Pfaffenhofen
''Wir stehen alle da wie die Deppen''

Kontroverse Aussagen von Landrat Wolf zur Ilmtalklinik sorgen für viel Wirbel - Einige Aufsichtsräte setzen sich zur Wehr

16.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:57 Uhr
Die Ilmtalklinik in Pfaffenhofen. −Foto: Patrick Ermert

Pfaffenhofen (PK) Für Wirbel hat Landrat Martin Wolf (CSU) mit seinen Aussagen zur Generalsanierung der Ilmtalklinik gesorgt. Unter Aufsichtsräten und Kreispolitikern laufen seither die Telefone heiß.

Als Erste hatten sich Wolfgang Moll (FDP) und Stefan Skoruppa (ÖDP) mit harschen Worten und Schuldzuweisungen in Richtung des Ex-Geschäftsführers Marcel John und Landrat Wolf aus der Deckung gewagt. Sie unterstellen beiden, die Aufsichtsräte getäuscht zu haben.

Ins selbe Horn stößt auch Werner Hammerschmid (SPD). Er sei immer loyal gewesen und habe vertrauliche Infos nicht mal seinen Parteikollegen erzählt, sagt der Wolnzacher Rettungssanitäter. "Aber jetzt stehen wir eh schon alle da wie die Deppen. Da kann man auch was dazu sagen." Hammerschmid schließt sich Moll und Skoruppa an. "Das trifft genau den Punkt", sagt er. "Uns ist nichts gesagt worden. Es war nirgends zu ersehen, dass bei der Generalsanierung einzelne Gebäudeteile ausgespart sind." Wäre dies mitgeteilt worden, hätte er in jedem Fall eingegriffen. "Weil auch die Ein- und Ausfahrt für den Rettungsdienst ausgespart ist - und die nie und nimmer so bleiben kann." Darum führe kein Weg daran vorbei, die Vorgänge komplett aufzuarbeiten. Die Aussagen von Martin Wolf bezeichnet Hammerschmid ansonsten als "nicht wirklich schlimm". Er sei Politiker, da müsse man einiges aushalten und so etwas gehöre dazu. Aber der Umstand, dass über Jahre zu allen Vorgängen striktes Stillschweigen vereinbart und gehalten worden sei, nun Landrat Wolf aber plötzlich an die Öffentlichkeit gegangen sei, habe ihn überrascht. "So etwas hätte man vorher bereden sollen."

Wolfs Sinneswandel könnte übrigens auf Präsentationsfolien beruhen, die bei internen Besprechungen zwischen Geschäftsführung, Planern und Projektmanagern zum Einsatz gekommen waren. So wird jedenfalls gemunkelt. Ob diese Folien im Aufsichtsrat überhaupt gezeigt wurden, ist unklar. Womöglich stand auch nicht auf einer einzelnen Folie, dass die Gebäudeteile bei der Sanierung ausgespart werden. Sondern, so wird vermutet, man musste sich diese Information durch Querverweise zwischen verschiedenen Folien erst erarbeiten. Ob die Räte also überhaupt an diese wichtigen Informationen kommen konnten, ist unklar. Selbst Landrat Wolf hatte eingeräumt, dass man John durchaus den Vorwurf machen könnte, im Aufsichtsrat nicht explizit darauf hingewiesen zu haben.

Und so will auch Reinhard Heinrich (CSU) den unterschwelligen Vorwurf, etwas gewusst haben zu können, nicht auf sich sitzen lassen. "Da muss Klarheit rein. Dafür ist die neutrale Expertise, die erstellt wird, Gold wert", sagt er. Heinrich stellt zudem klar, dass in allen Sitzungen, bei denen er anwesend war, "nichts so vorgetragen oder zu erkennen war, dass man daraus schlussfolgern hätte können, dass nicht das ganze Krankenhaus saniert wird." In den Sitzungsunterlagen stehe jedenfalls nichts dazu. "Wir Aufsichtsräte haben das nicht wissen können."

Keinen Kommentar gaben gestern auf Nachfrage die Aufsichtsräte Anton Wiedemann, Erich Deml junior (CSU) und Alfons Gigl (FW) ab. Ex-Klinik-Geschäftsführer Marcel John war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Und so hatte auch Max Hechinger (FW) vor, nichts zu sagen. Er tat es aber doch, zumindest in Teilen. "Es ist nicht die Zeit für Rederei", meinte er. Es gehe darum, den Kelheimer Kreistag am Montag abzuwarten, der über die Sanierung des Mainburger Hauses beraten wird. "Das wird interessant", sagt Hechinger. "Ebenso wie die Neuausrichtung des medizinischen Konzepts der Ilmtalklinik", fügt er an. Beide Schwerpunkte müssten gut vorbereitet erst im Aufsichtsrat am 21. Februar und dann in der folgenden Kreistagssitzung behandelt werden. "Wir müssen das sauber abarbeiten. Für alles andere ist das Krankenhaus zu wichtig - und wir sind endlich auf einem guten Weg."
 

Anton Westners Blick zurück

Pfaffenhofen (pat) Sitz und Stimme hat Anton Westner (CSU) im Aufsichtsrat der Ilmtalklinik eigentlich nicht. Trotzdem leitete der Stellvertretende Landrat während Wolfs Absenz (von April bis Dezember) sogar die Sitzungen. "Um in der Materie ein wenig drin zu sein, bin ich auch sonst bei den meisten Sitzungen als Besucher geladen", sagt er.

Ausgerechnet während seiner Vertretungszeit ist Ende Juni die Bombe geplatzt, als ihm die Geschäftsführer Christian Degen und Ingo Goldammer mitteilten, dass bei der Generalsanierung die Küche, die Physikalische Therapie und die Freien Praxen ausgeklammert sind. "Ich konnte das kaum glauben, weil ich immer von einer Sanierung des kompletten Krankenhauses ausgegangen bin", sagt Westner. Er erklärt diese Ansicht unter anderem mit den genannten Kosten: 50 Millionen Euro für die geförderten Bereiche, 20 Millionen Euro für die nicht geförderten Gebäudeteile. Westner: "Für was hätten diese 20 Millionen sein sollen, wenn nicht für eben diese drei Teilbereiche?"

Als die für ihn neuen Fakten ans Licht kamen, verständigte Westner den Aufsichtsrat und die Kreistagsfraktionen. Laut Rücksprache mit den Architekten hätten sich die Kosten auf bis zu 150 Millionen Euro verteuert - und der Sanierungszeitraum auf 15 Jahre verlängert. Die Rücksprache mit dem Ärztlichen Direktor der Klinik habe ergeben, dass sich daraus "Probleme beim Betrieb der Klinik" ergeben hätten. Daher wurde der Beschluss gefasst, die Sanierung zu stoppen. "Um Schaden von der Klinik abzuwenden."

Ein möglicher Neubau der Funktionsräume, der seither diskutiert wird, habe den Nebeneffekt, dass der Klinikbetrieb nicht beeinträchtigt werde und "die Achse der Zimmer" nicht verändert werden müsse. "Dadurch kann die Fassade erhalten werden", so Anton Westner, was erhebliche Kosten spare. Bis auf die zeitliche Verzögerung sei kein Schaden entstanden. "Die Planung kann man immer noch so verwenden oder modifizieren."

Die plötzliche Kehrtwende von Landrat Martin Wolf will Westner dagegen nicht kommentieren. "Ich habe ihn damals auf Reha angerufen, ihn gefragt - und er hat zu mir gesagt, er weiß davon nichts", erinnert sich der stellvertretende Landrat.