Pfaffenhofen
Missbrauchsvorwürfe gegen Stadtpfarrer

Kripo prüft schwere Anschuldigungen Bischöfliches Ordinariat nimmt anonymen Brief sehr ernst

27.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:45 Uhr

Foto: Hans Steininger

Pfaffenhofen (PK) Der Fronleichnamstag 2016 wird den Pfaffenhofener Katholiken lange in Erinnerung bleiben - in schlechter. Sie erlebten keine festliche Prozession, sondern erfuhren, dass Stadtpfarrer Peter W. wegen eines schlimmen Verdachts ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten ist.

Mit Generalvikar Harald Heinrich kam zum Fronleichnamsgottesdienst in der Stadtpfarrkirche die rechte Hand des Augsburger Bischofs Konrad Zdarsa nach Pfaffenhofen. Der Domkapitular hatte Nachrichten zu verkünden, die die Pfarrgemeinde St. Johannes Baptist bis in die Grundfesten erschütterten: Gegen Stadtpfarrer Peter W. habe die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch von Kindern Ermittlungen eingeleitet, sagte Heinrich. Als Konsequenz daraus habe Bischof Zdarsa den Stadtpfarrer mit sofortiger Wirkung von seinem Amt entbunden und ihm bis zur Klärung der Vorwürfe untersagt, seinen priesterlichen Dienst auszuüben. Selbstverständlich müsse auch für Pfarrer Peter W. die Unschuldsvermutung gelten, sagte der Generalvikar, aber: "Wir sind grundsätzlich der Überzeugung, dass während eines solchen Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft ein Priester nicht weiterhin sein Amt ausüben kann und darf, als ob nichts geschehen wäre."

Heinrich machte auch kein Geheimnis daraus, dass die Diözese selbst den Anstoß für diese Ermittlungen gab. Im März - im selben Monat, in dem der jetzt suspendierte Geistliche den Augsburger Bischof darum bat, die Pfarrei Pfaffenhofen wieder verlassen zu dürfen, die er erst im Februar 2015 übernommen hatte - ging im Bischöflichen Ordinariat ein anonymes Schreiben ein. Darin wurde ein sexueller Übergriff W.s auf Minderjährige geschildert. Dieses Schreiben nahm man laut Heinrich "sehr ernst" und konfrontierte auch Pfarrer W. damit. Anfang April habe schließlich die Beauftragte der Diözese für die Prüfung von Vorwürfen sexuellen Missbrauchs und körperlicher Gewalt an Minderjährigen, die Augsburger Rechtsanwältin Brigitte Ketterle-Faber, die Ingolstädter Staatsanwaltschaft informiert, um die gegen den Pfarrer erhobenen "gravierenden Vorwürfe" von den zuständigen Ermittlungsbehörden klären zu lassen.

In der Pfarrgemeinde St. Johannes Baptist herrschte nach Bekanntwerden dieser Vorwürfe blankes Entsetzen und Fassungslosigkeit. Auch am Freitag gab es nur ein Diskussionsthema in Stadt und Landkreis Pfaffenhofen: "Kann es wirklich sein, dass der Stadtpfarrer so etwas gemacht hat" Gleichzeitig zeigten sich aber so manche Bürger durchaus irritiert von der schonungslosen Offenheit, mit der der Generalvikar im Fronleichnamsgottesdienst die Dinge beim Namen nannte. Dies sei umso ungewöhnlicher, da bisher ja scheinbar lediglich ein anonymer Brief mit Vorwürfen gegen den Pfarrer vorliege, hieß es.

Peter W. selbst war für eine Stellungnahme bisher nicht erreichbar. Und Kripo und Staatsanwaltschaft halten sich in diesem hoch brisanten Fall noch sehr bedeckt. In einer gemeinsamen Presseerklärung wurde lediglich darauf verwiesen, dass gegen einen katholischen Geistlichen aus dem Landkreis Pfaffenhofen wegen des Verdachts auf eine Sexualstraftat ermittelt werde. Ob die in einem anonymen Schreiben an das Bistum erhobenen Vorwürfe zutreffend seien, "kann derzeit nicht beantwortet werden." Die Ermittlungen stünden schließlich noch am Anfang, betonte am Freitag Peter Grießer von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord. Jetzt gehe es erst einmal um Zeugenvernehmungen und weitere Ermittlungen, um bewerten zu können, ob, wenn ja, welche und wie viele Delikte vorlägen. Dass es nicht nur einen Vorwurf, sondern mehrere Verdachtsfälle zu klären gilt, wollte Grießer zumindest nicht ausschließen. Es werde ein größerer Zeitraum geprüft, sagte er, und die Ermittlungen dürften voraussichtlich einige Zeit in Anspruch nehmen.

Nach PK-Informationen sollen sich die in dem anonymen Schreiben erhobenen Vorwürfe gegen Peter W. nicht um aktuelle Vorkommnisse aus der Pfaffenhofener Amtszeit des suspendierten Stadtpfarrers drehen. Wie verlautete, geht es um W.s Umgang mit Ministranten im Zeitraum um das Jahr 2010 - also in der Manchinger Amtszeit des Geistlichen. Zudem war aus Kirchenkreisen zu hören, dass schon in den 1990er Jahren ähnlich gelagerte Vorwürfe gegen den heute 49-Jährigen kirchenintern kursierten. Sie seien damals zwar als nicht so gravierend eingestuft worden - könnten aber jetzt mit ein Anlass für die harte Vorgehensweise der Bistumsoberen gegenüber W. gewesen sein.