Pfaffenhofen
„Probleme haben ab 21 Uhr Pause“

Sophie und Johann Spies feiern an diesem Samstag ihre Diamantene Hochzeit – Am Autoscooter kennengelernt

15.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:29 Uhr
Das Schwarz-Weiß-Foto von dem Paar, das an diesem Samstag in Scheyern die Diamantene Hochzeit feiert, ist genau 60 Jahre alt. Rechts im Bild ist Sophie Spies, links eine Freundin. −Foto: Privat

Pfaffenhofen (PK) 1955, am Autoscooter auf dem Pfaffenhofener Volksfest, wo sich die beiden kennenlernten, war eigentlich schon klar, wie der weitere Weg ihrer Beziehung einmal verlaufen würde.

„Unsere Ehe“, sagt Sophie Spies, „das war ein wilder Ritt. Spannend und aufregend.“ Fast so wie eine Scooter-Fahrt. An diesem Samstag feiert die 78-Jährige mit ihrem Mann Johann, den drei Kindern und vier Enkeln in Scheyern Diamantene Hochzeit.

60 Jahre verheiratet zu sein, wie schafft man das? „Man muss früh anfangen“, sagt der 81-Jährige und lacht. 1957, als sie heirateten, war er 21; sie war schwanger, aber mit 18 noch nicht volljährig. Deshalb musste er unterschreiben, dass er die Erziehungsvollmacht übernimmt. Wie sie das damals empfunden hat? „Das war eben so.“

„Unsere Ehe, das war ein wilder Ritt.“

Sophie Spies

 

Vieles „war eben so“: Die beiden haben, sagt sie, eine traditionelle Ehe gelebt. „Ich habe geschaut, dass der Kamin raucht“, sagt Johann Spies, seine Frau hat sich um die Kinder gekümmert. Anders wäre es wohl schwierig gewesen, denn auch das Berufsleben von Johann Spies war „ein wilder Ritt“. Schon als Scheyerer Gymnasiast reparierte er Radios, aus Wehrmachtsbeständen baute er Radargeräte für Segelflieger, arbeitete dann bei einem Rundfunkhändler in München und gab dem Grundig-Konzern Tipps, wie denn deren Fernseher konstruiert werden müssten, damit sie nicht so schnell kaputt gehen. Max Grundig persönlich lud ihn dann in sein Werk ein, damit er, ohne Abi und Studium, seinen Ingenieuren auf die Sprünge helfen konnte.

Von da an war die Berufskarriere von Johann Spies nicht mehr aufzuhalten: Leiter des Eichlabors bei Messerschmitt, Gründer einer Firma in Viechtach, die weltweit den erste Leistungsverstärker für Transistoren entwickelte. Als das lief, zog sich Spies zurück – es wurde langweilig. Er übernahm den Entwicklungsaufbau bei MBB in Schrobenhausen für militärische Sensortechnik, hat dann den Airbag entwickelt, den ersten Mikroprozessor oder die Laseranlage für das Lkw-Mautsystem.

Auch jetzt noch arbeitet er jeden Tag in seinem Ingenieurbüro, das inzwischen sein Sohn führt. Aktuell wird ein System ausgetüftelt, das bei Fahrzeugen schon einige Meter vor dem Aufprall Schutzmaßnahmen auslöst. An die 150 Patente gehen auf Spies zurück, der im übrigen Stammgast im Schwimmbad ist: ein Kilometer Kraul – wenn möglich täglich.

Aufregend war die Ehe immer. Aber: „Probleme haben ab 21 Uhr Pause“, sagt Spies. Sicher eines der Rezepte für eine gelingende Beziehung. Und: „Wir haben uns Freiräume gelassen“, ergänzt seine Frau, „aber wir wussten immer voneinander.“ Sophie Spies ist in Pfaffenhofen keine Unbekannte: Ihr Vater Eduard Luckhaus, Sportler, 1936 Olympiade-Teilnehmer, hat sich als Maler einen Namen gemacht, seine Tochter ist in seine Fußstapfen getreten und hat immer wieder einmal ihre Bilder ausgestellt.

Keine Beziehung ohne Krisen. Wie bewältigt man die in 60 Jahren Ehe? Sie: „Wir haben immer einen Weg zueinander gefunden.“ Er: „Mit Ruhe und Besonnenheit.“ Sie: „Weil man diesen Menschen schätzen gelernt hat. Jeder hat doch seine Marotten.“ Er: „Wichtig ist die gegenseitige Achtung.“ Sie: „Wir sind doch alle keine hundertprozentigen Wesen. Mit Humor kann man vieles überwinden.“ Johann Spies schaut seine Frau an, fasst ihren Arm. Sie lächelt ihn an und nimmt seine Hand.