Pfaffenhofen
Keine Habgier trotz Armut

19.01.2011 | Stand 03.12.2020, 3:15 Uhr

Für jeden ist etwas dabei, wenn Heinz Herrmann mit Anhänger und Lieferwagen das Kinderheim in der Nähe von Hermannstadt in Rumänien besucht. Beim nächsten Mal will der Pfaffenhofener eine Brot- und eine Wurstschneidemaschine für die alte Küche mitbringen.

Pfaffenhofen (PK) Seit 14 Jahren fährt der 58-jährige Pfaffenhofener Heinz Herrmann auf dem Weg in den Urlaub nach Bulgarien durch Rumänien. Vergangenes Jahr musste er dort wegen einer Autopanne einen Zwischenstopp einlegen. Er sah das Elend der Leute – und beschloss zu helfen.

Neugierige Kinder kommen auf den Hof des Kinderheims in Turnu Rosu bei Hermannstadt im rumänischen Siebenbürgen gelaufen. Gerade ist ein schwarzer Lieferwagen mit getönten Scheiben und einem großen Anhänger vorgefahren. Beide sind vollgeladen mit Schokoladennikoläusen, Lebkuchen und anderen Süßigkeiten, Malheften, Blei- und Filzstiften sowie sonstigen Schulutensilien. Aus der Fahrertür steigt der Pfaffenhofener Heinz Herrmann aus, die Kinder scharen sich sofort um ihn. "Ich habe die Freude in den Augen der Kinder richtig sehen können, das ist ein Genuss", erzählt Herrmann nach seiner Rückkehr. "Das erlebt man nur, wenn man selbst dorthin fährt und die Sachen hinbringt."
 

Herrmann investiert viel Zeit und Geld, um ärmeren Menschen zu helfen. "Uns geht es schließlich gut. Man muss die Leute hier aber trotzdem aufwecken", sagt er. "Es ist ja richtig, dass die Menschen für Afrika oder Afghanistan spenden, aber man darf auch die armen Kinder hier um die Ecke in Europa nicht vergessen." Deshalb unterstützt Herrmann nun schon seit 13 Jahren Kinder in Ferienlagern in den bulgarischen Urlaubsorten Rafta und Neseba. "Dort betreut die Wasserwacht die Kinder aus ganz Bulgarien und weil ich selbst bei der Wasserwacht bin, habe ich Kontakte zu den Verantwortlichen geknüpft." Seitdem lädt Hermann vor jedem Urlaub seinen Lieferwagen voll und bringt den bulgarischen Kindern Schulsachen, Süßigkeiten und andere Kleinigkeiten mit.

Als er im vergangenen Jahr auf der Rückreise war, blieb sein Auto in der Nähe des siebenbürgischen Hermannstadt liegen – und Heinz Herrmann musste fünf Tage auf die Reparatur warten. Während einer Erkundungstour in der Stadt lernte er schließlich Alexandru Deaconu kennen. Dessen Schwester Daia Lacrima ist Lehrerin und brachte Herrmann auf die Idee, auch in Rumänien was für benachteiligte Kinder zu tun. "Es fehlt einfach hinten und vorne dort", erklärt Herrmann.

Trotz ihrer Armut sind die rumänischen Kinder laut Herrmann überhaupt nicht habgierig. "Als ich auf dem Hof des Kinderheims meine Geschenke verteilt habe, hat keiner geschrien: ich, ich ich." Vielmehr hätten die Kinder sofort mit angepackt und beim Ausräumen von Lieferwagen und Anhänger geholfen. "Für die war es das Größte, das jemand an sie gedacht hat", glaubt Herrmann. Bekommen hat der 58-Jährige die Geschenke größtenteils von Pfaffenhofener Unternehmen, aber auch von Privatleuten und vom Roten Kreuz.

Bei einer Einladung zum Essen im Kinderheim in Turnu Rosu fiel Herrmann dann auf, was es am dringendsten braucht. "Man muss sich das mal vorstellen", sagt er. "Die schneiden für über 150 Kinder Wurst mit stumpfen Messern und Brot mit einer Schneidemaschine aus der Zeit um 1900 auf." Deshalb will er bei seinem nächsten Besuch zu Ostern oder im Sommer unbedingt eine automatische Brotschneidemaschine und eine Metzger-Wurstschneidemaschine nach Rumänien bringen. "Und auch einen neuen Herd und einen Backofen bräuchte es", sagt Herrmann. "Das ist dann aber mein Ziel für die kommenden Jahre", verspricht er. Wer eine ausgediente Brot- oder Wurstschneidemaschine für das Kinderheim in Rumänien hat, kann sich bei Heinz Herrmann unter Telefon (01 79) 5 03 85 18 melden. "Auch Geldspenden nehme ich gerne, dann kann ich vielleicht eine gebrauchte Maschine im Internet ersteigern". Dafür, dass die Spenden auch in Turnu Rosu ankommen, sorgt Hermann persönlich. "Ich drücke alles den Leuten dort selbst in die Hand."