Pfaffenhofen
Mit ruhigen Händen

27.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:15 Uhr

Unter der Kuppel der Moschee arbeiten die Künstler. Sie verzieren die Wände mit Schriftzeichen aus Blattgold - Fotos: Lodermeyer

Pfaffenhofen (PK) In der Moschee an der Hohenwarter Straße arbeiten gerade vier Künstler aus Istanbul: Sie malen die Schriftzeichen und Verzierungen an die Wände des Gebetsraums.

Es sind 25 laufende Meter: Am Rand der Kuppel läuft ein Band mit einem Zitat aus dem Koran, der letzte Satz der Sure al-Baqara steht dort geschrieben. Dazu kommen noch Namen, ganz vorne stehen Mohammed und Allah, im restlichen Raum sind sechs weitere Schriftzeichen verteilt.

„Wir wollen die Motive nicht so dicht machen“, erklärt Sedat Yilbirt mit Blick auf die künstlerische Bordüre. „Die Leute sollen sich später ja auf das Gebet konzentrieren und nicht nur die Bilder anstarren.“ Der Augsburger Architekt leitet die Arbeiten an der Moschee in der Hohenwarter Straße, zuvor arbeitete er bereits als Bauleiter bei Denkmalschutzprojekten an der Blauen Moschee in Istanbul und half in Kasachstan bei einer Restauration. „Die Motive und Farben basieren auf der Kunst des 16. Jahrhunderts“, erklärt Yilbirt weiter. „Für die Kunst im Osmanischen Reich war das die beste Zeit.“ Entsprechend wollen er und seine Mitarbeiter die Pfaffenhofener Moschee nach dieser Epoche unter Sultan Süleyman I. gestalten. „Von außen postmodern, aber innen traditionell“, fasst der Architekt zusammen. Welche Schrift, welche Farbe und welche Muster die Künstler letztlich an die Wände und die Decke des Gebetsraumes malen, darüber haben sie lange diskutiert.

Seit anderthalb Wochen sind die vier Maler in Pfaffenhofen – doch schon vor ihrer Reise nach Bayern haben sie viele Tage in dieses Projekt investiert. „Wir kommen aus Istanbul“, sagt Ismail Önel, er ist der Chef des Quartetts. „Eigentlich arbeite ich nicht an Neubauten“, erklärt er. Stattdessen wird er häufig bei Restaurationen tätig. „Aber der Architekt ist ein alter Freund und auch ein ehemaliger Chef von mir.“

Für Yilbirt ein willkommener Freundschaftsdienst: Önel hat an der Trakya Universität in Edirne studiert, er ist einer von nur wenigen künstlerischen Malern, die solche Kalligraphien und Muster professionell gestalten. Noch in der Türkei haben die Künstler Vorlagen gefertigt: Auf großen, beinahe transparenten Papierbögen malten sie die Muster vor. „Das Papier wird dann mit einer Nadel gelocht“, erklärt Önel weiter. Mit dieser Schablone und einem Schwamm mit Kohlestaub tupfen die Künstler die Umrisse an die Wand. „Das Schwierigste ist das Blattgold“, erklärt der Künstler. Denn sobald die Umrisse an der Wand zu sehen sind, sind die vergoldeten Schriftzüge der nächste Arbeitsschritt – und den müssen Önel und seine Mitarbeiter dreimal erledigen. Mit einem Pinsel tragen sie Klebstoff auf die Flächen an der Wand auf, anschließend kommt das Blattgold, das nun an diesen Stellen kleben soll. Bis aber alle Flecken beklebt sind, braucht es eben drei Durchgänge.

Wenn die Schriftzüge gut getrocknet sind, kommen die farbigen Flächen an die Reihe. Die feine Umrandung der goldenen Schriftzeichen übernimmt vor allem Önel. „Das kann nicht jeder machen“, erklärt Architekt Yilbirt. „Denn man muss ja die Schriftzeichen kennen, damit man weiß, wo das Gold richtig klebt – oder wo vielleicht etwas daneben gegangen ist und man mit Farbe nachbessern muss.“ Damit sie die frische Farbe nicht verschmieren, nehmen die Künstler Holzstäbe zu Hilfe: Eine Spitze lehnt an der Wand, das andere Ende halten sie in der einen Hand – während sich die Hand mit dem Pinsel an dem Stab abstützen lässt.

Für vier Wochen sind Önel und seine Mitarbeiter in Pfaffenhofen. In der Moschee arbeiten sie beinahe Tag und Nacht, in dieser Woche werden sie vermutlich schon fertig. Die restlichen Tage wollen sie aber dennoch nutzen: „Wir haben von Pfaffenhofen oder auch München noch nicht wirklich etwas gesehen“, erzählt Önel. „Aber wenn wir jetzt schon mal hier sind, wollen wir auch etwas von der Gegend sehen.“