Pfaffenhofen
Hightech statt Romantik

Im Kampf gegen Konkurrenz setzen die Müller im Landkreis auf Spezialprodukte und eigene Marken

16.04.2012 | Stand 03.12.2020, 1:36 Uhr
Ihre Mühle läuft fast den ganzen Tag: Martin (rechts) und Hans Hofmeir von der Kunstmühle Hofmeir in Fahlenbach −Foto: Moser

Pfaffenhofen (PK) Die Mühle rattert ohrenbetäubend laut in Fahlenbach. Edelstahlwalzen, die aussehen wie zwei überdimensionale Nudelhölzer, drehen sich unaufhaltsam in ihren Mahlwerken. Sie zermahlen die Körner im Akkord. „Unsere Mühle läuft fast den ganzen Tag“, sagt Martin Hofmeir.

Müller wie Martin Hofmeir und sein Vater Hans haben zur Zeit viel zu tun. Die Deutschen und damit auch die Landkreisbürger essen immer mehr Produkte aus Mehl: im Schnitt 67,8 Kilo pro Kopf im vergangenen Jahr.

„Wir profitieren von der Mentalität der Deutschen, die immer mehr zu kleinen Snacks für Zwischendurch greifen“, sagt Martin Hofmeir. Der generelle Trend in Deutschland geht weg vom Roggen und hin zum Weizenmehl. Von den 8,4 Millionen Tonnen gemahlenem Getreide wurde etwas mehr als sieben Millionen Tonnen Weichweizen und nur 860 000 Tonnen Roggen vermahlen. Der Verbraucher entscheide sich heute viel öfter für ein Baguette, sagt Martin Hofmeir. Das selbst geschmierte Wurstbrot aus Roggenmehl gerate da oftmals ins Hintertreffen.

Immer weniger Mühlen mahlen eine wachsende Menge an Getreide. Die Zahl der Mühlen ging in den vergangenen 60 Jahren stetig zurück auf nun 261 meldepflichtige Mühlen in Deutschland – sieben weniger als im Jahr zuvor.

Noch vier Betriebe

Im Landkreis Pfaffenhofen gibt es heute noch vier Betriebe. Um gegen die starke Konkurrenz zu bestehen, setzen die Müller zum einen auf hochqualitative und spezialisierte Produkte oder zusätzlich auf eine eigene Mehlmarke. Die Scheller Mühle in Reisgang etwa auf die Marke Mehlzauber. „Wir versuchen unser Mehl stärker in den Supermärkten zu etablieren“, sagt Mühlenbesitzer Josef Scheller. Damit wolle man sich gegen die Konkurrenz aus dem Norden behaupten.

Mit Müllerromantik aus dem Märchen hat das Müllerleben heute nicht mehr viel zu tun: Keine Maus, die sich verängstigt hinter einem Mehlsack versteckt. Kein Müller mit weißer Zipfelmütze schleppt hier noch Getreidesäcke. Einen schweren Mühlstein, der sich gemächlich dreht und das Korn zermahlt, gibt es auch nicht. Mühlen sind heute moderne und hoch technisierte Unternehmen, die deutschlandweit miteinander konkurrieren.

„Wo anders ist Hauen und Stechen mit viel Hinterhältigkeit“, sagt Müller Hans Hofmeir. „Unsere Hauptkonkurrenten im Großraum Ingolstadt sitzen jedoch nicht im Landkreis.“ Je weiter das Mehl transportiert werde, desto billiger sei es oft: Mühlen aus Franken, Niederbayern oder Baden-Württemberg seien deshalb die härtesten Wettbewerber. „Im Landkreis soll aber jeder den anderen leben lassen.“

Beim Verband Deutscher Mühlen sieht man die Mühlen in einer extrem schwierigen Sandwich-Position zwischen stark schwankenden Rohstoffpreisen und den Verkaufspreisen. Josef Scheller kann das bestätigen: „Die Erträge in der Mühlenindustrie sind zur Zeit nicht befriedigend.“ Marktturbulenzen versuche man mit langfristigen Verträgen zu meistern und sichere sich über die Rohstoffbörse ab, so Scheller. „Zugleich versuchen wir unsere eigenen Produkte bei den Verbrauchern bekannter zu machen.“

Die Verbraucher greifen dabei immer häufiger zum Bioprodukt. Bio ist zwar gut. Da sind sich die Müller einig. „Bio sollte jedoch immer mit Regionalität einhergehen“, sagt Martin Hofmeir. „Wenn man einen Landwirt hat, der biologisch anbaut und man wohnt daneben, das ist das Allerbeste, was es gibt.“

„Bio ist nicht gleich Bio“

Bei den großen Mengen, die deutsche Verbraucher nachfragen, sei das aber nicht möglich. Der Biomarkt habe sich deshalb nach Osten verlagert: Viel Biogetreide werde aus Drittländern wie Kasachstan, Usbekistan oder China bezogen. „Bio ist also nicht gleich Bio“, sagt Josef Scheller. Wenn das biologisch angebaute Getreide über die halbe Welt verschifft werde, sei das nicht gut für die Umwelt. Scheller – wie auch Hofmeir – bevorzugt deshalb einen zweiten Weg: Getreide, das aus Bayern stammt. „Bei allem, was ich selbst sehe – der Boden, die wachsenden Pflanzen und das Korn, das in der Gegend bearbeitet wird –, kann ich sicher sein, dass die Qualität stimmt.“

Viele bayerische Mühlen setzen wegen der Anonymität im Einkauf bewusst auf regionales Getreide. „Wir vermarkten nur Getreide im Umkreis von 32 Kilometern mit der Zertifizierung geprüfte Qualität aus Bayern“, sagt Hans Hofmeir von der Mühle in Fahlenbach. „Da weiß ich alles über den Bauer: Kenne seine Kinder, den Bulldog oder weiß, wie viele Katzen auf seinem Hof rumlaufen.“

Wie sich die Mühlenlandschaft in Zukunft entwickeln wird, ist schwer vorherzusagen. „Das Wachstum einer Mühle hängt stark von der Innovativität und von den Produkten ab“, sagt Martin Hofmeir. In Fahlenbach hat man sich auf Roggen spezialisiert und liefert ihn sogar bis nach Japan. Mit gut 40 Prozent Marktanteil ist die Kunstmühle Hofmeir auf dem kleinen japanischen Roggenmarkt der größte Lieferant.

Um weiterhin überlebensfähig bleiben zu können, müssten sich Mühlen immer mehr spezialisieren. „Massenware kann jeder produzieren“, sagt Martin Hofmeir. „Die Spezialprodukte aber nicht.“