Pfaffenhofen
Funk, Reggae und ladinische Sprache

Fulminanter Abschluss des Kultursommers mit Ami Warning und Ganes

27.07.2015 | Stand 02.12.2020, 20:59 Uhr

Foto: Hans Steininger

Pfaffenhofen (PK) Zum Abschluss des Kultursommers gab es doppeltes Hörvergnügen: Mit Ami Warning (kleines Foto) und Ganes präsentierte die Stadt am Sonntag zwei hochkarätige Perlen, die erneut rund 1200 Zuhörer begeisterten.

Wieder einmal wurde nicht Alltägliches geboten, sondern mit der vierköpfigen Gruppe Ganes etwas Originäres, eigentlich Unvereinbares und trotzdem: ein faszinierendes Klangerlebnis der besonderen Art. Denn bei Ganes treffen Tradition und High-Tech aufeinander, verschmelzen miteinander und schaffen völlig neue Klangdimensionen – reizvoll, überraschend und berührend.

Im Mittelpunkt stehen die drei Südtirolerinnen Elisabeth und Marlene Schuen sowie deren Cousine Maria Moling. Alle drei sind studierte Musikerinnen, sowohl im Opern- oder Jazzgesang als auch an der Violine. Da ist es nicht verwunderlich, dass der Satzgesang der drei Frauen zeitweise an Opernarien erinnert, die präzise intoniert werden – professionell unterstützt vom Reichertshofener Nick Flade an den Keyboards, der seine Wurzeln in Pfaffenhofens Städtischer Musikschule hat.

Die Vier bedienen sich auf der Bühne moderner Studiotechnik wie Drum-Machine, Synthesizer und reichlich Percussion-, Echo- und Halleffekten, die zusammen mit den Texten in ladinischer Sprache eine eigentümliche, aber reizvolle Mischung ergeben, bei der die Geigen im Duett förmlich zu schmelzen scheinen und harte Drum-Beats verdeutlichen, dass es sich um Popmusik handelt.

Popmusik aber, die auf den Mythen der Ganes beruht. Denn Ganes sind Feen oder Wassernixen aus der Südtiroler Sagenwelt, die auch als schöne, junge Frauen in Erscheinung treten. So agieren die drei Feen vor ihrem Publikum mit hör- und sichtbarer Freude am Musizieren und an ihrer ladinischen Sprache, die nur noch von einer verschwindend kleinen Minderheit gesprochen und verstanden wird. Und schon gar nicht vom Pfaffenhofener Publikum, das anfangs mit freundlichem Interesse, dann aber mit wachsender Begeisterung den fremden Klängen lauscht und zunehmend erkennt, welch professionelles Können da auf der Bühne wirkt.

Gut, dass Marlene Schuen die Inhalte einzelner Titel vorher erklärt, so dass man sich in die Musik einfühlen kann – ob mit geschlossenen Augen oder mit gespannter Aufmerksamkeit. So führen die Songs durch das Repertoire ihrer vierten CD „Caprize“, mal funky oder als Reggae, mal wie Filmmusik, wie eine Opernarie oder mit Echo, als stünden sie mittendrin in den Dolomiten.

Dann darf auch das Publikum mitsingen, in ladinischer Sprache, versteht sich, bis das Quartett am Ende mit „Bang Bang“ einen guten, alten Rock’n’ Roll anstimmt, den man von den Interpreten so gar nicht erwartet hätte. Weniger zumindest als die Zugabe des Feen-Trios am Schluss, als es a cappella einen gefühlvollen Jodler anstimmt, den die Zuhörer mit großem Applaus quittieren.

Begeisterung erntete vor Ganes, den Hauptakteuren des Abends, schon „Soulsister“ Ami Warning. Die noch nicht einmal 20-jährige Songschreiberin und Sängerin sorgt derzeit für Furore. Und zwar mit einer atmosphärischen Stimme, die vom ersten Ton an fasziniert: rauchig, gefühlvoll, ausdrucksstark. Begleitet wird sie von ihrem Vater „Wally“ Warning, der sich auf vielen Festivals und mit rund 15 Alben ein markantes Profil als Reggaemusiker erworben hat. So ergänzt sich das Duo gegenseitig bestens, im Sologesang, im Duett und auch an den Instrumenten.

Ami beherrscht die Gitarre ebenso wie den E-Bass, auf der Bühne findet ein lebhafter, wechselseitiger Instrumententausch statt, nur die Djembé bleibt Wally vorbehalten. Der singt mittendrin einzelne Strophen in „Papiamento“, einer kreolischen Sprache aus der Karibik, woher Wally stammt.

Ami dagegen bleibt bei Englisch mit Titeln wie „Be myself“ oder „She is gone“, mit denen sie ihre Gefühle artikuliert, inhaltlich wie stimmlich. Eine große Karriere wird ihr vorhergesagt, und wer sie gehört hat, hat daran keine Zweifel. Sonderapplaus der Zuhörer beim Klassiker „Ain’t no sunshine“ von Bill Withers, den das Duo hervorragend interpretiert. Zwar war Ami Warning auf den Veranstaltungsplakaten unter dem Hauptakt Ganes kleiner gedruckt, auf der Bühne aber rangiert sie auf gleichem Niveau, nur eben in einem anderen Genre.

Fazit: Ein gelungener Abschluss der drei Open-Air-Konzerte auf dem Hauptplatz, bei denen auch das Wetter mitspielte, bis der letzte Ton verklang. Pfaffenhofen lerne, „die Kultur zu genießen“, freute sich Kulturreferent Steffen Kopetzky in seiner Ansprache (siehe auch Seite 19). So offen wie die Bühnen für Spielarten der Kultur, solle auch die Gesellschaft sein, bemerkte Kopetzky unter Beifall des Publikums zum Flüchtlingsproblem.