Pfaffenhofen
Siebenecken ist vom Tisch

Bei der Suche nach einem Standort für eine Bioabfall-Vergärungsanlage beginnt ein neues Kapitel

27.06.2013 | Stand 02.12.2020, 23:58 Uhr

Pfaffenhofen (PK) So gut wie vom Tisch ist die Errichtung einer landkreisweiten Bioabfall-Vergärungsanlage auf dem Deponiegelände bei Eberstetten. Das Thema bleibt allerdings „heiß“: Der Werkausschuss will seine Besichtigungstour fortsetzen – und zwei alternative Standorte sind im Gespräch.

Die Vergärung von Bioabfällen zu Gas ist eines der zentralen Themen auf dem Weg zur Energiewende. „Hier wird wertvolle Energie für uns gewonnen, die wir unbedingt brauchen“, sagte im Werkausschuss Abfallwirtschaft Angelika Furtmayr (Grüne/ÖDP) aus Pfaffenhofen. Sie wollte mit ihrer Wortmeldung verhindern, dass Landrat Martin Wolf (CSU) und die übrigen Räte im Ausschuss das Thema endgültig vom Tisch kehren. Eine Zeitlang sah es nämlich fast so aus, als hätte die Biogasenergiegewinnung im Landkreis überhaupt keine Zukunft mehr.

Mit Händen und Füßen wehrten sich die Bürger von Siebenecken in den vergangenen Monaten gegen den möglichen Standort einer derartigen Anlage auf dem Deponiegelände. Wie wichtig das Thema für den kleinen Ortsteil von Pfaffenhofen ist, der nur wenige hundert Meter vom Standort entfernt ist, bewies die Präsenz im Großen Sitzungssaal des Landkreises: Ein Dutzend Siebeneckener bevölkerte die Zuschauerränge – gelegentliche Zwischenrufe während der Debatte inklusive. Der Unmut der Anwohner ist verständlich: Otto Raith (CSU) aus Manching brachte ihn auf den Punkt: „Es gibt frühere Zusagen, dass auf dem Deponiegelände keine neuen Anlagen errichtet werden. Daran haben wir uns zu halten. Für mich ist das Thema durch.“ Die weiteren CSU-Räte im Saal sahen es ähnlich. Und so hatte es Landrat Wolf an sich fest vor, den Standort Siebenecken per Beschluss definitiv auszuschließen. „Ich will wieder Ruhe in den Ort einkehren lassen“, leitete er die Abstimmung ein – und ließ sich dann doch überzeugen, dass sie noch nicht nötig sei. Die beiden SPD-Räte Thilo Bals aus Manching und Martin Schmid aus Vohburg baten ebenso darum, lediglich ein eindeutiges Bekenntnis in Sachen Siebenecken abzulegen, aber noch keinen Beschluss zu fassen, wie der Geisenfelder Christian Staudter von der Aktiven Unabhängigen Liste. „Wir sollten uns alle Optionen offenhalten. Aber natürlich darf die Anlage niemanden belästigen“, sagte er.

Wenige hundert Meter entfernt vom theoretischen Standort direkt am Eingang der Deponie liegt Siebenecken – und damit auch das künftige Hotel der Familie Leopold. „Wir können an dieser Stelle kein Hotel genehmigen und dann eine stinkende Biogasanlage direkt daneben bauen“, verurteilte auch Florian Weiß (CSU) aus Pfaffenhofen diesen Standort. Und dass es stinkt – zumindest nach den bisherigen Erkenntnissen der Räte – bestätigte sogar die kommissarische Werkleiterin Elke Müller in ihren einleitenden Vortrag.

Zwei Exkursionen hatten die Abfallexperten im Vorfeld unternommen, um vergleichbare Anlagen wenigstens einmal mit eigenen Augen gesehen zu haben, ehe ein möglicher Auftrag an den Zweckverband Müllverwertungsanlage (MVA) Ingolstadt erteilt wird. Eine davon führte in die Biovergärungsanlage Passau – und der Trip war ernüchternd, sogar für „Fans“ der erneuerbaren Energien. „Ich war dabei, als einziger – und ich kann nur sagen: Das war keine Werbefahrt“, befand Josef Finkenzeller (Freie Wähler) aus Geisenfeld. Er habe sich bislang für eine derartige Anlage ausgesprochen. „Aber das war einmal“, revidierte er seine eigene Entscheidung. „Ich sehe keine Möglichkeit. Dieser Standort ist den Siebeneckern nicht zuzumuten – und ich kann mir nicht vorstellen, dass andere Standorte wirtschaftlich sinnvoll sind.“ Vor einigen Monaten hatte Finkenzeller noch für eine Bioabfall-Vergärungsanlage gestimmt, und damit zur Pattsituation (sieben zu sieben Stimmen) beigetragen. „Heute wäre ich dagegen“, fügte er an. Im Grunde ist das Projekt – sollte von der Gegenseite niemand umschwenken – damit gescheitert. Zu einer erneuten Kampfabstimmung ließ es der Landrat aber nicht kommen. Wohl auch, weil sein eigener Plan in eine andere Richtung abzielt.

Ein generelles Nein zur Vergärung scheute Wolf. Schließlich würden ihm „zwei potenzielle Standorte“ vorschweben, die offenbar nur ihm und Elke Müller bekannt sind. „Irgendwann müssen wir da Farbe bekennen, die Karten auf den Tisch legen und herausfinden, ob etwas zu realisieren ist“, sagte Martin Schmid in Wolfs Richtung. Der formulierte den Beschluss dementsprechend um: Es werde in Siebenecken keine Anlage errichtet, wenn auch nur die geringste Möglichkeit bestehen würde, dass es stinken könnte. Entweder in der Anlage selbst oder beim An- und Abfahren der Lastwagen. In der Realität lässt sich das natürlich nie komplett ausschließen – womit der Standort Siebenecken de facto „gestorben“ ist. Theoretisch bleibt er der Debatte aber erhalten, auf Wunsch der Räte, um bessere Karten bei möglichen Verhandlungen in der Hand zu haben.

Die zweite „Lehrfahrt“ führte zur Trockenfermentationsanlage im Münchner Norden. Und was beide Ausflüge klar zeigten: „Mit der geplanten Anlage bei uns haben beide überhaupt nichts gemein“, resümierte Elke Müller. So entschloss sich der Ausschuss, das Thema weiter zu verfolgen, Erkundigungen einzuholen, die beiden möglichen Standorte näher zu untersuchen – und vor allem eine aussagekräftige Besichtigung zu unternehmen. „Leider ist das nicht einfach. Aber wenn wir eine vergleichbare Anlage finden, fahren wir hin und schauen sie an“, versicherte Wolf. Unter die bisherige Diskussion wolle er einen dicken Schlussstrich ziehen. Siebenecken sei abgehakt. „Jetzt suchen wir neue Optionen – und darüber werden wir dann neu beraten.“