Pfaffenhofen
Es klappert die Mühle

Vom Lied zur Posse: Rund ums Wasserrad im Bürgerpark dreht sich eine interessante Geschichte

13.12.2015 | Stand 02.12.2020, 20:26 Uhr

Nur zum Vergleich: Etwa so groß wie das Wasserrad der Zimmerei Nischwitz in Niederscheyern wird das Rad im Bürgerpark - Foto: Ermert

Pfaffenhofen (PK) Es klappert die Mühle am rauschenden Bach, klipp, klapp! Jedes Kind kennt dieses Lied – und weiß, dass Wasserräder zwar romantisch sind, aber auch laut. Stoff für interessante Geschichten bietet so ein Rad allemal. Zumindest, wenn es bald im Pfaffenhofener Bürgerpark stehen soll.

Läuft alles glatt, wird das „eine tolle Sache“, wie Stadtbaumeister Gerald Baumann findet. Voraussichtlich im Februar, so teilt Stadtjurist Florian Erdle auf Nachfrage mit, beginnen die Pfaffenhofener Stadtwerke damit, für etwa 170 000 Euro an der Arlmühle, die mitten im künftigen Bürgerpark steht, die stromerzeugenden Turbinen durch ein weitaus hübscheres und vor dem Hintergrund der Landesgartenschau auch wesentlich anschaulicheres Wasserrad zu ersetzen. Es soll sechs Meter hoch werden, die Schaufeln etwa 1,60 Meter breit. Strom soll es, direkt neben dem Generatorenhaus platziert, dennoch erzeugen. Ähnlich viel, wie momentan noch die unsichtbaren Turbinen.

Vor zwei Jahren ist Markus Käser (SPD) der Einfall gekommen, dass so ein Wasserrad an dieser exponierten Stelle doch ausgesprochen hübsch aussehen würde. Sämtliche Stadträte stimmten ihm zu. Der Beschluss, das Vorhaben voranzutreiben, wurde bei nur einer Gegenstimme getroffen: Bürgermeister Thomas Herker (SPD) sah es anders. Er hätte Turbinen bevorzugt – und votierte daher für den sicheren Stromertrag, gegen das Rad.

Danach floss erst einmal viel Wasser die Ilm hinab, bis im vergangenen Juni der Bauausschuss die mit der Arlmühle-Sanierung betrauten Stadtwerke instruierte, neben der Sanierung der Turbine auch die Stromerzeugung durch ein Wasserrad als „für die Bevölkerung noch anschaulichere Technik“, so Erdle, prüfen zu lassen.

Mit den Ergebnissen daraus befassten sich die Räte dann im nicht öffentlichen Teil der September-Sitzung. Die Vorlage der Verwaltung wies einen leichten Kostenvorteil für die Turbine aus. „Der Reinerlös unter Berücksichtigung des Verhältnisses Stromerzeugung zu Unterhaltskosten wäre etwas höher gewesen“, erläutert der Stadtjurist. Die Kosten für die Turbinensanierung wären bei etwa 190 000 Euro gelegen. Der Bau des Wasserrades kostet 20 000 Euro weniger. Allerdings liegen die Folgekosten eines Wasserrades laut Experten höher als bei einer Turbine. „Die Räte haben zugunsten des für die Bevölkerung anschaulicheren Wasserrads votiert“, berichtet Erdle weiter. Es entspreche dem Gartenschau-Motto schlichtweg mehr.

So zumindest die Kurzfassung aus Sicht der Verwaltung. Wirklich interessant wird die Wasserrad-Geschichte aber erst, wird sie mit den ausschmückenden Details garniert. Verwaltung und Kommunalunternehmen haben ebenfalls zu dieser Sitzung anhand der Größe des Rades und der Wasserverdrängung fiktive Lärmwerte errechnet – und diese den Räten dargelegt. Hinzu kamen die Erkenntnisse einer Stadtratsexkursion zu einem etwas größeren Wasserrad in Bamberg – wo den Räten offenbar auffiel, dass so eine Mühle nicht nur im Kinderlied, sondern auch ganz in echt ziemlich laut klappert.

Da eine der geplanten Wohnanlagen im Bürgerpark nur 65 Meter vom Wasserrad entfernt stehen wird, könnte der eine oder andere Bewohner auf die Idee kommen, auf die Einhaltung der Lärmschutzwerte zu pochen. So zumindest die Befürchtung der Fachleute. Und auch wenn es Stadtjurist Erdle selbst auf konkrete Nachfrage mit einem Lachen verneinte und mit dem Kommentar untermauerte, dass „niemand in der Verwaltung auf so eine widersinnige Idee kommen könnte, eine Lärmschutzwand mitten im neuen Bürgerpark zu fordern“, scheint genau dies der Fall gewesen zu sein.

Wie gut unterrichtete Kreise bestätigen, wurde den Räten als Lösungsmöglichkeit eine mannshohe Schallschutzwand aus Beton mitten in der künftigen grünen Lunge der Stadt präsentiert. Das hübsche Wasserrad wäre damit kaum noch zu sehen gewesen – und der erwünschte Showeffekt nicht nur verpufft, sondern ad absurdum geführt worden. Ganz nebenbei hätte die graue Wand im grünen Park die Kosten für das Projekt auch noch gewaltig in die Höhe getrieben. Etwa 300 000 Euro hätte alles zusammen gekostet.

Spätestens jetzt hörte sich bei den Räten der Spaß auf. Sie votierten geschlossen gegen diesen Vorschlag, stellten sich aber trotzdem weiter hinter das Wasserrad – und hoffen nun offenbar ganz im Sinne von Stadtbaumeister Baumann, dass „Lärm nicht gleich Lärm“ sei – und „das Plätschern von Wasser vom Menschen doch als beruhigend und angenehm wahrgenommen“ werde.

Eine Lärmschutzwand im Bürgerpark wird es also definitiv nicht geben. Doch um den schlimmsten aller Fälle, also den Bau und – nach einer möglichen Anliegerklage gegen die erhöhten Lärmwerte – den sofortigen Wiederabriss des Wasserrades zu vermeiden, wurde eine Zwischenlösung beschlossen. „Wir bohren in die Konstruktion des Wasserrades kleine Löcher, an denen ein Plexiglasdach verschraubt werden kann“, erklärt sie Florian Erdle. Allerdings nur für den Fall der Fälle, dass die Mühle im Betrieb tatsächlich lauter klappert, als nach den Richtlinien erlaubt ist.

Da so ein Wasserrad im Bürgerpark aber doch „wirklich etwas sehr Schönes ist“, wie Stadtbaumeister Baumann betont, hat er sich zur Ausgestaltung des Projektes schon etwas überlegt. Jene Architekten, die auch die sechs Bürgerpark-Wohnanlagen entworfen haben, basteln gerade an einem Entwurf für das Generatorenhaus. „Dann wirkt alles wie aus einer Hand. Und für die Gartenschaubesucher und alle Pfaffenhofener wird das eine tolle Sache“, meint er. Die Zusatzkosten für das Wasserrad-Dacherl sollten sich außerdem im Rahmen halten. Baumann rechnet insgesamt mit Mehrkosten, die „höchstens gerade mal fünfstellig werden“. Ganz schön viel hin und her – und das alles nur für ein wenig klipp, klapp.