Pfaffenhofen
"Ein gutes Ende"

Wilhelm Weich ist seit 35 Jahren Leiter der Kommunalaufsicht – und geht jetzt in den Ruhestand

27.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:52 Uhr

Die Postkarten-Sammlung ist der ganze Stolz von Wilhelm Weich. Im Ruhestand will sie der scheidende Leiter der Kommunalaufsicht überarbeiten und neu kategorisieren - Foto: Ermert

Pfaffenhofen / Rohrbach (PK) Der wichtigste Mann an der Schnittstelle zwischen dem Landratsamt und den Rathäusern steht kurz vor dem Ruhestand: Wilhelm Weich, der Leiter der Kommunalaufsicht, geht nach 45 Dienstjahren am Montag zum letzten Mal in sein Büro am Hofberg.

„Es reicht einfach. Die letzten Jahre waren stressig – und ich will noch was erleben. Es ist ein gutes Ende jetzt“, sagt der 64-jährige Rohrbacher in seiner finalen Dienstwoche. Die Schränke im Büro sind fast schon leer. Nur noch wenige Handgriffe, dann geht seine Dienstzeit zu Ende. „Irgendwie läuft mir jetzt doch die Zeit davon“, meint er lachend. Das viele Abschiednehmen. Die Hände der Kollegen noch einmal schütteln. Danke sagen. Und Glück wünschen. „Das ist alles wichtig, um gut in die Rente zu kommen“, sagt Weich scherzhaft. Vom Landrat will er sich erst am letzten Arbeitstag, also kommenden Montag, verabschieden. Und für seine wichtigsten Kollegen, die 19 Bürgermeister aus dem ganzen Landkreis, wird er sich bei der nächsten Dienstbesprechung noch einmal separat Zeit nehmen. „Darauf freue ich mich sehr“, sagt der Rohrbacher. Und danach ist dann ein für alle Mal Schluss mit dienstlichen Gesprächen.

Als kleiner Bub ist Wilhelm Weich mit seiner Familie aus Lohwinden nach Rohrbach gezogen. Dort lebt der zweifache Vater mit seiner Frau noch heute. „Meine neue Chefin, das wird was werden“, fügt er mit einem Augenzwinkern an. Fast genauso eng wie mit seiner Frau war er über Jahrzehnte hinweg mit dem Pfaffenhofener Landratsamt verbandelt. Hier hat der junge Willi nach der Mittleren Reife seine mit einem FH-Studium gekoppelte Ausbildung zum Verwaltungsinspektor absolviert. Nach einem fünfjährigen Intermezzo in Dachau, wo er sich in verschiedenen Fachbereichen beweisen musste, kehrte er nach Pfaffenhofen zurück – und trat hier nach kurzer Einarbeitungszeit die Nachfolge von Eduard Kettner als Leiter der Kommunalaufsicht an. Insgesamt 35 Jahre lang hat Wilhelm Weich diesen Posten bekleidet – seit 15 Jahren im kleinen Nebenbüro der Behörde am Hofberg.

„Die Kommunalaufsicht ist etwas Besonderes“, sagt Weich heute im Rückblick. Es handle sich um die einzige Stelle am Landratsamt, die mit einem gesetzlich festgelegten Auftrag versehen sei. „Meine oberste Richtschnur ist das Gesetz“, meint Weich. Und darin sei genau festgelegt, dass die Kommunalaufsicht die Gemeinden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben verständnisvoll beraten, fördern und schützen müsse, um die Entschlusskraft und die Selbstverantwortung der Gemeindeorgane (Bürgermeister, Gemeinderat) zu stärken. „Schützen – damit ist auch vor sich selbst schützen gemeint“, fügt der 64-Jährige an. Vor rechtswidrigen Bescheiden, möglichen Bürgerklagen und Unheil aller Art.

Ganz einfach hatte es Weich dabei nicht immer. Das Verhältnis zu den Gemeinden sei gerade anfangs sehr angespannt gewesen. „Das Wort Aufsicht hing wie ein Damoklesschwert über uns“, erinnert er sich zurück. „Die Bürgermeister wollten sich nicht in ihren Aufgabenbereich reinregieren lassen. Aber das wurde schnell bereinigt. Das Verhältnis zu allen Gemeinden ist längst freundschaftlich und vertrauensvoll.“

Dabei hatte jedes Jahrzehnt seine Aufreger. Ende der 70er Jahre war es die Gebietsreform mit ihren Zwangszuteilungen. „Da haben sich einige erst einmal zusammenraufen müssen. Und bei der Verwaltungsgemeinschaft Oberes Ilmtal ging das so weit, dass wir sie wieder aufsplitten mussten.“ Im Laufe der 80er Jahre habe sich hier alles beruhigt. Und dann folgte der Aspekt der zentralen Wasserversorgung. „Die war vor allem rund um Gerolsbach kein Zuckerschlecken“, so Weich. Überhaupt sind es die kommunale Selbstversorgung und der Ausbau der Infrastruktur, mit der sich die Kommunalaufsicht vorrangig herumschlagen muss. Rathäuser, Schulgebäude, Kläranlagen, Wasserversorgung – und die Beratung bei der Aufstellung von Bebauungsplänen: „Das sind unsere wichtigsten Aufgabenfelder.“

Die Höhepunkte kommen alle paar Jahre turnusgemäß: „Das sind natürlich die Wahlen, allen voran die Kommunalwahl.“ Sie seien Stress- und Spaßfaktor zugleich. „Wir sind verantwortlich, dass alles glatt läuft und die Vorschriften eingehalten werden. Und es gibt keinen Fehler, den ich auf einer Wahlunterlage nicht schon gesehen habe.“ Wer denkt, dass die Kommentare auf ungültigen Wahlzetteln witzig seien, soll sich mal mit Wilhelm Weich darüber unterhalten. Bei dem Thema rollt er nur mit den Augen. „Lustig ist da gar nichts. Die sind einfach nur dumm.“

Fünf Chefs hat Weich am Landratsamt erlebt: Traugott Scherg, Rudi Engelhard, Josef Schäch, Anton Westner und Martin Wolf. „Jeder war anders, jeder hatte seine Eigenheiten – aber mit allen war die Zusammenarbeit prima“, sagt er und verzichtet auf weitere Wertungen. Viel Freude hat ihm zum Ende seiner beruflichen Laufbahn das Steuern der Energiewende bereitet. „Die Satzung für den Planungsverband Windkraft habe ich auf meiner Terrasse ausgearbeitet. Das ist jetzt erfolgreich abgeschlossen. Ein guter Zeitpunkt, um in den Ruhestand zu gehen“, fügt er an.

Die nächste Herausforderung sei nun das Leader-Projekt, mit dem sich aber sein Nachfolger Heinz Taglieber befassen soll. „Die Zeiten haben sich geändert. Es gibt neue Herausforderungen und neue Wege, diese zu lösen. Es ist ein Wechsel zur rechten Zeit.“ Die Pläne für den Ruhestand reifen in dem Rohrbacher nur langsam. Vor allem möchte der passionierte Sammler uralter Postkarten aus dem gesamten Landkreis – seine ältesten Stücke stammen etwa aus dem Jahr 1880 – seine Sammlung neu ordnen, ausbauen, kategorisieren und ausstellen. Ein großer Weltenbummler war der 64-Jährige noch nie. Aber die eine oder andere Städtereise, etwa in der Maingegend oder nach Heidelberg, hätte es ihm durchaus angetan. Und einen Wunsch würde er sich außerdem gerne erfüllen. „Vier Wochen mit dem Boot an der kroatischen Küste entlangfahren – das wäre ein echter Traum“, sagt er. Zeit genug wäre jetzt, um sich diesen zu erfüllen. „Vielleicht wird es ja was damit.“