Blues sei mehr ein Gefühl, als ein Musikstil. Sagt man häufig. Ein Lebensgefühl. Mehr noch: Wie das Leben selbst sei er. Mal fröhlich, mal traurig, mal hart, mal weich. Wie trefflich kann doch über den Blues philosophiert werden – und wie müßig ist es gleichzeitig. Kommt selbiger doch weniger aus dem Hirn als aus dem Herzen, aus dem Bauch – naja, jedenfalls von dort her, wo der Sitz der Seele gemeinhin vermutet wird.

Und was könnte jene Seele und ihre Zustände besser zum Ausdruck bringen, ihre variierenden Gemütslagen besser transportieren, hörbar machen, als tiefschürfende Analysen? Richtig: der Blues. Insbesondere, wenn er mit derart tief in der Geschichte dieser Musik wurzelnden Leidenschaft und Authentizität zum Vortrag gebracht wird, wie im Falle der Münchener Band The Ramblers: Vier alte (im Sinne von: würdevoll an Erfahrung gereifte), über die Jahre fest zu einer Einheit zusammengewachsene Haudegen der süddeutschen Szene, ein jeder großer Meister seines musikalischen Werkzeugs – und eigentlich erst aufgrund dieser redlich erworbenen Altersringe in der Lage, den Blues nicht lediglich zu spielen, sondern regelrecht zu erzählen.

In schummriges Warmlicht mit blauen Applikationen getaucht ist die mit rund 50 Gästen angenehm locker besetzte Intakt-Musikbühne im Tiefparterre der gleichnamigen Musikschule. Farbige Scheinwerfer an der Hausfassade künden von weit her, dass hier heute, an diesem kaltwindigen Abend, wieder mal die Musik spielt; buntes Licht vermengt sich mit dem schnöden Charme des Pfaffenhofener Industriegebiets, gleich neben dem Flutgraben.

Schnittstellengenau mit der einbruchssicheren Metalltür eröffnet sich im Inneren dann jedoch ein Raum, der die anheimelnde Atmosphäre einer veritablen Blueskneipe verströmt. Noch ein Feierabendtrunk gefällig, dann zurücklehnen. Oder Mitwippen. Je nachdem wie er daherkommt, dieser Blues. Diese gutmütige aber auch mal strenge Mutter sämtlicher moderner Musikrichtungen, von Rock über Roll über Jazz oder Funk.

Mal rauchig, mal trotzig und strotzend vor Kraft der Gesang von Leadgitarrist Reinhard Soll, schwelgerisch oder elektrisierend seine Soli, harmonisch unterbaut von Mick-Jagger-Verschnitt Mario Spelthan an der Rhythmusgitarre: Der Mann „aus den Bergen Hollands“, dessen markant-verruchte Stimme und ehrwürdige Falten im Gesicht dem Gelebten seiner Performance noch zusätzliche Glaubwürdigkeit verleihen. Doch die eigentliche „Rampensau“ dieses Männerquartetts ist – ein Stammgast auf der Intakt-Bühne: der international renommiert Blues-Harpist Hubert Hofherr, der es immer wieder aufs Neue versteht, das Auditorium mit den vielfältigen Möglichkeiten seiner kleinen Mundharmonika zu begeistern, ob in horizontalen, durchdringenden Sololinien oder vertikalen, üppigen Akkordschattierungen, und so dem Ramblerssound eigentlich erst so richtig diese Ahnung Südstaatenromantik angedeihen lässt, dieses Erdige, Staubige, Hartgesottene und doch zu Herzen Gehende. Zusammengehalten wird der Laden schließlich von Noah Psunkewicz, der auf seiner hölzernen „Rhythmusschachtel“ namens Cajon sitzend bis auf Hi-Hat und Crash-Becken ein ganzes Schlagzeug ersetzt.

Ob Songs, die Elvis himself bekannt machte, funkige Versionen von J. J. Cale-Klassikern, melancholische Clapton-Nummern, mitreißender Rockin’-, ausgelassener Country- oder schmutziger Delta-Blues: Hier wird filigrane, ehrliche Handarbeit betrieben, die ungemischt aus polierten Hohlkörpern in die Ohren dringt, ins Herz, in den Bauch – kurz: in die Seele.